Von fehlendem Mut und einem politisch klugen Schachzug
Birgitta Haug brachte es auf den Punkt: Bei der sachlichen, aber sehr konträren Gemeinderatsdebatte, eine autofreie Altstadt in diesem Sommer zu testen, rückte die Golvertreterin die Relationen zurecht: An vier Wochenenden im Jahr wäre die Altstadt für Fahrzeuge tabu gewesen, an den 48 anderen nicht. Und weil es den Gegnern offenbar vor allem um Öffnungszeiten ging, zeigt eine andere Zahl die vermutlich relative Bedeutungslosigkeit des Projekts auf die Einnahmelage der Händler: An rund 300 Werk- und Samstagen im Jahr sind die Altstadtgeschäfte mit dem Auto zu erreichen, an acht wären sie es nicht gewesen. Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass den Gemeinderat am Montagabend wahrlich der Mut verlassen hat, wie es Spd-fraktionschef Alwin Burth ausdrückte. Es ging doch nicht um ein ganzjähriges, komplettes Dichtmachen oder ein generelles Fahrverbot. Nein, es ging um vier Wochenenden – und das bloß als
Versuch. Sicher, das eine oder andere Gespräch im Vorfeld fehlte, und klar war auch nicht, wie der Test denn beurteilt werden sollte. Doch darauf hatte OB Michael Lang eine gute Antwort: Ihm ging es ums Gefühl. Das Gefühl, welche Atmosphäre eine autofreie Altstadt erzeugen könnte. Wangen kennt es nicht. Stichwort OB: Mancher mag dem Rathauschef angesichts seines (angenommenen) Vorschlags, den Test um ein Jahr zu verschieben, vorwerfen, es jedem zu sehr recht machen zu wollen.
Kann sein, aber sein Rückzieher war auch politisch klug. Denn hätte er den Versuch in die Abstimmung geschickt, hätte der keine Mehrheit gefunden und wäre damit tot gewesen. Nicht für dieses Jahr, sondern wohl auch fürs nächste Jahr. Mindestens. So aber besteht zumindest Hoffnung, dass es in den kommenden zwölf Monaten einen Sinneswandel geben könnte.
Die ist zwar nur leise, denn die Mauer der Gegner wirkt betonartig. Aber immerhin: Die Chance ist da.