Schwäbische Zeitung (Wangen)

Jetzt gibt’s Impfungen vor den Clubs

Kreis lässt sich etwas einfallen zur Erhöhung der Impfquote

- Von Philipp Richter

- Eigentlich hätte das Kreisimpfz­entrum in der Ravensburg­er Oberschwab­enhalle schon zum 30. Juni aufgegeben werden sollen. Doch noch immer wird dort auf Hochtouren geimpft. Jetzt hat der Kreistag bei seiner Sitzung am Dienstagna­chmittag im Bauernhaus­museum in Wolfegg beschlosse­n, das Impfzentru­m weiter zu betreiben. Erstmal bis 15. August. Das Land hat bereits angekündig­t, das Zentrum bis 30. September zu benötigen. Außerdem gibt es jetzt nach einem ersten offenen Impftag erweiterte Impfangebo­te ohne Terminvere­inbarung und für Kinder und Jugendlich­e ab zwölf Jahren – und mobile Impfteams sollen für Impfungen auch ins Ravensburg­er Nachtleben eintauchen.

Den Kontrast hätte man nicht deutlicher wählen können: Wären die Zuhörer der Kreistagss­itzung nicht mit Maske in der Zehntscheu­er Gessenried im Bauernhaus­museum gesessen, hätte man fast vergessen, dass es derzeit noch eine Pandemie gibt. Die Kreisräte saßen nach der 3G-regel (getestet, genesen oder geimpft) nach Abstimmung der Fraktionsv­orsitzende­n bei der Präsenzsit­zung ohne Maske und Abstand an Zweiertisc­hen und berieten über die Zukunft des Impfzentru­ms.

Letztlich fiel der Beschluss einstimmig aus: Das Impfzentru­m in Ravensburg wird mindestens bis Mitte August und womöglich sogar bis Ende September bestehen bleiben. Dennoch gab es im Vorfeld kritische Fragen zur Auslastung des Impfzentru­ms, ob man überhaupt noch ein Impfzentru­m brauche und ob man nicht überlegen könne, dezentrale Impfstando­rte aufzumache­n, wie es Wangens Oberbürger­meister Michael Lang (Freie Wähler) und Daniel Gallasch (FDP) anmerkten.

Die Zahlen, die der Erste Landesbeam­te Andreas Honikel-günther präsentier­te, ließen das Gremium staunen. Er berichtete von einer Auslastung von 95 Prozent des Impfzentru­ms in den sechs zurücklieg­enden Wochen. Teilweise war es sogar mit 105 Prozent über Kapazität ausgelaste­t. Jedoch sei trotzdem festzustel­len gewesen, dass die Nachfrage nach Impfstoff zurückgega­ngen sei. „Wir sehen darin drei Gründe. Erstens spielt eine Rolle, dass die Inzidenzen nach unten gegangen sind. Zweitens sehen viele die Dringlichk­eit nicht mehr so hoch, und drittens sind jetzt die Impfwillig­en erreicht“, sagte Honikel-günther. Mittlerwei­le gebe es ausreichen­d Dosen.

So habe man sich bemüht, über die Industrie- und Handelskam­mer, die Handwerksk­ammer und die Sportverei­ne Kontakt aufzunehme­n,

„damit die Infos unters Volk kommen“. Und man versuche jetzt, neue Wege zu gehen, um möglichst viele Menschen zum Impfen zu bewegen.

Als Beispiel nannte Honikelgün­ther den freien Impftag vom vergangene­n Wochenende. So konnte man ohne Termin zum Impfen kommen. „Wir verzeichne­ten einen Rekordtag mit 950 Impfungen. Die Ersten standen schon um 5.30 Uhr morgens an und die Schlange reichte bis zur Eissportha­lle“, berichtete er dem Gremium. So wolle man auch künftig mehr dieser freien Impftage anbieten. Jeden Sonntag können sich ab sofort ganztägig Interessie­rte ohne vorherige Terminvere­inbarung von 7 bis 20.30 Uhr impfen lassen. Darüber hinaus

„Die Ersten standen schon um 5.30 Uhr morgens an und die Schlange reichte bis zur Eissportha­lle.“

sind Impfungen ohne Termin auch Montag bis Freitag von 16 bis 20.30 Uhr möglich.

Erstmals habe man am Welfenfest ein mobiles Impfteam im Einsatz gehabt, das den Impfstoff von Johnson & Johnson verabreich­te. Das soll es künftig auch bei den Ravensburg­er Clubs geben, die am Modellproj­ekt teilnehmen. „Wir werden bei den Clubs am Wochenende mit mobilen Impfteams vor Ort sein“, so Honikel-günther. Die Frage, wie sinnvoll eine Impfung im Nachtleben ist, wo gleichzeit­ig Alkohol getrunken wird, wurde in der Sitzung nicht thematisie­rt. Doch Alkohol hat nach Ansicht der Frankfurte­r Virologin Sandra Ciesek keinen großen Einfluss auf den Immunschut­z. Allerdings

Andreas Honikel-günther

sei es nicht ratsam, rund um einen Impftermin viel Alkohol zu trinken. „Große Mengen Alkohol sind schließlic­h Gift für den Körper. Und wenn der Körper nach einer Impfung mit der Immunabweh­r beschäftig­t ist, sollte man ihn nicht auch noch mit Giftstoffe­n belasten“, so Ciesek in einem Ndr-podcast. Außerdem können sich im Kreis Ravensburg seit Montag auch Kinder und Jugendlich­e von 12 bis 18 Jahren im Kreisimpfz­entrum impfen lassen – immer von Montag bis Freitag von 14 bis 20.30 Uhr. Personen unter 16 Jahre müssen allerdings in Begleitung eines Erziehungs­berechtigt­en sein. Für das Kreisimpfz­entrum fallen monatliche Kosten in Höhe von 535 000 Euro an, die der Landkreis vorfinanzi­eren und in den Haushalt einplanen muss. „Wir bleiben aber im Kostenrahm­en des Landes und es ist verbrieft, dass das Land die Kosten auch übernehmen wird“, so Honikel-günther.

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE Das Kreisimpfz­entrum bietet jetzt Impftermin­e ohne Reservieru­ngen an. Auch Kinder und Jugendlich­e können sich jetzt dort impfen lassen.

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