Videobeweis für alle
Das sagen die Vereine und Schiedsrichter aus der Region zu den Plänen der FIFA
- Die FIFA möchte den Videobeweis auch im Amateurfußball einführen. Das hat der Fußball-weltverband zuletzt verkündet: So werde aktuell an der Entwicklung eines sogenannten „VAR light“gearbeitet. Ziel des Projekts sei es, eine erschwingliche Variante des Videobeweises bereitzustellen – um ihn dann in möglichst allen Spielklassen weltweit und damit auf allen Stufen des Fußballs zum Einsatz zu bringen.
Von der Fifa-arbeitsgruppe für Innovationen seien schon variable Kostenfaktoren ermittelt worden, daneben wurde auch über Qualitätseinbußen, Mindestanforderungen für eine solche Technologie und eine halbautomatische Überprüfung von Abseitsstellungen gesprochen. „Gestützt auf die Gespräche sowie die Forschungs- und Testergebnisse wird der FIFA und dem International Football Association Board (IFAB) nun eine Empfehlung zu den nächsten Schritten zur Umsetzung des „VAR light“-konzepts im Fußball vorgelegt“, heißt es in der Mitteilung der FIFA.
Pläne, die in der Region mit Skepsis betrachtet werden. „Dafür fehlt mir die Vorstellungskraft“, sagt
langjähriger und in diesem Jahr ausgeschiedener Schiedsrichterobmann der Schiedsrichtergruppe Ravensburg. Und obwohl der Videobeweis den Unparteiischen die Spielleitung erleichtern soll, äußert er sich teilweise kritisch. „Ich glaube nicht, dass es Bezirksliga abwärts funktionieren kann und habe da Bedenken“, meint Hübner. „Die Diskussionen würden zunehmen, das Umfeld im Amateurfußball ist noch einmal ein anderes.“Eine Meinung, die sich auch aus seinen Beobachtungen des Profifußballs ergibt. Dort würde der Videobeweis zwar zu mehr Gerechtigkeit führen, doch selbst bei den Topschiedsrichtern gebe es noch eine kleine Fehlerquote. Wie soll da ein weniger gut ausgebildeter Spielleiter die Umsetzung eines „VAR light“beherrschen? „Da tue ich mich echt schwer. Es gibt auch einige Schiedsrichter, die kaum Schulungen besuchen“, so Hübner. Er appelliert in diesem Zusammenhang, die Unparteiischen im Amateurfußball nicht zu überfordern. „Es gibt ständig Regeländerungen, Aufgaben wie das Ausfüllen des Spielberichts – wir müssen aufpassen, dass es nicht zu viel wird. Ich war froh, wenn ich
Hübner, Ralf
alle Spielklassen besetzen konnte“; sagt der ausgeschiedene Schiedsrichterobmann.
Hübner sagt aber auch, dass der „VAR light“bis zur Landesliga funktionieren könne. „Das sind Klassen, in denen drei Schiedsrichter unterwegs sind. Da ist der Videobeweis eine Hilfestellung.“Zum Beispiel also auch in der Liga des SV Kehlen. Der Club aus dem Bodenseekreis spielt in der Landesliga, der Sportliche Leiter des SVK hält die Pläne der FIFA aber für zu ambitioniert. „Das ist unrealistisch“, meint Thomas Büchelmaier.
Aber er werde die Thematik mit Interesse verfolgen. „Es ist auf jeden Fall spannend. Heute ist es schwer vorstellbar, aber was in der Zukunft ist, weiß man nie.“
Manager des Oberligisten FV Ravensburg, spricht sich gegen das Projekt der FIFA aus. „Grundsätzlich halte ich sehr viel von technischen Hilfsmitteln, wir setzen sie in Spielanalyse und Trainingsarbeit ein. Aber einen Videobeweis im Amateurbereich halte ich nicht für sinnvoll.“Heißt: Für ihn sei
Fabian Hummel,
der Videobeweis neben der Bundesliga und der zweiten Bundesliga noch in der 3. Liga und möglicherweise in der Regionalliga denkbar. „Aber in allen Ligen auf Verbandsebene sollte man ihn nicht einführen.“Das begründet er vor allem mit dem Kosten-nutzen-faktor. Zudem lebe der Amateurfußball mehr von Emotionen. „Wir würden uns vom echten Fußball entfernen. Man muss mit den Fehlentscheidungen des Schiedsrichters klarkommen.“
Deutlich empfänglicher für den Videobeweis im Amateurfußball zeigt sich Trainer des Verbandsligisten TSV Berg. „Ich finde es immer super, wenn du den Amateur- zum Profifußball anpassen kannst. Und wenn es eine einfache Sache ist: Warum nicht? Als ambitionierter Verein bist du für alles, was Klarheit und Gerechtigkeit bringt.“Er glaubt auch, dass es den Schiedsrichtern bei der Spielleitung helfen würde. „Es ist doch ganz gut, wenn du das noch vor Ort regeln kannst“, sagt Ofentausek. Der Tsvcoach kann sich auch die technische
Oliver Ofentausek,
Umsetzung vorstellen. „Sicher, es wird nicht einfach. Aber wir haben in unserer Menschheit und Gesellschaft so viele schlaue Köpfe und die Technik ist schnelllebig.“
Sollte es zu einer Einführung kommen, dann würde Ofentausek jedoch eine Begrenzung in Form eines Challenge-systems befürworten – sodass es nicht zu allzu vielen Spielunterbrechungen kommt. Damit liegt er mit Trainer des Berger Ligakonkurrenten FC Wangen, auf einer Wellenlänge. „Es sollte nur zwei, drei Situationen geben, die man sich anschaut“, so Wegmann. „Und man sollte auch nicht jede Abseitsentscheidung überprüfen, das wäre überzogen. Da geht es manchmal um Millimeter.“Generell ist er offen für die Pläne der FIFA, nur die Umsetzung ist für ihn eben entscheidend. Letztlich wäre Wegmann aber auch nicht traurig, wenn es ohne Videobeweis im Amateurfußball weitergeht. „Ich hatte nie das Gefühl: ,Ein Videobeweis wäre jetzt ganz gut.’ Unsere Schiedsrichter liegen recht gut.“
Uwe Wegmann,
Ähnlich wie Wegmann äußert sich Fußball-abteilungsleiter beim Bezirksligisten TSV Ratzenried. Er lehnt den Videobeweis nicht partout ab, knüpft seine Meinung aber an die Umsetzung. „Man muss mit der Zeit gehen, es macht schon fortschrittlicher und wenn es einfach ist, bin ich dafür. Ist es mit mehr Aufwand verbunden, habe ich Sorge.“
Für dem zweiten Vorsitzenden des Kreisligisten Spielvereinigung Lindau, ist dagegen ein anderer Punkt wichtig. „Es wäre nicht gut, wenn der Schiri es selbst bedienen muss. Das wäre zu kompliziert, dann lass es lieber“, betont er. Zudem müsste die Kostenfrage über die Verbände geregelt sein. „Die Amateurvereine haben kein Budget dafür.“Ansonsten ist Dlugosch aber ein Befürworter der Pläne der FIFA. „Ich denke, es könnte helfen, wenn es ein ausgeklügeltes System ist und ich denke, es würde für mehr Akzeptanz sorgen“; so Dlugosch, der abschließend festhält: „Es wäre es wert, zu testen.“
Rolf Mösch, Marian Dlugosch,