Schwäbische Zeitung (Wangen)

Von fehlendem Mut und einem politisch klugen Schachzug

- Von Jan Peter Steppat

Birgitta Haug brachte es auf den Punkt: Bei der sachlichen, aber sehr konträren Gemeindera­tsdebatte, eine autofreie Altstadt in diesem Sommer zu testen, rückte die Golvertret­erin die Relationen zurecht: An vier Wochenende­n im Jahr wäre die Altstadt für Fahrzeuge tabu gewesen, an den 48 anderen nicht. Und weil es den Gegnern offenbar vor allem um Öffnungsze­iten ging, zeigt eine andere Zahl die vermutlich relative Bedeutungs­losigkeit des Projekts auf die Einnahmela­ge der Händler: An rund 300 Werk- und Samstagen im Jahr sind die Altstadtge­schäfte mit dem Auto zu erreichen, an acht wären sie es nicht gewesen. Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass den Gemeindera­t am Montagaben­d wahrlich der Mut verlassen hat, wie es Spd-fraktionsc­hef Alwin Burth ausdrückte. Es ging doch nicht um ein ganzjährig­es, komplettes Dichtmache­n oder ein generelles Fahrverbot. Nein, es ging um vier Wochenende­n – und das bloß als

Versuch. Sicher, das eine oder andere Gespräch im Vorfeld fehlte, und klar war auch nicht, wie der Test denn beurteilt werden sollte. Doch darauf hatte OB Michael Lang eine gute Antwort: Ihm ging es ums Gefühl. Das Gefühl, welche Atmosphäre eine autofreie Altstadt erzeugen könnte. Wangen kennt es nicht. Stichwort OB: Mancher mag dem Rathausche­f angesichts seines (angenommen­en) Vorschlags, den Test um ein Jahr zu verschiebe­n, vorwerfen, es jedem zu sehr recht machen zu wollen.

Kann sein, aber sein Rückzieher war auch politisch klug. Denn hätte er den Versuch in die Abstimmung geschickt, hätte der keine Mehrheit gefunden und wäre damit tot gewesen. Nicht für dieses Jahr, sondern wohl auch fürs nächste Jahr. Mindestens. So aber besteht zumindest Hoffnung, dass es in den kommenden zwölf Monaten einen Sinneswand­el geben könnte.

Die ist zwar nur leise, denn die Mauer der Gegner wirkt betonartig. Aber immerhin: Die Chance ist da.

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