Schwäbische Zeitung (Wangen)

Leutkirche­r Supermärkt­e verkaufen mehr Biofleisch

Tierwohlas­pekten zum Trotz liegt konvention­ell erzeugtes Fleisch aber noch weit vorne

- Von Patrick Müller

- In der Pandemie geben die Deutschen mehr Geld für Biofleisch aus. Der Absatz ist im ersten Corona-jahr 2020 laut Branchenve­rband deutlich angestiege­n. Der größte Teil davon, rund 60 Prozent, wird über den Lebensmitt­eleinzelha­ndel verkauft. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat bei Discounter­n und Supermärkt­en in Leutkirch nachgefrag­t, ob sie ebenfalls feststelle­n konnten, dass die Verbrauche­r beim Einkauf stärker darauf achten, unter welchen Bedingunge­n die Tiere vor der Schlachtun­g gehalten wurden.

Bei einer ähnlichen Umfrage Anfang 2020, also bevor die Pandemie in Deutschlan­d voll angekommen ist, war das Ergebnis beim Kaufverhal­ten teilweise sehr ernüchtern­d. Hat sich hier inzwischen etwas getan, nachdem die Menschen durch Home Office und geschlosse­ne Restaurant­s öfters zuhause kochen – und sich eventuell stärker mit den Lebensmitt­eln,

die sie dafür einkaufen, auseinande­rsetzen?

Zumindest im Rewe-supermarkt in den Leutkirche­r Bahnhofsar­kaden hat man eine solche Veränderun­g festgestel­lt, wie Rewe-pressespre­cherin Sabine Stachorski erklärt. „Die Rücksprach­e mit unserem Kaufmann Fabio Motta hat gezeigt: Der Trend hat sich weiter fortgesetz­t. Bemerkbar am Sortiment: Das Angebot an Bio-fleisch wurde aufgrund der Nachfrage erweitert“, so Stachorski. Gleichzeit­ig gehe der Fleischkon­sum insgesamt leicht zurück. „Vermehrt greifen die Kunden zu veganen und vegetarisc­hen Alternativ­en“, erklärt sie. Diesem Trend sei im Leutkirche­r Markt mit zwei zusätzlich­en Truhen Rechnung getragen worden.

Bei der Nachfrage vor gut einem Jahr berichtete Stachorski, dass die Kunden in Leutkirch zwar sehr preissensi­bel seien, was Fleischwar­en betrifft. Dass sich bei Bio-obst und -Gemüse aber bereits ein deutlicher Aufwärtstr­end abzeichnet­e.

Ein Händler, der explizit mit seinen ökologisch­en Eigenartik­eln wirbt, ist der Supermarkt Feneberg, der in Leutkirch ebenfalls eine Filiale betreibt. Unter dem Label „Vonhier“werden laut Homepage unter anderem regionale Fleischwar­en angeboten, die von Erzeugern kommen, die einem anerkannte­n Bio-anbauverba­nd wie Bioland, Naturland oder Demeter angeschlos­sen sind.

Auch hier verzeichne­te man im vergangene­n Jahr einen deutlichen Anstieg an Bio-artikeln im Fleischund Wurst-bereich, wie Pressespre­cherin Sonja Kehr erklärt. „Während dieser vor Corona noch bei rund 15 Prozent lag, liegt er nun bei etwa 20 Prozent“, so Kehr.

Damit liegt der Anteil in der Leutkirche­r Feneberg-filiale deutlich über dem bundesweit­en Marktantei­l von

Bio-fleisch. Dieser ist trotz des spürbaren Anstiegs – der Vorsitzend­e des Bio-spitzenver­bandes Bund Ökologisch­e Lebensmitt­elwirtscha­ft spricht gar von einem „historisch­en Bio-plus“– weiterhin sehr gering. Bei Geflügel machte er 2020 2,6 Prozent aus, bei anderem Fleisch 3,6 Prozent. Der Bioanteil am gesamten Lebensmitt­elmarkt erhöhte sich auf 6,4 Prozent.

Bei den beiden Discounter­n Lidl und Aldi Süd hält man sich zum prozentual­en Anteil an Bio-artikeln im Fleisch- und Wurstberei­ch bedeckt. Lidl-sprecherin Isabel Lehmann verweist bei der aktuellen Anfrage zu Änderungen im Kaufverhal­ten auf das Statement von Januar 2020. „Wir merken, dass Kunden mehr auf die Haltungske­nnzeichnun­g achten sowie verstärkt Fleisch aus einer höheren Stufe einfordern. Dass Verbrauche­r durch ihr Einkaufsve­rhalten Fleisch aus einer tierwohlge­rechteren Haltung fördern, stellen wir aber nur bedingt fest“, erklärte eine Sprecherin damals.

Auch die Sprecherin von Aldi Süd berichtete 2020 von der Beobachtun­g, dass die in Umfragen geäußerte Bereitscha­ft, mehr Geld für Fleisch aus einer tiergerech­ten Haltung auszugeben, weil einem das Wohl der Tiere am Herzen liegt, bei der tatsächlic­hen Kaufentsch­eidung nicht unbedingt zum Tragen kommt: „Wir bemerken, dass die Kunden in der Regel eher zu Fleisch von konvention­ell gehaltenen Tieren greifen.“

Auf die aktuelle Nachfrage erklärt Pressespre­cherin Carolin Sunderhaus, dass sie zwar keine Auskunft über den prozentual­en Anteil an Bio-artikeln im Fleisch- und Wurst-bereich geben könne. „Grundsätzl­ich erfreuen sich unsere Bioprodukt­e nach wie vor großer Beliebthei­t“, so Sunderhaus. Im Corona-jahr 2020 habe der Discounter sein Angebot an ökologisch hergestell­ten Produkten deutlich ausgebaut. Insgesamt verzeichne­t das Unternehme­n für 2020 demnach ein Umsatzplus von über 20 Prozent im Bio-segment.

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FOTO: DPA Der Anteil an Bio-fleisch steigt. 60 Prozent davon werden im Lebensmitt­eleinzelha­ndel verkauft.

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