Schweigen nach Geldraub
Prozess gegen mutmaßlichen Automatensprenger
(dpa) - Als die zwei Männer sich am Automaten in der Bankfiliale zu schaffen machen wollen, sind sie nicht allein. Mehrere Polizisten eines Einsatzkommandos haben die beiden genau im Blick. Sie schlagen zu, als einer von ihnen den Vorraum der Filiale betritt, während der andere draußen Schmiere steht. Der Mann am Automaten wird überrascht, bedrängt die Beamten mit einem Schraubenzieher und stirbt durch Schüsse aus den Dienstwaffen. Die Flucht seines mutmaßlichen Komplizen dauert nur wenige Minuten. Soweit das Protokoll aus jener Novembernacht.
Nun muss sich ein 29-Jähriger aus Lüdenscheid vor dem Landgericht in Heilbronn nicht nur für die gescheiterte Geldautomatensprengung verantworten. Er soll auch an einem Beutezug wenige Wochen zuvor in Besigheim beteiligt gewesen sein. Ob er die Vorwürfe einräumt, wurde zum Prozessauftakt am Montag noch nicht deutlich. Ihr Mandant werde sich wahrscheinlich am nächsten Verhandlungstag (31. Mai) äußern, sagte seine Verteidigerin.
Bei einer Vernehmung nach seiner Festnahme hatte er noch angegeben, nur einen Spaziergang gemacht zu haben. Mitten in der Nacht, in schwarzer Jogginghose mit schwarzen Socken über den Turnschuhen, einem schwarzen Rucksack und dunklen Handschuhen sowie einem schwarzen Halstuch. Eine „blöde Situation“sei das jetzt, sagte der Mann vor Gericht. Seit der Tat sitzt er in Untersuchungshaft.
Dabei hatte beim mutmaßlichen ersten Raubzug in Besigheim (Kreis Ludwigsburg) alles noch reibungslos geklappt, folgt man den Ausführungen der Staatsanwältin. Mitten in der Nacht drangen die Männer im vergangenen Oktober in den Vorraum der Kreissparkasse ein und leiteten Gas in den Geldautomaten ein – aus Flaschen, die sie zuvor gestohlen hatten. Sie zündeten das Gemisch, es explodierte und hinterließ einen komplett zertrümmerten Raum in der Kreissparkasse. Mit einer Beute von laut Landgericht Heilbronn mehr als 135 000 Euro flüchteten die Männer, die Spuren im Auto versuchten sie mitttels Feuerlöscher zu beseitigen.
Den nächsten Versuch durchkreuzte eine aufmerksame Bankmitarbeiterin. Wegen der Corona-pandemie hatte sich die Frau in ein Büro der geschlossenen Filiale zurückgezogen. Dort konnte sie kurz vor Feierabend einen Mann dabei beobachten, wie er die Verkleidung des Geldautomaten leicht verbog. Sie rief ihren Chef an, der alarmierte die Polizei, die legte sich auf die Lauer.
Während der 29-Jährige für die Polizei eher ein unbeschriebenes Blatt gewesen ist, war nach dem 58 Jahre alten mutmaßlichen Komplizen europaweit gesucht worden – wegen Geldautomatensprengungen und Einbrüchen.