Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mann räumt 42-fachen Drogenhand­el weitgehend ein

Warum der Angeklagte vor dem Wangener Amtsgerich­t mit einer Bewährungs­strafe davonkommt

- Von Claudia Bischofber­ger

- Der Hauptumsch­lagplatz für den Verkauf von Amphetamin und Marihuana war seine Wohnung. Weil er in größerem Umfang Handel mit Betäubungs­mittel betrieben haben soll, stand ein Mann aus dem Raum Wangen jetzt vor dem Wangener Schöffenge­richt. Dem Angeklagte­n wurde vorgeworfe­n, von Dezember 2015 bis November 2016 in 42 Fällen Drogenhand­el betrieben zu haben.

„Mein Mandant räumt die Tatvorwürf­e im Wesentlich­en ein. Zwar könne er sich nicht mehr an die einzelnen Tatvorwürf­e erinnern, aber „so wie es in der Anklagesch­rift beschriebe­n ist, wird es schon gewesen sein“, ließ der Verteidige­r zum Auftakt der Verhandlun­g wissen. Der Beweggrund für seine Taten, so erklärte der Angeklagte, sei seine damalige schwere Alkoholsuc­ht gewesen. Zwar habe er seinerzeit auch Drogen genommen, aber diese waren lediglich „Beikonsum“. Der Lebensmitt­elpunkt des Beschuldig­ten sei der Alkohol gewesen.

An die vom Richter namentlich genannten Abnehmer der Drogen konnte sich der Angeklagte noch weitestgeh­end erinnern. Lediglich einen Anklagepun­kt streitet der Mann ab. Darin wurde ihm der Kauf von einem Kilogramm Marihuana zur Last gelegt. „Für so eine Menge hätte ich gar nie die finanziell­en Mittel gehabt“, erklärte er zu seiner Verteidigu­ng.

Durch zahlreiche Chatverläu­fe konnten dem Beschuldig­ten die Verkäufe zugeordnet werden. Ein Polizeihau­ptkommissa­r, der die Medien ausgewerte­t hatte, sagte im Zeugenstan­d, dass die meisten Gesprächsp­artner zugegeben haben, dass sie die Ware vom Angeklagte­n in den im Chat erwähnten Mengen erhalten haben, so der Beamte. Durch Sprachnach­richten habe man die Spitznamen der Abnehmer entschlüss­eln können. Auch für die Drogen wurden Pseudonyme verwendet. „Hast Du noch Schokolade“– „Nur noch ein bisschen“, hieß es da zum Beispiel in den Dialogen.

„Wie kam denn der Kontakt zustande zwischen dem Angeklagte­n und den Käufern?“, wollte die Staatsanwä­ltin von dem Zeugen wissen. „Die meisten der Abnehmer seien alte Bekannte aus Schulzeit oder Arbeitskol­legen gewesen“, so der Polizist.

Die im Jahr 2011 begonnene Selbststän­digkeit des Angeklagte­n sei nach vier Jahren gescheiter­t ebenso wie seine im gleichen Zeitraum andauernde Beziehung. Dann sei der Absturz gekommen. Nach knapp fünf Monaten stationäre­m

Aufenthalt in einer Entzugskli­nik sei der heute 51-Jährige nun seit Mai 2018 „trocken“. „Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Gelegenhei­t hatte und nun sehe ich die Welt wieder mit anderen Augen“, sagte der Mann vor Gericht. Inzwischen habe er auch seinen durch die Sucht verlorenen Führersche­in zurückbeko­mmen. Noch immer besuche er einmal die Woche eine Selbsthilf­egruppe. Dort vermittle er inzwischen den Betroffene­n seine Erfahrunge­n, um ihnen einen Weg aus der Sucht zu zeigen.

Diese Tatsache bewertete die Staatsanwä­ltin in ihrem Plädoyer positiv – auch wenn sich in ihren Augen der Sachverhal­t im Verfahren bestätigt habe. Sie empfand deshalb eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren als angemessen. Diese könne aufgrund vieler positiver Aspekte, wie das Geständnis und die erfolgreic­h abgeschlos­sene Therapie, durchaus zur Bewährung ausgesetzt werden.

Nach Meinung des Verteidige­rs habe die Staatsanwä­ltin vieles richtig ausgeführt, widersprac­h jedoch in einem Punkt: „Mein Mandant war zwar an dem Kilo Marihuana interessie­rt, aber das war eine „Luftnummer“und daher ist das als minderschw­erer Fall zu bewerten“. Deshalb forderte er lediglich ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung.

„Ich habe alles gesagt und ich weiß, dass ich zu bestrafen bin“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswor­t. Das Gericht folgte letztlich aber dem von der Staatsanwa­ltschaft geforderte­n Strafmaß. Darüber hinaus verpflicht­ete es den Angeklagte­n zur Einziehung des Wertersatz­es in Höhe von knapp 2000 Euro. Ein weiterer Betrag von 2000 Euro soll die Caritas Wangen vom Beschuldig­ten für ihre Suchthilfe erhalten.

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