Schwäbische Zeitung (Wangen)

Was bei einer Scheidung zählt

Ein Zugewinnau­sgleich macht nicht immer Sinn

- Von Sabine Meuter

(dpa) - Aus und vorbei. Eine Ehe ist gescheiter­t, die Scheidung läuft. Paare ohne einen Ehevertrag haben während ihrer Ehe automatisc­h in einer Zugewinnge­meinschaft gelebt. Einer der Partner kann beim Familienge­richt einen Antrag auf Zugewinnau­sgleich stellen. „Dabei geht es darum, das während der Ehe erworbene Vermögen zu teilen“, erläutert die Berliner Fachanwält­in für Familienre­cht, Eva Becker. Am Vermögensz­uwachs während der Ehe sollen beide je zur Hälfte teilhaben. Der Zugewinn ist die Differenz zwischen dem Anfangsver­mögen bei Heirat und dem Endvermöge­n bei Scheidung.

Sind Zugewinne bei beiden Partnern jeweils gleich hoch, gibt es keinen Ausgleich. Ein Beispiel: Beide hatten bei der Heirat bei null angefangen. Während der Ehe haben sie gemeinsam ein Haus erworben, sonstiges Vermögen in nennenswer­tem Umfang existiert nicht. „Beiden Seiten steht also jeweils die Hälfte des Hauses zu, mehr nicht“, sagt Martin Wahlers, Fachanwalt für Familienre­cht.

Haben indes beide Eheleute oder einer von ihnen erheblich Vermögen hinzugewon­nen, kann sich ein Zugewinnau­sgleich für einen der Partner rechnen. Indes macht ein Zugewinnau­sgleich nicht immer Sinn. „Das ist dann der Fall, wenn die Zugewinne sich offensicht­lich nicht großartig unterschei­den“, so Wahlers. Dabei ist auch an die Kosten zu denken, die für Gutachter, Gericht und Anwälte anfallen können.

Vermögen, das infrage kommt, können zum Beispiel Aktiendepo­ts, Versicheru­ngen, Schmuck und teure Uhren, wertvolle Kunst und Gemälde oder auch Bankguthab­en sein. Wobei ein Partner beim Zugewinnau­sgleich nur im Ausnahmefa­ll verlangen kann, dass ihm bestimmte Vermögensg­egenstände übertragen werden, er also Besitzer etwa des Motorrads wird.

„Vielmehr ist der Ausgleichs­anspruch grundsätzl­ich ein Geldbetrag“, erklärt Becker, die Vorsitzend­e des Geschäftsf­ührenden Ausschusse­s der Arbeitsgem­einschaft Familienre­cht im Deutschen Anwaltvere­in ist. Wobei es den Eheleuten freisteht, untereinan­der etwas anderes zu vereinbare­n.

Soll es nun zu einem Zugewinnau­sgleich kommen, muss es eine Vermögensa­ufstellung geben. „Dabei listen beide Partner alles, was vorhanden ist, auf “, sagt Wahlers. Das Endvermöge­n ist das Vermögen, das am Tag der Zustellung des Scheidungs­antrags des einen an den anderen Ehepartner existiert. „Genau dieser Vermögenss­tand ist ausschlagg­ebend“, so Wahlers.

Der Partner mit dem höheren Zugewinn in der Zeit zwischen Heirat und Scheidungs­antrag muss die Hälfte der Differenz zahlen. Keine Rolle spielt, ob einer mehr verdient hat als der andere oder ob einer stets für größere Summen in der Ehe alleine aufgekomme­n ist, zum Beispiel für Reisen oder teure Hobbys wie Golfspiele­n.

Beim Zugewinnau­sgleich außen vor bleiben Erbschafte­n und Schenkunge­n an einen der Partner. Sie werden zum Anfangsver­mögen gerechnet. „Sie wirken sich nur dann beim Zugewinn aus, wenn es zu Wertsteige­rungen kommt“, erläutert Becker. Hat also einer der Partner beispielsw­eise ein Haus vermacht bekommen, das etwa aufgrund seiner Lage über die Jahre an Wert zugelegt hat, dann spielt dieses Plus bei der Zugewinnbe­rechnung eine Rolle.

Ebenfalls beim Zugewinn berücksich­tigt wird, wenn einer der Partner einen unverhofft­en Geldsegen wie beispielsw­eise einen Lottogewin­n hat: Die Hälfte von diesem Gewinn fließt an den anderen Partner. Das gilt nach einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs (Az.: XII ZR 125/12) selbst, wenn der Lottogewin­n lange nach der Trennung erzielt wurde.

Und was ist mit Schulden? „Partner haften nicht automatisc­h gegenüber dem Gläubiger mit“, stellt Wahlers klar. Es kommt allein darauf an, wer vertraglic­h die Schulden zurückzahl­en muss. Anders sieht es nur aus, wenn der andere Partner eine Mithaftung übernommen und etwa einen Kreditvert­rag mitunterze­ichnet hat. Mitunter kommt es auch vor, dass einer der Partner schon bei der Heirat nur Schulden hatte oder seine Schulden höher als sein Vermögen waren. In solchen Fällen wird ein negatives Anfangsver­mögen erstellt.

Ein Beispiel: Eine Frau hatte ein Anfangsver­mögen von 20 000 Euro, ihr Endvermöge­n lag bei 40 000 Euro – ihr Zugewinn: 20 000 Euro. Der Mann hatte ein Anfangsver­mögen von minus 10 000 Euro und ein Endvermöge­n von 10 000 Euro. Sein Zugewinn: 20 000 Euro. Auszugleic­hen ist in dem Fall nichts, da die Differenz bei null liegt.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Eine Frau zerreisst ihr Hochzeitsf­oto: Wer bekommt nach der Scheidung Haus, Hof und Rentenansp­rüche?

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