Leutkircher Supermärkte verkaufen mehr Biofleisch
Tierwohlaspekten zum Trotz liegt konventionell erzeugtes Fleisch aber noch weit vorne
- In der Pandemie geben die Deutschen mehr Geld für Biofleisch aus. Der Absatz ist im ersten Corona-jahr 2020 laut Branchenverband deutlich angestiegen. Der größte Teil davon, rund 60 Prozent, wird über den Lebensmitteleinzelhandel verkauft. Die „Schwäbische Zeitung“hat bei Discountern und Supermärkten in Leutkirch nachgefragt, ob sie ebenfalls feststellen konnten, dass die Verbraucher beim Einkauf stärker darauf achten, unter welchen Bedingungen die Tiere vor der Schlachtung gehalten wurden.
Bei einer ähnlichen Umfrage Anfang 2020, also bevor die Pandemie in Deutschland voll angekommen ist, war das Ergebnis beim Kaufverhalten teilweise sehr ernüchternd. Hat sich hier inzwischen etwas getan, nachdem die Menschen durch Home Office und geschlossene Restaurants öfters zuhause kochen – und sich eventuell stärker mit den Lebensmitteln,
die sie dafür einkaufen, auseinandersetzen?
Zumindest im Rewe-supermarkt in den Leutkircher Bahnhofsarkaden hat man eine solche Veränderung festgestellt, wie Rewe-pressesprecherin Sabine Stachorski erklärt. „Die Rücksprache mit unserem Kaufmann Fabio Motta hat gezeigt: Der Trend hat sich weiter fortgesetzt. Bemerkbar am Sortiment: Das Angebot an Bio-fleisch wurde aufgrund der Nachfrage erweitert“, so Stachorski. Gleichzeitig gehe der Fleischkonsum insgesamt leicht zurück. „Vermehrt greifen die Kunden zu veganen und vegetarischen Alternativen“, erklärt sie. Diesem Trend sei im Leutkircher Markt mit zwei zusätzlichen Truhen Rechnung getragen worden.
Bei der Nachfrage vor gut einem Jahr berichtete Stachorski, dass die Kunden in Leutkirch zwar sehr preissensibel seien, was Fleischwaren betrifft. Dass sich bei Bio-obst und -Gemüse aber bereits ein deutlicher Aufwärtstrend abzeichnete.
Ein Händler, der explizit mit seinen ökologischen Eigenartikeln wirbt, ist der Supermarkt Feneberg, der in Leutkirch ebenfalls eine Filiale betreibt. Unter dem Label „Vonhier“werden laut Homepage unter anderem regionale Fleischwaren angeboten, die von Erzeugern kommen, die einem anerkannten Bio-anbauverband wie Bioland, Naturland oder Demeter angeschlossen sind.
Auch hier verzeichnete man im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg an Bio-artikeln im Fleischund Wurst-bereich, wie Pressesprecherin Sonja Kehr erklärt. „Während dieser vor Corona noch bei rund 15 Prozent lag, liegt er nun bei etwa 20 Prozent“, so Kehr.
Damit liegt der Anteil in der Leutkircher Feneberg-filiale deutlich über dem bundesweiten Marktanteil von
Bio-fleisch. Dieser ist trotz des spürbaren Anstiegs – der Vorsitzende des Bio-spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft spricht gar von einem „historischen Bio-plus“– weiterhin sehr gering. Bei Geflügel machte er 2020 2,6 Prozent aus, bei anderem Fleisch 3,6 Prozent. Der Bioanteil am gesamten Lebensmittelmarkt erhöhte sich auf 6,4 Prozent.
Bei den beiden Discountern Lidl und Aldi Süd hält man sich zum prozentualen Anteil an Bio-artikeln im Fleisch- und Wurstbereich bedeckt. Lidl-sprecherin Isabel Lehmann verweist bei der aktuellen Anfrage zu Änderungen im Kaufverhalten auf das Statement von Januar 2020. „Wir merken, dass Kunden mehr auf die Haltungskennzeichnung achten sowie verstärkt Fleisch aus einer höheren Stufe einfordern. Dass Verbraucher durch ihr Einkaufsverhalten Fleisch aus einer tierwohlgerechteren Haltung fördern, stellen wir aber nur bedingt fest“, erklärte eine Sprecherin damals.
Auch die Sprecherin von Aldi Süd berichtete 2020 von der Beobachtung, dass die in Umfragen geäußerte Bereitschaft, mehr Geld für Fleisch aus einer tiergerechten Haltung auszugeben, weil einem das Wohl der Tiere am Herzen liegt, bei der tatsächlichen Kaufentscheidung nicht unbedingt zum Tragen kommt: „Wir bemerken, dass die Kunden in der Regel eher zu Fleisch von konventionell gehaltenen Tieren greifen.“
Auf die aktuelle Nachfrage erklärt Pressesprecherin Carolin Sunderhaus, dass sie zwar keine Auskunft über den prozentualen Anteil an Bio-artikeln im Fleisch- und Wurst-bereich geben könne. „Grundsätzlich erfreuen sich unsere Bioprodukte nach wie vor großer Beliebtheit“, so Sunderhaus. Im Corona-jahr 2020 habe der Discounter sein Angebot an ökologisch hergestellten Produkten deutlich ausgebaut. Insgesamt verzeichnet das Unternehmen für 2020 demnach ein Umsatzplus von über 20 Prozent im Bio-segment.