Ungarn und Polen könnte es ans Geld gehen
EU kritisiert rechtsstaatliche Standards – Demnächst dürften erste Kürzungsverfahren beginnen
(dpa) - Länder wie Ungarn und Polen müssen nach der Veröffentlichung eines neuen Prüfberichts der Europäischen Kommission Verfahren zur Kürzung von Eu-geldern befürchten. In der jetzt vorgestellten Untersuchung zur Einhaltung rechtsstaatlicher Standards werden den beiden Staaten Defizite bei der Unabhängigkeit der Justiz und bei der Korruptionsbekämpfung attestiert.
Mit Blick auf Ungarn ist unter anderem von unzureichenden unabhängigen Kontrollmechanismen und einem mangelnden Vorgehen gegen Klientelismus und Vetternwirtschaft die Rede. Zu Polen heißt es, es gebe Risiken hinsichtlich der Wirksamkeit der Bekämpfung von Korruption auf hoher Ebene, einschließlich der Gefahr eines unzulässigen Einflusses auf die Strafverfolgung zu politischen Zwecken. „In einer Reihe von Mitgliedstaaten gibt es Anlass zu ernster Besorgnis“, erklärte die zuständige Vizepräsidentin der Kommission, Vera Jourova.
Relevant sind die Befunde, weil Staaten seit diesem Jahr bei bestimmten Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit Eu-gelder gekürzt werden können. Voraussetzung ist, dass wegen dieser Verstöße ein Missbrauch von Geldern aus dem Gemeinschaftshaushalt droht. In Ungarn und Polen könnte diese Voraussetzung dem Prüfbericht nach erfüllt sein, weil eine unzureichende Korruptionsbekämpfung das Risiko birgt, dass Eu-gelder veruntreut werden.
Aus der Eu-kommission hieß es am Dienstag, dass es für die Einleitung von Verfahren für Mittelkürzungen eine gesonderte Untersuchung brauche. Der jetzt vorgelegte Bericht zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in der EU könne aber eine Grundlage dafür sein. Nach früheren Angaben sollen die ersten Verfahren noch in diesem Herbst eingeleitet werden.
Aus dem regulären Eu-haushalt erhielt Polen zuletzt mehr als zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Zudem sind für das Land derzeit rund 23,9 Milliarden Euro an Corona-hilfen einkalkuliert. Ungarn bekam zuletzt rund sechs Milliarden Euro pro Jahr aus den Haushalt und kann eigentlich mit rund 7,2 Milliarden Euro an Corona-hilfen rechnen. Beide Länder wehren sich derzeit bereits mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das neue Eu-instrument für Mittelkürzungen.