Für kleine Häuser ein großes Rad drehen
Ortschaftsrat Großholzleute denkt konkret und kritisch über Tiny-house-siedlung nach
- Der jüngsten Ortschaftsratssitzung wohnten knapp 20 Mitbürger, vor allem aus dem Ortsteil Bolsternang bei. Es ging um weiterführende Informationen, gegebenenfalls auch um eine erste grundsätzliche Beschlussfassung zu einer seit Monaten im Rat angedachten Tiny-house-siedlung im Großholzleuter Ortsteil Bolsternang.
Dem Vernehmen nach wurde bereits parallel zur Entwicklung des kleinen, Neubaugebietes „Siegelbach“immer wieder mutig und kreativ über eine Ergänzung zum „normalen Bauen“nachgedacht, um das Dorf „nach vorn“zu bringen. „Was in anderen Orten möglich ist und gelingt, warum sollte es bei uns nicht auch klappen?“, so ist zu hören.
An dieser Ortschaftsratssitzung nahmen auch Andrea Pezold und Katharina Haug vom Fachbereich Immobilien und Wirtschaft der Stadtverwaltung teil. Pezold erklärte eingangs, dass die Stadtverwaltung bereits seit Jahren immer wieder Anfragen nach Realisierung für solche relativ kleinen, kompakten Wohnformen erreicht haben.
Auch der Stadtrat habe sich jüngst mit dem Thema Tiny-houses-siedlungen befasst und die Großholzleuter dazu ermutigt, an diesem Thema dranzubleiben. Wichtige Gründe für diese Wohnform sei für alle gewesen: neben dem eigenen, wahrhaft kleinen Reich die konsequente ökologische Nachhaltigkeit, wesentliche Flächeneinsparung und die Finanzierbarkeit.
Da auch der Stadtverwaltung eine baurechtliche Definition des Begriffs „Tiny House“(deutsch: winziges Haus) und auch die Erfahrung mit dieser Wohnform fehlt, habe die Verwaltung zwischen Dezember 2020 und März 2021 eine Interessenumfrage geschaltet, an der sich 472 Personen beteiligt hätten, so informierten die Vertreterinnen des Rathauses. Es sei sehr viel Interesse und Lob für diese Wohnform bekundet worden.
Mit der Landsiedlung Badenwürttemberg habe man auch Kontakt aufgenommen, weil sie bereits solche alternativen Projekte mit Erfolg gemeistert und viel Erfahrung habe sowie sogar bereit sei, als Dienstleister im Bebauungsplanverfahren und in der Komplettabwicklung unterstützend tätig wäre.
Diese auch Mikro-, Mini-, Modul-, Single- oder Kompakthäuser genannten Tiny-häuser zwischen 15 und 45 Quadratmetern Wohngröße decken auf geringer Fläche sämtliche Grundbedürfnisse mit Koch-, Wohn-, Schlaf sowie Sanitärbereich ab. Je kleiner, desto mehr müsste es den Bedürfnissen des Interessenten angepasst sein. Qualität zähle dabei mehr als die Quantität.
In der Umfrage hätten sich die meisten für eine Grundstücksgröße zwischen 100 und 200 Quadratmeter ausgesprochen. Pezold berichtete, dass zum Beispiel die Landhaussiedlung drei Gebäudetypen vorschlägt: Typ A mit 30 Quadratmetern Wohnfläche; Typ B mit 60; Typ C mit 80 Quadratmetern. In dieser Größenordnung würden sich auch die Wünsche der Interessenten bewegen. Auch sei ihnen die ländliche, naturnahe Prägung wichtig, eine kleinteilige Baustruktur und die Nähe zur gewachsenen Bevölkerung. Niemand wolle ein „Tiny-house-getto“.
Die Stadtverwaltung sieht in dieser platzsparenden, ökologischnachhaltigen und zudem heute noch finanzierbaren Wohnform einen Beitrag zur Belebung und Bereicherung einer bestehenden Dorfgemeinschaft.
Ortsvorsteher Rainer Leuchtle gab bei der Eröffnung zur Diskussion und gemeinsamen Meinungsbildung zu bedenken: „Auch bei kleinen Häusern bewegen wir ein großes Rad.“Man stecke in den Anfängen eines Weges, und es sei auch noch nichts entschieden.
Aus den Reihen des Ortschaftsrates wurde nachdrücklich gewünscht, dass zwar darüber diskutiert werden müsse, aber noch keine Beschlüsse gefasst werden sollen. Die ganze Ortschaft müsse einbezogen werden. Dieser Wunsch wurde mehrheitlich befürwortet.
Mehrere Räte gaben zu bedenken, dass diese Wohnform sich nur für Singles, allenfalls für Paare ohne Kinder oder für ältere Paare, nicht aber für Familien eigne. „Und wir wollen doch unser Dorf verjüngen, weil doch die Tendenz zur Überalterung ganz offensichtlich ist.“Einig sind sich die Räte, dass „Wildwuchs“vermieden werden müsse, um die friedliche Beschaulichkeit des Dorfes zu erhalten. Und weitere, meist unbewohnte Ferienhäusle wie entlang des Gaiskopfweges, wolle man auch nicht.
Befürwortend kam zur Sprache: „Für so manches Ehepaar, das sich lebenslang, wegen der Kinder oder der fehlenden Erbschaft kein Eigentum leisten konnte, könnten wir mit diesem Projekt den Wunsch nach einem heute noch finanzierbaren kleinen Eigentum erfüllen.“