Meersburger Brücke in Ravensburg muss saniert werden
Straße über Gleise zwischen Zentrum und Weststadt wird 2023 wohl gut fünf Monate gesperrt
- Die Meersburger Brücke zwischen Ravensburger Zentrum und Weststadt muss laut Experten saniert werden und wird dafür voraussichtlich komplett gesperrt. Betroffen sind Radfahrer, Fußgänger, Autofahrer und Busfahrgäste gleichermaßen. Die Stadtverwaltung warb für die Vollsperrung, will diese aber möglichst kurz halten und arbeitet schon an Ideen, wie der Verkehr umgeleitet werden soll.
Risse im Belag der Spannbetonbrücke, freiliegende Metallteile, die das Bauwerk im Inneren stabilisieren, und Querrillen an den Übergängen zur Brücke, die von Schneeschiebern aufgerissen worden seien: „Das sind normale Schadensbilder“, sagte im Technischen Ausschuss des Ravensburger Gemeinderat der Experte der beauftragten Ingenieursgesellschaft Muhsau-kindl aus Biberach, Florian Müller. Die Brücke wurde 1997 fertiggestellt. Nun seien Verschleißteile zu erneuern und die tragende Konstruktion der Brücke neu abzudichten, damit sie nicht durch einsickerndes Salzwasser angegriffen wird. Dafür müssten die seitlich aufgesetzten Geh- und Radwege mit Geländer abgebrochen und neu aufgebaut werden, erklärte Müller, und die Fahrbahn erneuert. Die Arbeiten sind für 2023 geplant.
So weit zum Fachlichen, was unter allen Fraktionen des Technischen Ausschusses unstrittig war – eine politische Entscheidung hingegen hatte das Gremium zur Frage zu treffen, ob die Brücke dafür komplett gesperrt werden muss. Wenn gar kein Verkehr fließt, rechnet die Stadt mit einer Bauzeit von 167 Tagen, das entspricht rund fünfeinhalb Monaten. Wenn die Sanierung so ablaufen soll, dass eine Spur auf der Brücke für den Verkehr immer offen bleibt, der dann mit Ampeln geregelt wird, verlängert sich die Arbeitszeit auf 263 Tage – knapp neun Monate.
Der Technische Ausschuss des Gemeinderates hat sich am Mittwochabend mehrheitlich für die Vollsperrung ausgesprochen. Einzig Stadtrat Jochen Fischinger stimmte dagegen. „Die Weststadt und Schmalegg werden sechs Monate lang komplett von der Innenstadt abgetrennt“, sagte er zur Begründung. Die Stadtverwaltung hatte für die kürzere Vollsperrung geworben, weil bei einer halbseitigen Sperrung mit erheblichen Rückstaus zu rechnen sei. Baubürgermeister Dirk Bastin wertete diese Zustimmung als „sehr wichtige Richtungsentscheidung“. Jetzt plane die Stadt in Richtung Vollsperrung weiter, die mit grob angepeilten 1,45 Millionen Euro auch etwas günstiger ist als die Sanierung in Teilsperrung, die auf Kosten von etwa 1,59 Millionen Euro geschätzt worden ist. Erste Umleitungs-ideen hat die Stadtverwaltung ebenfalls schon vorgestellt: Der Verkehr soll je nach Fahrtziel über das Schussentalviadukt durch die Südstadt in Richtung Zentrum geleitet werden oder über die B30 von Norden her in die Stadt rollen. Auch die Brühlstraße, vorbei am Sportzentrum Rechenwies, führt mit einem nördlichen Schlenker in die Stadt.
Diesen Weg sollen auch die Busse der Linie 1 nehmen und von der Weststadt her kommend dann nach der Brücke bei der Firma Schindele rechts abbiegen zum Busbahnhof. Die Haltestellen Meersburger Brücke, Heilig-geist-spital und Marienplatz fallen während der Brückensperrung weg. Damit Fahrgäste trotzdem das Zentrum erreichen, schlägt die Stadt vor, einen Shuttlebus einzusetzen, der einen Rundkurs über den Marienplatz und durch die Bachstraße zurück zum Busbahnhof fährt.
Radfahrer und Fußgänger können die Brücke bei einer Vollsperrung auch nicht benutzen. Ihnen will die Stadt vorschlagen, während der Bauarbeiten die Unterführung beim Pfannenstiel in Richtung Schwanenstraße oder die Unterführung beim Bahnhof zu nutzen.
Damit dies für Radfahrer überhaupt zumutbar sei, müssten Treppen mit Schieberampen versehen werden, fordert die Vorsitzende der Grünen-fraktion im Gemeinderat, Maria Weithmann. Sie zeigte sich auch überrascht von der „Kurzlebigkeit“der Brücke, die aktuell 24 Jahre alt ist. Architekt Frieder Wurm (CDU) regte an, bei neuen Brückenbauten künftig Carbon als Stabilisierungsmaterial zu verwenden, um Korrosionsprobleme zu vermeiden und die Lebensdauer zu verlängern. Zum Argument, die Weststadt werde abgetrennt, sagte er: „Die Anbindung der Weststadt sehen wir eher durch eine kurze, knackige Sperrung gegeben.“Auch die Bahnstrecke muss laut Stadtverwaltung zeitweise gesperrt werden, aber nur nachts.
Michael Lopez-diaz (Bürger für Ravensburg) drängte auf eine möglichst kurze Sperrung, auch Nachtarbeit sei an der Brücke vorstellbar, sagte er. Das würden wiederum Grüne und SPD nicht begrüßen: Hansdieter Schäfer (SPD) fürchtet bei einer 24-Stunden-baustelle die „Ausquetschung von Arbeitskräften“. Markus Waidmann (FDP) ließ sich nach anfänglicher Skepsis von der Vollsperrung überzeugen.
Für Bürgermeister Dirk Bastin war zum Ende der Diskussion noch die Wortmeldung von Hugo Adler, CDU-MANN aus Schmalegg, wichtig, der sich für die kürzere Vollsperrung aussprach. Die Stadt müsse aber mit ausreichendem Vorlauf die Bürger informieren, welche Alternativmöglichkeiten sie während der Sperrung haben, forderte Adler.