Aus Bärenweiler wird ein neues Dorf
Das Anwesen mit dem früheren Altersheim wird komplett umgestaltet – Das sind die Pläne des Investors
- Rollstühle, Krankenbetten, ein Sarg. In manchen Zimmern in Bärenweiler scheint es, als sei der Betrieb des Alten- und Pflegeheims erst gestern eingestellt worden. Andere Teile des Gebäudekomplexes – etwa das historische Pfarrhaus – sind noch derart ursprünglich eingerichtet, als gehörten sie zum Bauernhausmuseum im nahegelegenen Wolfegg. Das wird sich in den kommenden Jahren komplett ändern. Denn die Pläne des neuen Besitzers Christian Skrodzki sind mehr als ambitioniert. Entstehen sollen auf dem Anwesen ein Veranstaltungsstadel, eine Gastronomie, Tiny-häuser, Seniorenwohngemeinschaften, eine Kurzzeitpflege, ein Pilgerhotel, Ferienund Mietwohnungen, Geschäftsräume für Start-ups, ein Kunsthandwerkerladen, dazu eine Miniaturbäckerei, -Brauerei und -Brennerei. Und das ist längst nicht alles. Rückblick: Zum Jahresbeginn hatte der Leutkircher Unternehmer Skrodzki bekanntlich alle Gebäude in Bärenweiler auf einer Fläche von 20 000 Quadratmetern gekauft, Eigentümer war eine dem Fürstlichen Haus Waldburg-zeil zuzurechnende Stiftung gewesen. Über die Kaufsumme und den Betrag, den er nun investieren will, sagt der Investor auf Anfrage nichts Konkretes. Nur so viel: Die Realisierung seiner Vorhaben werde sicherlich mehrere Millionen kosten.
„Als ich im Januar endlich den Schlüssel in den Händen halten konnte, bin ich gleich zwei Tage hier eingetaucht. Man kann sagen: untergetaucht. Die Stunden sind wie im Flug vergangen“, erinnert sich Skrodzki. Woche für Woche habe er mehr Räume entdeckt. Und manches hat sich auch schon verändert. Von außen am sichtbarsten ist: Viele Bäume wurden gefällt. „Das war nötig. Das Nadelgehölz und die Nässe hat den Gebäuden nicht gut getan, hat Schäden hinterlassen“, erklärt der Investor. In den nächsten vier Jahren möchte er den einzelnen Gebäuden in Bärenweiler die verschiedensten Nutzungen geben. Ein Überblick.
Wie geht es mit der Kirche weiter?
Die Kirche von Bärenweiler sei in einem „unglaublich guten und sauberen Zustand“, so Skrodzki. „Das Verwalter-ehepaar vor mir hat die Kirche gefühlt wie ihr Wohnzimmer gepflegt.“Bis Ende Sommer 2019 wurde dort jeden Sonntag öffentlich Eucharistie gefeiert. „Da können gerne wieder Gottesdienste stattfinden“, sagt der neue Eigentümer. Wenn sich dafür eine Gruppierung oder ein Freundeskreis in Kißlegg finde, würde er nicht im Wege stehen. Trauungen und Taufen sollen dort möglich sein. „Oder auch mal ein schönes Konzert, das eben in eine Kirche passt“, sagt Skrodzki.
Was passiert mit dem Landwirtschaftsgebäude?
Im ehemaligen Heustock im großen Ökonomiegebäude will er einen Veranstaltungsstadel einrichten. „Zugegeben in einer richtig extremen Größe, da passen dann um die 600 Leute rein“, sagt Skrodzki. Bei allen seinen Planungen sei aber Voraussetzung, dass das Landesdenkmalamt mitmacht. Konkret könne er sich in dem Stadel etwa Hochzeitsfeiern, Märkte, Messen, Firmenveranstaltungen und vieles mehr vorstellen. Im Untergeschoss des Ökonomiegebäudes, dem ehemaligen Stall, sollen Startups Platz finden. Und zwar in sogenannten „Co-working-spaces“. Sprich: Mehrere Firmen sollen sich Räumlichkeiten teilen. „Einfach ein Zentrum, ein Motor für die Kißlegger Jungunternehmer – natürlich auch welche von auswärts“, will der Leutkircher einrichten. Rund 400 Quadratmeter stünden dafür zur Verfügung.
