Ein Wink mit dem Zaunpfahl
Die neueste Umfrage im Auftrag aller Regionalzeitungen in Baden-württemberg macht deutlich, wie das Land tickt. Die Ergebnisse lesen sich wie eine Bestandsaufnahme, aber auch wie ein Forderungskatalog für die kommenden Jahre. Trotz schwieriger Finanzlage erwarten die Bürgerinnen und Bürger konkret eine aktive Wohnungsbaupolitik und konsequenten Umweltschutz. Die Bekämpfung von Corona bleibt wichtig, rückt aber etwas in den Hintergrund. Ideologie ist im Südwesten nicht gefragt, vielmehr die pragmatische Problemlösung.
Knapp drei Monate nach der Bildung der neuen grün-schwarzen Regierung wird deutlich, dass die Wählersympathien nicht so deutlich verteilt sind, wie es sich die Landesregierung wünscht: Nur knapp ein Drittel der Befragten findet Grünschwarz gut. Die Mehrheit hätte gerne eine Regierung ohne CDU, oder ihr ist es schlichtweg egal. Mit anderen Worten: Wird die vielfach versprochene Digitalisierung der Schulen nicht endlich zügig angepackt, wird flächendeckend kein schnelles Internet angeboten, dann kann sich die Stimmung schnell ändern.
Diese Regierung hat keinen Freifahrtschein für die Zukunft. Ministerpräsident Winfried Kretschmann überstrahlt seine im Land recht unbekannten Minister in einem Maße, dass es für die Ressortverantwortlichen schnell schwierig werden könnte. Zugegeben: Landespolitik ist bei vielen Menschen nicht zwingend das Erste am Morgen, an das sie denken. Aber dass die Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-kraut (CDU) nur etwa 21 Prozent kennen und dass 75 Prozent der Befragten Gleichgültigkeit signalisieren, wenn es um Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) geht, ist ein schlechtes Zeichen für die Stuttgarter Politik.
Jetzt kommt die Bundestagswahl und die Augen richten sich gen Berlin. Aber spätestens danach muss die Landesregierung Akzente setzen. Für die SPD und die FDP ist die Befragung ein Wink mit dem Zaunpfahl. So schlecht ist ihre Lage nicht, um die dritte Regierung Kretschmann unter Druck zu setzen.