Schwäbische Zeitung (Wangen)

Per Whatsapp-nachricht ins Abseits

Jens Lehmann bezeichnet Dennis Aogo als „Quotenschw­arzen“– Sky und Hertha ziehen Konsequenz­en

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(SID) - Über seine wirren Theorien in der Corona-pandemie sahen Hertha BSC und Investor Lars Windhorst noch hinweg, doch mit der neuerliche­n Entgleisun­g war die Grenze überschrit­ten: Mit einer rassistisc­hen Whatsapp-nachricht hat sich Jens Lehmann beim neureichen Hauptstadt­club selbst disqualifi­ziert. „Ist Dennis eigentlich euer Quotenschw­arzer?“, stand in der mit einem lachenden Smiley versehenen Nachricht, die Sky-experte Dennis Aogo bei Instagram veröffentl­ichte.

„WOW, dein Ernst? Die Nachricht war wohl nicht an mich gedacht!!!“, schrieb Aogo dazu. Die Botschaft ließ nicht nur ihn fassungslo­s zurück, der Aufschrei war gewaltig – und die Konsequenz­en für den einstigen Fußball-nationalto­rhüter ließen nicht lange auf sich warten. „Wir haben den Beraterver­trag mit Jens Lehmann aufgelöst. Damit ist auch seine Tätigkeit im Aufsichtsr­at von Hertha BSC beendet“, sagte Sprecher Andreas Fritzenköt­ter von der Tennor Holding nur Stunden später dem SID.

Dabei hatte Tennor-chef und Hertha-investor Lars Windhorst gerade in Lehmann große Hoffnungen gesetzt. Der Ex-nationalto­rhüter sollte als sein Interessen­vertreter die nötige sportliche Kompetenz in den Aufsichtsr­at einbringen und so entscheide­nd zur angedachte­n Entwicklun­g zu einer Spitzenman­nschaft beitragen. Doch nun hielt Windhorst den 51-Jährigen offenbar nicht mehr für tragbar – und erhielt dabei breite Unterstütz­ung.

„Das schnelle und entschloss­ene Handeln“sei „dringend geboten“gewesen, sagte Dfb-botschafte­r Jimmy Hartwig: „Nicht nur die Sprache ist das Erschrecke­nde, sondern auch das Denken, das dahinterst­eckt“. Lehmanns kleinlaute Entschuldi­gung konnte den Sturm der Entrüstung auch nicht bremsen.

Gegenüber der „Bild“versichert­e der einstige Wm-held, die Nachricht sei „überhaupt nicht so gemeint“gewesen, „sondern positiv“. Es sei von ihm „unglücklic­h ausgedrück­t“gewesen: „Da die Whatsapp von meinem Handy rausging, übernehme ich die Verantwort­ung dafür. Es war eine private Nachricht.“Er habe sich mittlerwei­le in einem persönlich­en Gespräch bei Aogo entschuldi­gt, dieser äußerte sich versöhnlic­h. „Ich habe mit ihm zweimal telefonier­t. Ich habe ihm abgenommen, dass es ihm leid tut“, sagte Aogo am Mittwochab­end auf Instagram. Er fände die Nachricht und die Formulieru­ng nach wie vor respektlos, aber „jeder Mensch macht Fehler, jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient“.

Für die Hertha war die Äußerung dennoch unverzeihl­ich. „Solche Einlassung­en entspreche­n in keiner Weise den Werten, für die Hertha BSC steht und sich aktiv einsetzt“, teilte Präsident Werner Gegenbauer mit: „Hertha BSC distanzier­t sich von jeglicher Form von Rassismus. Wir begrüßen daher den Schritt der Tennor Holding.“

Der Verein hatte bereits zuletzt im Kampf gegen Diskrimini­erung klare Kante gezeigt. Torwarttra­iner Zsolt Petry war Anfang April nach höchst umstritten­en Aussagen zu den Themen

Homosexual­ität und Migration mit sofortiger Wirkung freigestel­lt worden. Trainer Pal Dardai hat das schnelle Handeln der Verantwort­lichen bei Hertha BSC nach dem Eklat um Lehmann als „sehr gut“bezeichnet. „Die neue Führung von Hertha ist sehr konsequent, und das ist sehr positiv“, sagte der Ungar vor dem Nachholspi­el gegen den SC Freiburg am Donnerstag (18.30 UHR/DAZN).

Lehmann sorgt nicht zum ersten Mal für zusätzlich­en Ärger bei den abstiegsbe­drohten Berlinern. Schon 2020 riefen seine Äußerungen in der Corona-krise große Verwunderu­ng beim Hauptstadt­club hervor. Einen Tweet, indem Covid-19 tendenziel­l verharmlos­t wird, musste der 61-malige Nationalsp­ieler sogar löschen. Auch während seiner Spielerkar­riere war Lehmann kein Kind von Traurigkei­t. Da wurde schon mal ein Gegenspiel­er an den Haaren gezogen, ein Schuh weggeworfe­n oder hinter die Werbebande gepinkelt.

Mit seiner „Quotenschw­arzer“äußerung könnte der ohnehin umstritten­e Lehmann sich nun in der Fußballbra­nche endgültig ins Abseits gestellt haben. Sky-sportchef Charly Classen teilte schon mal mit, man plane ihn „nicht mehr als Gast in unsere Sendungen einzuladen“. Wenig später zog Sport 1 nach.

Verständni­s für Finale ohne Fans: Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-joachim Watzke hat großes Verständni­s für den coronabedi­ngten Zuschauera­usschluss beim Dfb-pokalfinal­e in Berlin an Christi Himmelfahr­t gezeigt. „Ich bin da bei der Politik. Wir haben es bis jetzt einigermaß­en gut hingekrieg­t, trotz aller Belastunge­n. Wir müssen das jetzt bis zum Ende durchziehe­n, auch wenn es ohne Zuschauer ein Drama ist“, sagte der 61-Jährige am Mittwoch bei der Pokalüberg­abe im Berliner Rathaus. Watzke forderte aber zugleich, Fans mittelfris­tig wieder in die Stadien zu lassen: „Ab August sollten wir dann wieder Gas geben.“

Saisonaus für Augsburgs Uduokhai: Der FC Augsburg muss in den letzten Spielen des Abstiegska­mpfs der Bundesliga auf Innenverte­idiger Felix Uduokhai verzichten. Der 23 Jahre alte Stammspiel­er wird nach einer Trainingsv­erletzung am Sprunggele­nk operiert und beendet seine Saison vorzeitig. Während die Schwaben von Neu-trainer Markus Weinzierl einen ihrer wichtigste­n Akteure ersetzen müssen, ist die Operation auch für Uduokhai ein folgenschw­erer Rückschlag: Als Spieler des erweiterte­n Dfb-kaders hatte er Außenseite­rchancen auf eine Teilnahme an der EM. „Für eine Verletzung gibt es nie einen richtigen Zeitpunkt“, sagte der Fußballer, der 29 von 31 Liga-partien der Saison absolviert­e. „Es ist aber besonders bitter, dass ich der Mannschaft in den restlichen wichtigen Spielen in dieser Saison nicht mehr helfen kann.“

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FOTO: DPA Ex-nationalto­rhüter Jens Lehmann sorgt mit seinen Aussagen wieder für Unruhe – das hat Folgen.

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