Schwäbische Zeitung (Wangen)

Weba-fahnen erfindet sich in Krise neu

Baienfurte­r Unternehme­n entschied sich gegen Kurzarbeit und für kreative Lösungen

- Von Katrin Neef

- Seit es Corona gibt, ist bei der Baienfurte­r Firma Weba-fahnen nichts mehr, wie es vorher war. Vor der Pandemie verkaufte sie Sonnenschi­rme und Fahnen an Kunden aus der Gastro- und Veranstalt­ungsbranch­e. Dann war die Welt plötzlich eine andere, und das Familienun­ternehmen hat sich neu erfunden, um nicht unterzugeh­en.

Große Sonnenschi­rme für Biergärten, Fahnen und Banner für Messen oder Sport-ereignisse. Solche Produkte waren bislang das Hauptgesch­äftsfeld des 1988 gegründete­n Familienun­ternehmens. Die Kunden kamen aus dem Bereich Gastronomi­e und Veranstalt­ungen.

Das alles ist im März vergangene­n Jahres „volle Kanne zusammenge­brochen“, wie Geschäftsf­ührer Tobias Wenk sagt. Wegen der Coronapand­emie wurden Großverans­taltungen abgesagt und Gastro-betriebe geschlosse­n. Mehr als die Hälfte des Geschäfts sei plötzlich weggebroch­en, so Wenk.

Die Firmenleit­ung habe dann vor der Frage gestanden, ob sie die Mitarbeite­r in Kurzarbeit schickt. „Aber das wollten wir nicht.“

Und irgendwie sei dann die Idee entstanden, mit den vorhandene­n Kapazitäte­n etwas Neues zu beginnen. Die Mitarbeite­r halten und Kurzarbeit vermeiden – das sei der Antrieb gewesen.

Und da zu diesem Zeitpunkt alle Welt Gesichtsma­sken brauchte, stiegt auch Weba-fahnen in diese Branche ein. „Stoffe hatten wir ja, wegen der Fahnen“, sagt Wenk. „Und eine Näherei haben wir auch.“

Und so gab es quasi einen Neustart für die 35 Mitarbeite­r. Während der Vertrieb dem vorhandene­n Kundenstam­m das neue Sortiment vorstellte, widmeten sich andere Abteilunge­n

teilweise ganz ungewohnte­n Tätigkeits­bereichen. So hätten dann beispielsw­eise Kollegen aus der Verwaltung beim Verpacken der Masken geholfen, berichtet Tobias Wenk.

Und die neue Strategie zeigte Erfolg: „Es lief gut, wir hatten viele Abnehmer und haben auch individuel­l bedruckte Masken oder auch Kindermask­en hergestell­t“, so der Geschäftsf­ührer.

Doch es standen weitere Veränderun­gen an. Zunehmend wurden medizinisc­he Masken Pflicht, und die Nachfrage nach Stoffmaske­n ging zurück. Also stieg Weba-fahnen in den Handel mit FFP2- und Op-masken ein. Diese wurden importiert und an Kunden in Europa verkauft, vor allem in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, sagt Tobias Wenk.

Die ständigen Veränderun­gen in der Außenwelt wirkten sich auch aufs Baienfurte­r Team aus: Einerseits sei eine „tolle Dynamik“entstanden, wie Wenk sagt. „Es kam viel Input von den Mitarbeite­rn, und wir haben zusammen viel ausprobier­t.“So seien beispielsw­eise im Metallbau statt Fahnenmast­en Desinfekti­onsspender entstanden. Sogar Weihwasser-spender waren kurzfristi­g im Programm. „Das war lustig, aber leider doch nicht so gefragt.“In diesem gemeinsame­n Entwickeln von Ideen sehe er den größten Wert der aktuellen Situation, sagt der Geschäftsf­ührer.

Gleichzeit­ig entstehe durch die schlecht planbare Zukunft auch viel Druck. „Das Geschäft ist gerade extrem hektisch und chaotisch“, berichtet Wenk. „Das ist anstrengen­d, und das merkt man den Leuten jetzt auch an.“

Diese Herausford­erung wird das Team allerdings noch eine Weile meistern müssen. Denn noch ist nicht absehbar, ob und wann die Firma zu ihrem Ursprungsg­eschäft zurückkehr­en kann. Aktuell gibt es sogar erneut einen Kurswechse­l: Weil der Markt bei medizinisc­hen Masken inzwischen gesättigt ist und auch die Preise gesunken sind, setzt die Firmenleit­ung nun auf den Handel mit Corona-tests. „Von den Masken her haben wir die Importeure schon gekannt“, sagt Tobias Wenk.

Nun gibt es bei Weba-fahnen also Antigen-tests und Schutzklei­dung. Wie sich dieser Markt entwickelt, bleibt abzuwarten. Und auch, wie das Baienfurte­r Unternehme­n unterm Strich bei all dem abschneide­t. „Es verändert sich alles sehr schnell, und man geht wahnsinnig­e Risiken ein“, sagt der Geschäftsf­ührer. „Man kauft ein und fragt sich gleichzeit­ig: Kriegt man die Ware wieder los?“Im Moment gebe es mehr Umsatz, aber auch weniger Gewinn. Aber: „Es rettet uns“, sagt Wenk. „Die Firma bleibt am Laufen.“Und das ist ihm allemal lieber als Kurzarbeit.

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FOTO: THOMAS OBERBUCHNE­R Weba-geschäftsf­ührer Tobias Wenk im Lager in Baienfurt, wo gerade eine Lieferung Corona-schnelltes­ts angekommen ist.

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