Jetzt gibt’s Impfungen vor den Clubs
Kreis lässt sich etwas einfallen zur Erhöhung der Impfquote
- Eigentlich hätte das Kreisimpfzentrum in der Ravensburger Oberschwabenhalle schon zum 30. Juni aufgegeben werden sollen. Doch noch immer wird dort auf Hochtouren geimpft. Jetzt hat der Kreistag bei seiner Sitzung am Dienstagnachmittag im Bauernhausmuseum in Wolfegg beschlossen, das Impfzentrum weiter zu betreiben. Erstmal bis 15. August. Das Land hat bereits angekündigt, das Zentrum bis 30. September zu benötigen. Außerdem gibt es jetzt nach einem ersten offenen Impftag erweiterte Impfangebote ohne Terminvereinbarung und für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren – und mobile Impfteams sollen für Impfungen auch ins Ravensburger Nachtleben eintauchen.
Den Kontrast hätte man nicht deutlicher wählen können: Wären die Zuhörer der Kreistagssitzung nicht mit Maske in der Zehntscheuer Gessenried im Bauernhausmuseum gesessen, hätte man fast vergessen, dass es derzeit noch eine Pandemie gibt. Die Kreisräte saßen nach der 3G-regel (getestet, genesen oder geimpft) nach Abstimmung der Fraktionsvorsitzenden bei der Präsenzsitzung ohne Maske und Abstand an Zweiertischen und berieten über die Zukunft des Impfzentrums.
Letztlich fiel der Beschluss einstimmig aus: Das Impfzentrum in Ravensburg wird mindestens bis Mitte August und womöglich sogar bis Ende September bestehen bleiben. Dennoch gab es im Vorfeld kritische Fragen zur Auslastung des Impfzentrums, ob man überhaupt noch ein Impfzentrum brauche und ob man nicht überlegen könne, dezentrale Impfstandorte aufzumachen, wie es Wangens Oberbürgermeister Michael Lang (Freie Wähler) und Daniel Gallasch (FDP) anmerkten.
Die Zahlen, die der Erste Landesbeamte Andreas Honikel-günther präsentierte, ließen das Gremium staunen. Er berichtete von einer Auslastung von 95 Prozent des Impfzentrums in den sechs zurückliegenden Wochen. Teilweise war es sogar mit 105 Prozent über Kapazität ausgelastet. Jedoch sei trotzdem festzustellen gewesen, dass die Nachfrage nach Impfstoff zurückgegangen sei. „Wir sehen darin drei Gründe. Erstens spielt eine Rolle, dass die Inzidenzen nach unten gegangen sind. Zweitens sehen viele die Dringlichkeit nicht mehr so hoch, und drittens sind jetzt die Impfwilligen erreicht“, sagte Honikel-günther. Mittlerweile gebe es ausreichend Dosen.
So habe man sich bemüht, über die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer und die Sportvereine Kontakt aufzunehmen,
„damit die Infos unters Volk kommen“. Und man versuche jetzt, neue Wege zu gehen, um möglichst viele Menschen zum Impfen zu bewegen.
Als Beispiel nannte Honikelgünther den freien Impftag vom vergangenen Wochenende. So konnte man ohne Termin zum Impfen kommen. „Wir verzeichneten einen Rekordtag mit 950 Impfungen. Die Ersten standen schon um 5.30 Uhr morgens an und die Schlange reichte bis zur Eissporthalle“, berichtete er dem Gremium. So wolle man auch künftig mehr dieser freien Impftage anbieten. Jeden Sonntag können sich ab sofort ganztägig Interessierte ohne vorherige Terminvereinbarung von 7 bis 20.30 Uhr impfen lassen. Darüber hinaus
„Die Ersten standen schon um 5.30 Uhr morgens an und die Schlange reichte bis zur Eissporthalle.“
sind Impfungen ohne Termin auch Montag bis Freitag von 16 bis 20.30 Uhr möglich.
Erstmals habe man am Welfenfest ein mobiles Impfteam im Einsatz gehabt, das den Impfstoff von Johnson & Johnson verabreichte. Das soll es künftig auch bei den Ravensburger Clubs geben, die am Modellprojekt teilnehmen. „Wir werden bei den Clubs am Wochenende mit mobilen Impfteams vor Ort sein“, so Honikel-günther. Die Frage, wie sinnvoll eine Impfung im Nachtleben ist, wo gleichzeitig Alkohol getrunken wird, wurde in der Sitzung nicht thematisiert. Doch Alkohol hat nach Ansicht der Frankfurter Virologin Sandra Ciesek keinen großen Einfluss auf den Immunschutz. Allerdings
Andreas Honikel-günther
sei es nicht ratsam, rund um einen Impftermin viel Alkohol zu trinken. „Große Mengen Alkohol sind schließlich Gift für den Körper. Und wenn der Körper nach einer Impfung mit der Immunabwehr beschäftigt ist, sollte man ihn nicht auch noch mit Giftstoffen belasten“, so Ciesek in einem Ndr-podcast. Außerdem können sich im Kreis Ravensburg seit Montag auch Kinder und Jugendliche von 12 bis 18 Jahren im Kreisimpfzentrum impfen lassen – immer von Montag bis Freitag von 14 bis 20.30 Uhr. Personen unter 16 Jahre müssen allerdings in Begleitung eines Erziehungsberechtigten sein. Für das Kreisimpfzentrum fallen monatliche Kosten in Höhe von 535 000 Euro an, die der Landkreis vorfinanzieren und in den Haushalt einplanen muss. „Wir bleiben aber im Kostenrahmen des Landes und es ist verbrieft, dass das Land die Kosten auch übernehmen wird“, so Honikel-günther.