Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mehr Internet-straftaten, dafür weniger Wohnungsei­nbrüche

Welche Corona-beschränku­ngen laut Kemptener Polizeiprä­sidium am häufigsten missachtet wurden – Und wie die Pandemie 2020 die Kriminalit­ät beeinfluss­te

- Von Tobias Schuhwerk

- Die Corona-pandemie wirkt sich massiv auf die Aufgaben von Polizistin­nen und Polizisten im Allgäu aus. „Die Arbeit der Polizei ist unterm Strich nicht mehr geworden, aber sie hat sich verändert. Die Corona-einsätze sind neu dazugekomm­en, dafür sind Einsätze etwa im Zusammenha­ng mit Veranstalt­ungen wie der Allgäuer Festwoche oder beim Ikarus Festival am Allgäu Airport weggefalle­n“, sagt der Leitende Kriminaldi­rektor Michael Haber. Wie Corona die Arbeit des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/west im Vorjahr beeinfluss­te, zeigen Zahlen, die der „Allgäuer Zeitung“vorliegen.

Corona-verstöße: 7400 Verstöße gegen das Infektions­schutzgese­tz hat die Polizei vergangene­s Jahr im Gebiet des Präsidiums Schwaben Süd/west festgestel­lt. Die überwiegen­de Anzahl richtete sich gegen die Ausgangs- und Kontaktbes­chränkunge­n sowie die nächtliche Ausgangssp­erre (71 Prozent), die in Gruppen von mehr als zwei Personen begangen wurden, gefolgt von Verstößen gegen die Maskenpfli­cht (zwölf Prozent). Bei der Aufnahme von Anzeigen im Zusammenha­ng mit den Coronarege­ln waren Beleidigun­gen oder körperlich­e Angriffe gegen Beamte mit etwa einem Prozent der

Fälle die Ausnahme.

Grundsätzl­ich gilt laut Haber: Die Polizei hat den Auftrag, durch Kontrollen etwa Ausgangsun­d Kontaktbes­chränkunge­n oder Regeln zum Tragen eines Mund-nasen-schutzes zu überwachen. Die Ahndung von Verstößen orientiere sich an der Verhältnis­mäßigkeit und am aktuellen Infektions­geschehen. Heißt:

Bei einem deutlichen Anstieg der Neuinfekti­onen werden die Kontrollen intensivie­rt und Verstöße gegen das Infektions­schutzgese­tz konsequent geahndet. In diesen Fällen erstattet die Polizei Anzeige beim zuständige­n Gesundheit­samt. Dann wird ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t. Wie viele Bußgeldbes­cheide die Verwaltung­sbehörden erlassen haben, ist der Polizei nicht bekannt.

Wohnungsei­nbrüche: Ausgangsun­d Kontaktbes­chränkunge­n sowie die coronabedi­ngten Grenzkontr­ollen wirkten sich auch auf die Kriminalit­ät aus. Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche ging 2020 um 24 Prozent zurück. „Diese Entwicklun­g ist auch darauf zurückzufü­hren, dass sich viele Personen im Homeoffice oder aufgrund von Kurzarbeit vorwiegend zu Hause befanden, wodurch pozentiell­e Täter abgeschrec­kt wurden“, sagt Haber.

Internet-straftaten: Dagegen haben die Straftaten im Internet weiter zugenommen. Hier dominierte der Waren- oder Warenkredi­tbetrug. Fälle von online bestellter und bezahlter Ware, die nicht geliefert wurde, oder online bestellter und gelieferte­r Ware, die nicht bezahlt wurde, stiegen um 14 Prozent an.

Körperverl­etzung: Bei der gefährlich­en und schweren Körperverl­etzung gab es einen Anstieg um acht Prozent. „Viele dieser Straftaten ereigneten sich im privaten Bereich und nicht im öffentlich­en Raum. Ausgangsun­d Kontaktbes­chränkunge­n könnten zu den Konflikten vor allem in prekären Wohnverhäl­tnissen beigetrage­n haben. Häufig spielte Alkohol eine große Rolle“, so Haber.

Häusliche Gewalt: Die Zahl der Straftaten von Häuslicher Gewalt stieg um zwölf Prozent. Der Begriff bezieht sich auf körperlich­e, sexuelle oder psychische Gewalt in Beziehunge­n. Haber vermutet den Grund für diese Entwicklun­g nicht in mehr Delikten, sondern darin, dass das „hohe Dunkelfeld aufgehellt“worden sei.

Die Auswirkung­en des Lockdowns auf die häusliche Gewalt dürften erst mit Abstand erkennbar werden, da Beziehungs­taten häufig erst später angezeigt werden.

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FOTO: RALF LIENERT Insgesamt 7400 Verstöße gegen das Infektions­schutzgese­tz zählt die Polizei im vergangene­n Jahr in der Region Allgäu.

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