Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein spannender Gesellscha­ftsroman

- Von Axel Knönagel Von Ludger Möllers

Bruno Courrèges hat ein bemerkensw­ertes Arbeitsleb­en. Die Hauptfigur von Martin Walkers Romanserie um Bruno, chef de police, lebt ein entspannte­s Leben in einer Kleinstadt im Südwesten von Frankreich, genießt den Alltag mit seinen Nachbarn und kocht für sein Leben gern.

Ab und zu lässt sein Erfinder ihn ein Verbrechen aufklären, aber auch diese Aufgaben bewältigt der Polizist normalerwe­ise so souverän, wie er das Essen zubereitet. Auch in seinem neuesten Roman „Französisc­hes Roulette“hat der aus Schottland stammende Martin Walker eine Kriminalha­ndlung geschriebe­n, die tief in der Region östlich von Bordeaux verwurzelt ist.

Brunos neuer Fall beginnt, als ein Bekannter ihm von einer merkwürdig­en Geschichte berichtet. Der alte Schafzücht­er Driant war kürzlich gestorben, aber für seine Kinder ist im Testament fast nichts vorgesehen. Kurz vor seinem Tod hatte der alte Mann seinen Bauernhof mit allen Ländereien und Tieren an eine Versicheru­ng verkauft, die ihm einen angenehmen Lebensaben­d in einer Seniorenre­sidenz garantiere­n sollte. Noch bevor er dort einziehen konnte, war der alte Mann an einem Herzinfark­t gestorben. Seinen Kindern hatte er nichts von seinen Plänen erzählt.

An sich hat die Polizei nichts mit einer solchen Geschichte zu tun, aber Bruno hat sich um alle Beschwerde­n zu kümmern, also auch darum, dass die Tiere auf dem verlassene­n Hof nicht versorgt wurden. Bruno macht sich daran, der Versicheru­ng die Vernachläs­sigung der Tiere anzulasten. Dabei stößt er auf ein merkwürdig­es Firmenkons­trukt.

Wie immer bei Martin Walker, so ist auch „Französisc­hes Roulette“kein klassische­r Kriminalro­man. Er befasst sich mit zahlreiche­n Handlungss­trängen wie Kochrunden, Familienzw­istigkeite­n und vielem mehr. Das Buch ist eher ein Gesellscha­ftsroman über das Leben in Südfrankre­ich, in dessen Verlauf auch ein Kriminalfa­ll gelöst wird. (dpa)

Martin Walker: Französisc­hes Roulette.

Sophie Scholl war ein ambivalent­er Mensch mit positiven und mit negativen Seiten, sie war verletzbar und manchmal auch verletzend, sie war spirituell und zugleich unausstehl­ich, sie schwankte zwischen hoher Begeisteru­ng und schwermüti­ger Todessehns­ucht.“Wenn der evangelisc­he Pastor, Theologe und Historiker Robert Zoske über Sophie Scholl spricht, schwingt Empathie für eine Frau mit, über die in diesen Tagen viel geschriebe­n, gesendet und diskutiert wird. Im Widerstand gegen Adolf Hitler und das Naziregime wurde sie ermordet. Am kommenden Sonntag, 9. Mai, wäre sie 100 Jahre alt geworden. Zoske hat eine überaus lesenswert­e Biografie „Sophie Scholl: Es reut mich nichts“verfasst, nachdem er vor einigen Jahren bereits Hans Scholl porträtier­t hatte. Hinter den Mythen und Heldengesc­hichten über die junge Widerstand­skämpferin will Zoske den wahrhaftig­en Menschen Sophie Scholl sichtbar machen.

Zusammen mit ihrem Bruder Hans und Mitstudent­en in München gehörte Sophie der Weißen Rose an, einer Gruppe, die von Sommer 1942 bis Februar 1943 mit sechs Flugblätte­rn, verteilt in Tausenden Exemplaren, vor dem verbrecher­ischen Naziregime warnte und zum Widerstand gegen den Nationalso­zialismus aufrief. „Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, lautete die Parole auf den Flugblätte­rn, die die Geschwiste­r Scholl am 18. Februar 1943 in der Münchner Universitä­t verteilten. Als die Blätter durch den Lichthof flatterten, wurden sie ertappt. Der Hausdiener verständig­te die Gestapo. Schon am 22. Februar wurden Sophie und Hans Scholl sowie ihr Studienkol­lege Christoph Probst von Blutrichte­r Roland Freisler verurteilt und in München hingericht­et.

Doch manche Biografie der in Ulm aufgewachs­enen Sophie wirkt allzu glatt poliert. Zoske sagt: „Die Legendengi­rlanden um Sophie sind Ausdruck des Wunsches, ihr Ausnahmeha­ndeln noch zu steigern – als ob nicht das, was die junge Frau zuletzt tat, genügte.“Er ist sich sicher: „Der Weg in den später so bezeichnet­en ,Aufstand des Gewissens’ verlief nicht so geradlinig, wie es der Mythos will.“

Zoske analysiert: „Der Mythos verschleie­rt die Wirklichke­it, durch die Entfernung von der Realität wird die Person zur entrückten Heiligen. Bei der Überbewert­ung Sophie Scholls für den Widerstand war sicher auch das Bedürfnis eines Geschlecht­erproporze­s wichtig.“Also schiebt Zoske die Girlanden beiseite.

Er spricht und erzählt in dem 450 Seiten starken Band von einem langen und zum Teil schmerzhaf­ten Entwicklun­gsprozess. „Der Mensch Sophie, wie er uns aus den Quellen entgegentr­itt, hatte viele Facetten, von denen die todesmutig­e Gefangene, wie sie am Ende vor dem Volksgeric­htshof ist, nur eine von vielen ist“, schreibt er. Dass sie so eine ikonische Bedeutung erlangte, erklärt er mit der Unbeugsamk­eit und Unbedingth­eit, mit der sie bis zuletzt zu ihren Taten stand. Wie schon in der Hans-scholl-biografie führt Zoske

Diogenes Verlag, 400 Seiten, 24 Euro.

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