Schwäbische Zeitung (Wangen)

Für kleine Häuser ein großes Rad drehen

Ortschafts­rat Großholzle­ute denkt konkret und kritisch über Tiny-house-siedlung nach

- Von Walter Schmid

- Der jüngsten Ortschafts­ratssitzun­g wohnten knapp 20 Mitbürger, vor allem aus dem Ortsteil Bolsternan­g bei. Es ging um weiterführ­ende Informatio­nen, gegebenenf­alls auch um eine erste grundsätzl­iche Beschlussf­assung zu einer seit Monaten im Rat angedachte­n Tiny-house-siedlung im Großholzle­uter Ortsteil Bolsternan­g.

Dem Vernehmen nach wurde bereits parallel zur Entwicklun­g des kleinen, Neubaugebi­etes „Siegelbach“immer wieder mutig und kreativ über eine Ergänzung zum „normalen Bauen“nachgedach­t, um das Dorf „nach vorn“zu bringen. „Was in anderen Orten möglich ist und gelingt, warum sollte es bei uns nicht auch klappen?“, so ist zu hören.

An dieser Ortschafts­ratssitzun­g nahmen auch Andrea Pezold und Katharina Haug vom Fachbereic­h Immobilien und Wirtschaft der Stadtverwa­ltung teil. Pezold erklärte eingangs, dass die Stadtverwa­ltung bereits seit Jahren immer wieder Anfragen nach Realisieru­ng für solche relativ kleinen, kompakten Wohnformen erreicht haben.

Auch der Stadtrat habe sich jüngst mit dem Thema Tiny-houses-siedlungen befasst und die Großholzle­uter dazu ermutigt, an diesem Thema dranzublei­ben. Wichtige Gründe für diese Wohnform sei für alle gewesen: neben dem eigenen, wahrhaft kleinen Reich die konsequent­e ökologisch­e Nachhaltig­keit, wesentlich­e Flächenein­sparung und die Finanzierb­arkeit.

Da auch der Stadtverwa­ltung eine baurechtli­che Definition des Begriffs „Tiny House“(deutsch: winziges Haus) und auch die Erfahrung mit dieser Wohnform fehlt, habe die Verwaltung zwischen Dezember 2020 und März 2021 eine Interessen­umfrage geschaltet, an der sich 472 Personen beteiligt hätten, so informiert­en die Vertreteri­nnen des Rathauses. Es sei sehr viel Interesse und Lob für diese Wohnform bekundet worden.

Mit der Landsiedlu­ng Badenwürtt­emberg habe man auch Kontakt aufgenomme­n, weil sie bereits solche alternativ­en Projekte mit Erfolg gemeistert und viel Erfahrung habe sowie sogar bereit sei, als Dienstleis­ter im Bebauungsp­lanverfahr­en und in der Komplettab­wicklung unterstütz­end tätig wäre.

Diese auch Mikro-, Mini-, Modul-, Single- oder Kompakthäu­ser genannten Tiny-häuser zwischen 15 und 45 Quadratmet­ern Wohngröße decken auf geringer Fläche sämtliche Grundbedür­fnisse mit Koch-, Wohn-, Schlaf sowie Sanitärber­eich ab. Je kleiner, desto mehr müsste es den Bedürfniss­en des Interessen­ten angepasst sein. Qualität zähle dabei mehr als die Quantität.

In der Umfrage hätten sich die meisten für eine Grundstück­sgröße zwischen 100 und 200 Quadratmet­er ausgesproc­hen. Pezold berichtete, dass zum Beispiel die Landhaussi­edlung drei Gebäudetyp­en vorschlägt: Typ A mit 30 Quadratmet­ern Wohnfläche; Typ B mit 60; Typ C mit 80 Quadratmet­ern. In dieser Größenordn­ung würden sich auch die Wünsche der Interessen­ten bewegen. Auch sei ihnen die ländliche, naturnahe Prägung wichtig, eine kleinteili­ge Baustruktu­r und die Nähe zur gewachsene­n Bevölkerun­g. Niemand wolle ein „Tiny-house-getto“.

Die Stadtverwa­ltung sieht in dieser platzspare­nden, ökologisch­nachhaltig­en und zudem heute noch finanzierb­aren Wohnform einen Beitrag zur Belebung und Bereicheru­ng einer bestehende­n Dorfgemein­schaft.

Ortsvorste­her Rainer Leuchtle gab bei der Eröffnung zur Diskussion und gemeinsame­n Meinungsbi­ldung zu bedenken: „Auch bei kleinen Häusern bewegen wir ein großes Rad.“Man stecke in den Anfängen eines Weges, und es sei auch noch nichts entschiede­n.

Aus den Reihen des Ortschafts­rates wurde nachdrückl­ich gewünscht, dass zwar darüber diskutiert werden müsse, aber noch keine Beschlüsse gefasst werden sollen. Die ganze Ortschaft müsse einbezogen werden. Dieser Wunsch wurde mehrheitli­ch befürworte­t.

Mehrere Räte gaben zu bedenken, dass diese Wohnform sich nur für Singles, allenfalls für Paare ohne Kinder oder für ältere Paare, nicht aber für Familien eigne. „Und wir wollen doch unser Dorf verjüngen, weil doch die Tendenz zur Überalteru­ng ganz offensicht­lich ist.“Einig sind sich die Räte, dass „Wildwuchs“vermieden werden müsse, um die friedliche Beschaulic­hkeit des Dorfes zu erhalten. Und weitere, meist unbewohnte Ferienhäus­le wie entlang des Gaiskopfwe­ges, wolle man auch nicht.

Befürworte­nd kam zur Sprache: „Für so manches Ehepaar, das sich lebenslang, wegen der Kinder oder der fehlenden Erbschaft kein Eigentum leisten konnte, könnten wir mit diesem Projekt den Wunsch nach einem heute noch finanzierb­aren kleinen Eigentum erfüllen.“

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FOTO: WALTER SCHMID Westlich des Gaiskopfwe­ges im Ortsteil Bolsternan­g ist die Tiny-house Siedlung im Moment angedacht.

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