Aprikosen aus dem Schussental
Wie der Anbau der Früchte in Oberschwaben gelingen kann, weiß eine Familie aus Berg
- Mitten in der Aprikosenplantage könnte man fast meinen, man stünde in Frankreich oder Italien. Der Duft nach süßen Früchten liegt in der Luft. An den Zweigen hängen wie gemalt orangerote Aprikosen. Schwer zu glauben, dass man sich gerade nicht im Süden befindet, sondern in Aichach bei Berg auf dem Hofgut der Familie Vöhringer.
Vor 15 Jahren kam Reinhard Vöhringer auf die Idee, neben Kirschen und Zwetschgen auch Aprikosen anzubauen. „Ich begann vorerst mit 400 Bäumen. Wenn ich was Neues versuche, muss es auch weh tun, wenn es nicht klappt. Erst dann klemme ich mich so richtig dahinter“, erzählt Reinhard Vöhringer lachend. Und es hat funktioniert. Inzwischen sind es über 3000 Aprikosenbäume mit acht unterschiedlichen Sorten.
Sohn Leo Vöhringer arbeitet Hand in Hand mit seinem Vater und teilt mit ihm die Leidenschaft für den Obstanbau, insbesondere für Aprikosen. Der 23-jährige gelernte Gärtner kümmert sich wie sein Vater um die Aprikosenbäume, die circa 5000 Zwetschgenbäume und 8000 Kirschbäume.
Der Schlüssel zum erfolgreichen Anbau der Aprikosen liege im eigens entwickelten Schutzsystem, dass die Vöhringers mittlerweile in Blitzenreute produzieren lassen und weltweit vertreiben. Ein zweites Standbein des Familienunternehmens. Das Schutzsystem besteht aus Foliennetzen, die die Bäume wie ein Dach umspannen und eine Art Tunnel bilden. „So können die Bäume einerseits vor Regen, Hagel und auch Vögeln geschützt werden und andererseits können wir die Temperatur besser regulieren“, erklärt Leo Vöhringer. „Denn Aprikosen mögen es warm und trocken, bevorzugen eher sandige Böden, typisch mediterran eben.“
Besonders kritisch sei die Zeit kurz nach der Blüte, zwischen Ostern und den Eisheiligen, wenn noch Spätfröste eintreten können. Die Aprikose blühe recht früh, bereits um den ersten März herum. Zur Blütezeit vertrage die Aprikose Temperaturen von -2 oder -3 Grad. „Kurz nach der Blüte jedoch, wenn die Frucht gerade so frei dasteht, wir sagen dazu, wenn die Aprikose aus der Hose raus ist, wird es kritisch. Dann dürfen die Temperaturen nicht unter 0 Grad sinken“, so die beiden.
Für diesen Fall werden kleine Heizöfen zwischen den Bäumen aufgestellt, die bei Bedarf die Temperatur erhöhen können. Durch die Überdachung halte sich die Temperatur auch besser. Im Schutzsystem ist ein Wassersystem integriert, die den Bäumen von unten kontrolliert Wasser
zuführen. Die Früchte selbst sollen nämlich keine Feuchtigkeit abbekommen. Dadurch sei es nämlich nicht notwendig, Fungizide gegen Pilzbefall einzusetzen.
„Ein minimaler integrierter Pflanzenschutz macht für uns jedoch in gewisser Weise Sinn. Wir setzen auf Blattdünger, denn nur vitale Bäume mit gesunden Blättern produzieren süße Früchte“, so Reinhard Vöhringer. Er erklärt zudem, dass die Aprikosenbäume auf Zwetschgenbäumen veredelt werden. Zwetschgenunterlagen würden mit den hier herrschenden Witterungsverhältnissen besser klarkommen. Die Unterlage habe sich vom Wuchs her erprobt, habe klasse Eigenschaften was Ertrag und Wuchsverhalten angehe. Zwetschgenunterlagen sollen sich übrigens auch bei Pfirsichen oder Nektarinen eignen.
Da die Blütezeit der Aprikose so früh im Frühling beginnt, unterstützen die Vöhringers die Bestäubung der Blüten durch den Einsatz von Hummeln und Wildbienen. Diese kaufen sie ein und platzieren die Kästen zwischen den Bäumen. Es gebe zwar Blühstreifen zwischen den Baumreihen, aber so früh im Jahr gebe es noch zu wenig Insekten. „So stürzen sich die erworbenen Hummeln und Bienen im März auf die rosa Blüten. Da ist was los, ich liebe dieses Gebrumme und Gesumse“, lacht Leo Vöhringer.
Es fällt auf, dass alle Aprikosenbäume nicht senkrecht stehen, sondern schräg eingepflanzt wurden. „Dies ist Absicht. Eine sogenannte Schrägpflanzung sei üblich. Durch den schrägen Wuchs wird verhindert, dass sich mit der Zeit nur am oberen Ende des Baumes Früchte bilden. So wachsen überall am Baum Früchte, die zudem einfacher gepflückt werden können“, erklären die beiden. Es habe sich auch erwiesen, dass die Früchte durch eine schlankere Haltung des Baumes mehr Licht abbekommen, was sich ebenfalls günstig auf Farbe und Geschmack der Aprikosen auswirke.
Die Aprikosen werden von Anfang Juli bis ungefähr Mitte August geerntet. „An die Aprikosen lassen wir nur vier bestimmte Personen ran“, berichten die Vöhringers schmunzelnd. „Diese vier Erntehelfer haben inzwischen das Aprikosengen im Blut und wissen genau, welche Früchte reif zur Ernte sind und welche noch einen Tag oder länger zum Reifen brauchen“, so Reinhard Vöhringer.
„Wir gehen jeden Tag durch die Reihen unserer Aprikosenbäume und ernten von Hand wirklich nur die Früchte, die reif und verzehrbereit sind. So können wir eine 1-Aqualität liefern, die sich sowohl in der Optik als auch im Geschmack zeigt“, berichtet Leo Vöhringer.
Er erklärt, dass Aprikosen im Süden meist unreif, also noch grün, geerntet werden und erst auf dem Transportweg nach Deutschland nachreifen. Dabei gehe deutlich Geschmack verloren. „Unsere Aprikosen schmecken süß, sind saftig und von der Farbe her einfach wunderschön“, schwärmen Vater und Sohn.
Die Vöhringers haben mit den Aprikosen eine Nische im deutschen Obstanbau für sich entdeckt. „Wir wissen von einem Kollegen in Friedrichshafen, der auch noch Aprikosen anbaut. Ansonsten fällt mir im Bodenseekreis keiner ein, der das in diesem Stil wie wir betreibt. Wir sind stolz, dass es bei uns so gut funktioniert, da wir auch viel Herzblut in unseren Obstanbau stecken“, so der 23jährige Leo Vöhringer. Der diesjährige Ertrag falle gut aus. Das Obst wird nun auf dem eigenen Hofverkauf sowie auf Wochenmärkten und an Kleinhändler vertrieben.