Schloss Brochenzell hat ab August neuen Pächter
Ersin Güngör führt künftig die Gastronomie – Fokus liegt weiter auf schwäbischer Küche
- „Das Schloss liegt uns allen am Herzen“, mit diesem Bekenntnis hat Bürgermeisterin Elisabeth Kugel am Mittwochabend im Gemeinderat auf die neue Weichenstellung für die bekannte Gastronomie in Brochenzell hingewiesen – und auf „gute Aussichten“für deren Fortgang. Bereits ab 1. August ist dort mit Ersin Güngör ein neuer Pächter zuständig. Wenn sich die Türen in drei bis vier Wochen öffnen, soll der Fokus weiter auf der schwäbischen Küche liegen.
Notwendig wird der Wechsel, da die bisherige Pächterin um vorzeitige Auflösung des Vertrags mit der Gemeinde als Eigentümerin gebeten hat. Im Gespräch mit der SZ hatten Kaya Gwinn und Philipp Port die schwierigen Bedingungen der Corona-zeit als verantwortlich dafür bezeichnet, dass sie keine Perspektive mehr sahen.
Beide waren im September 2019 – vom „Frohsinn“in Wolketsweiler kommend – auf Michael Masuch gefolgt, der sich in den 19 Jahren zuvor als „Schloss“-wirt einen Namen gemacht hatte. Im Gemeinderat ist der Pächterwechsel einstimmig gebilligt worden. Damit geht einher, dass die bisherige Vereinbarung (datiert bis 31. August 2024) vorzeitig aufgelöst wird. „Ein Festhalten am Pachtvertrag (...) ist aus Sicht der Verwaltung nicht sinnvoll, zumal ein Betrieb der Gastronomie hierdurch nicht erzwungen werden könnte“, zitierte
Katja Staib (Hauptamt) im Gemeinderat aus der Sitzungsvorlage. Was unausgesprochen den Bezug dazu erstellt, dass das Schloss seit Ende November nicht mehr geöffnet hatte.
Der Vertrag mit Ersin Güngör soll an den bisherigen Pachtvertrag angelehnt sein, heißt es. Zwei Ziele verknüpft die Verwaltung damit: die baldige Wiedereröffnung der Gastronomie und zwar als Angebot mit vorwiegend deutscher Küche. „Die derzeitige Pächterin hat den Kontakt zu einem möglichen Folgepächter hergestellt, der dieses Ziel erfüllen könnte“, so Katja Staib. Eine gemeinsame Besichtigung der Gastronomie im Schloss habe bereits stattgefunden – was ebenso für einen zweiten Interessenten galt. Allerdings habe der „bis zum heutigen Datum“weder Bewerbung noch Konzept vorgelegt.
Daher war Ersin Güngör der einzige offizielle Bewerber. Den Sitzungsunterlagen beigefügt ist ein Konzept, in dem er sich und sein Team vorstellt sowie Beispiele dafür gibt, wie regionale schwäbische Küche aussehen könnte – nämlich „vielfältig und bunt“. Weiter heißt es darin: „Für unsere ausgezeichneten, regionalen Gerichte verwenden wir Zutaten aus unserer Region, aus kontrollierter Erzeugung und teilweise ausgezeichneten Qualitätszeichen Baden-württembergs. Wir sind für gesicherte Herkunft, artgerechte Tierhaltung, kurze schonende Transportwege und sorgfältige Verarbeitung.“Das sorge für frische und hohe Qualität und einen nachhaltigen Umgang mit der Kultur- und Naturlandschaft.
Auf Anfrage der SZ konkretisiert Ersin Güngör, dass es bis zum Start im Schloss wohl drei bis vier Wochen dauern dürfte – zumindest bis das gesamte Konzept greife. Zu dem gehört ein Ruhetag (vermutlich Montag) sowie die Überlegung, einen Mittagstisch anzubieten. Das Team rund um einen erfahrenen Koch sei startklar. Zu ihm gehört auch Ersin Güngörs Schwiegermutter, die im „Frohsinn“wie im Schloss den Service geleitet hat – eine der Verbindungen zum vormaligen Wirtspaar.
„Faire Preise“werden im Konzept ebenso erwähnt wie 30 Jahre Erfahrung in der Selbstständigkeit und „eine fertige Lieferkette dank eigener Lebensmittelgeschäfte“.
Damit dürfte ein Hinweis verbunden sein, dass Güngör Anfang August in der Oberen Breite in Ravensburg ein Lebensmittelgeschäft eröffnen will. „Frelo“soll – als Abkürzung für „fresh and local“– Grundnahrungsmittel
wie Nudeln und Reis, Obst- und Gemüse anbieten.
Bereits im März war Ersin Güngör bei der Neueröffnung von „The Refurbisher“in Erscheinung getreten. Generalüberholte Computer und Notebooks wurden dort in Ravensburgs Unterstadt verkauft sowie defekte Geräte der Marken Apple und Microsoft repariert, hatte damals die SZ berichtet und geschrieben: „Der Mann, der in unsicheren Zeiten so viel Optimismus mitbringt, ist 32 Jahre alt, kommt aus Ravensburg, arbeitete aber zuletzt für acht Jahre in der Schweiz.
Inzwischen habe er zwei Kinder und wolle wieder in der Region Ravensburg leben, so Güngör.“