Wie sind die Pläne für Stadel und Streuobstwiese?
Eine Gastronomie soll in den hinteren Stadel (Richtung Lanquanz) einziehen. „Das ist aber noch nicht final entschieden. Alle möglichen Nutzungen werden bis zum Schluss ein Wettbewerb der Ideen sein“, so Skrodzki. Im Obergeschoss sollen Wohnungen oder Büroräume entstehen. Fest steht schon, was mit den Streuobstwiesen in diesem Eck des Anwesens passieren soll: Tiny-häuser sollen hier als Ferienunterkunft dienen.
Was hat der Investor mit dem alten Spital vor?
Kernstück von Bärenweiler ist das direkt an die Kirche anschließende alte Spital von 1619. Hier stellt sich Christian Skrodzki ein Pilgerhotel vor. „Wobei das Wort Pilger sich weniger auf Glauben, als auf Einfachheit bezieht.“Etwa ein Drittel der Zimmer wird beispielsweise keine Nasszelle haben. „Die jungen Leute kennen das, wenn sie mit dem Rucksack in Neuseeland oder Australien unterwegs waren.“Für eben diese Form von „Workation“– also gleichzeitig arbeiten und Urlaub machen – soll das alte Spital Platz bieten.
Und wie geht es mit dem neuen Spital weiter?
Nicht 400 Jahre, sondern nur einige Jahrzehnte alt ist das neue Spital – der Pflegeheim-bau aus den 70erjahren. Dort werden wieder Senioren einziehen. Im Untergeschoss soll eine Kurzzeitpflege unterkommen, in den oberen Stockwerken Seniorenwohngemeinschaften. „Seniorenwohngemeinschaften heißt: Ich bestimme selber, wann ich aufstehe und vieles mehr. Die alten Menschen sind dort selbstbestimmter als in einem normalen Seniorenheim“, erklärt Skrodzki. Im Zwischenbau, der altes und neues Spital verbindet, könnte er sich ein Café vorstellen.
Wie werden die Nebengebäude künftig genutzt?
Neben dem Seniorenheim-komplex gibt es in Bärenweiler eine Reihe an historischen Nebengebäuden. Etwa das Pfarrhaus. Hier sollen nach Christian Skrodzkis derzeitigen Plänen drei Ferienwohnungen entstehen. In der historischen
kann er sich einen Kunsthandwerker oder Ausstellungsräume vorstellen. Apropos Ausstellung: Mit einem gewissen Show-charakter sollen in das Erdgeschoss des
im Miniformat eine Bäckerei, eine Brauerei und eine Brennerei einziehen. Die Gewerke sind in Bärenweiler historisch belegt. Im Obergeschoss sollen zwei Mietwohnungen entstehen. Im
wird es im oberen Stockwerk ebenfalls eine Mietwohnung geben und im Erdgeschoss ein Kunsthandwerker-lädele.
Verwalterhauses Wagenremise Torhaus Was sind die Ideen für das Gesamtgelände?
Dass es ein Torhaus gibt, ist dem geschuldet, dass Bärenweiler komplett von einer Mauer umgeben ist. Skrodzki betont: „In der Mauer gibt es mehrere Tore. Die sollen immer offen stehen.“Bärenweiler soll eine Heimat für „möglichst viele Menschen“werden. Deshalb soll es auch einen Dorfbeziehungsweise Marktplatz geben.
Innerhalb der nächsten vier Jahre will Skrodzki seine Pläne umsetzen. Wobei die noch nicht alle final entschieden sind. Noch lässt sich der Unternehmer für einzelne Gebäude Konzepte für die Nutzung vorschlagen. „Ich kann zwar nicht auf jede Mail antworten. Aber meine Ideen sind nicht automatisch die besten, sondern gut wird’s nur dann, wenn ich auch auf andere Ideen eingehe“, sagt Christian Skrodzki. Vorschläge für die Wiederbelebung von Bärenweiler sind also nach wie vor willkommen.
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