Mann räumt 42-fachen Drogenhandel weitgehend ein
Warum der Angeklagte vor dem Wangener Amtsgericht mit einer Bewährungsstrafe davonkommt
- Der Hauptumschlagplatz für den Verkauf von Amphetamin und Marihuana war seine Wohnung. Weil er in größerem Umfang Handel mit Betäubungsmittel betrieben haben soll, stand ein Mann aus dem Raum Wangen jetzt vor dem Wangener Schöffengericht. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, von Dezember 2015 bis November 2016 in 42 Fällen Drogenhandel betrieben zu haben.
„Mein Mandant räumt die Tatvorwürfe im Wesentlichen ein. Zwar könne er sich nicht mehr an die einzelnen Tatvorwürfe erinnern, aber „so wie es in der Anklageschrift beschrieben ist, wird es schon gewesen sein“, ließ der Verteidiger zum Auftakt der Verhandlung wissen. Der Beweggrund für seine Taten, so erklärte der Angeklagte, sei seine damalige schwere Alkoholsucht gewesen. Zwar habe er seinerzeit auch Drogen genommen, aber diese waren lediglich „Beikonsum“. Der Lebensmittelpunkt des Beschuldigten sei der Alkohol gewesen.
An die vom Richter namentlich genannten Abnehmer der Drogen konnte sich der Angeklagte noch weitestgehend erinnern. Lediglich einen Anklagepunkt streitet der Mann ab. Darin wurde ihm der Kauf von einem Kilogramm Marihuana zur Last gelegt. „Für so eine Menge hätte ich gar nie die finanziellen Mittel gehabt“, erklärte er zu seiner Verteidigung.
Durch zahlreiche Chatverläufe konnten dem Beschuldigten die Verkäufe zugeordnet werden. Ein Polizeihauptkommissar, der die Medien ausgewertet hatte, sagte im Zeugenstand, dass die meisten Gesprächspartner zugegeben haben, dass sie die Ware vom Angeklagten in den im Chat erwähnten Mengen erhalten haben, so der Beamte. Durch Sprachnachrichten habe man die Spitznamen der Abnehmer entschlüsseln können. Auch für die Drogen wurden Pseudonyme verwendet. „Hast Du noch Schokolade“– „Nur noch ein bisschen“, hieß es da zum Beispiel in den Dialogen.
„Wie kam denn der Kontakt zustande zwischen dem Angeklagten und den Käufern?“, wollte die Staatsanwältin von dem Zeugen wissen. „Die meisten der Abnehmer seien alte Bekannte aus Schulzeit oder Arbeitskollegen gewesen“, so der Polizist.
Die im Jahr 2011 begonnene Selbstständigkeit des Angeklagten sei nach vier Jahren gescheitert ebenso wie seine im gleichen Zeitraum andauernde Beziehung. Dann sei der Absturz gekommen. Nach knapp fünf Monaten stationärem
Aufenthalt in einer Entzugsklinik sei der heute 51-Jährige nun seit Mai 2018 „trocken“. „Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Gelegenheit hatte und nun sehe ich die Welt wieder mit anderen Augen“, sagte der Mann vor Gericht. Inzwischen habe er auch seinen durch die Sucht verlorenen Führerschein zurückbekommen. Noch immer besuche er einmal die Woche eine Selbsthilfegruppe. Dort vermittle er inzwischen den Betroffenen seine Erfahrungen, um ihnen einen Weg aus der Sucht zu zeigen.
Diese Tatsache bewertete die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer positiv – auch wenn sich in ihren Augen der Sachverhalt im Verfahren bestätigt habe. Sie empfand deshalb eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als angemessen. Diese könne aufgrund vieler positiver Aspekte, wie das Geständnis und die erfolgreich abgeschlossene Therapie, durchaus zur Bewährung ausgesetzt werden.
Nach Meinung des Verteidigers habe die Staatsanwältin vieles richtig ausgeführt, widersprach jedoch in einem Punkt: „Mein Mandant war zwar an dem Kilo Marihuana interessiert, aber das war eine „Luftnummer“und daher ist das als minderschwerer Fall zu bewerten“. Deshalb forderte er lediglich ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung.
„Ich habe alles gesagt und ich weiß, dass ich zu bestrafen bin“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort. Das Gericht folgte letztlich aber dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß. Darüber hinaus verpflichtete es den Angeklagten zur Einziehung des Wertersatzes in Höhe von knapp 2000 Euro. Ein weiterer Betrag von 2000 Euro soll die Caritas Wangen vom Beschuldigten für ihre Suchthilfe erhalten.