Schwäbische Zeitung (Wangen)

Aprikosen aus dem Schussenta­l

Wie der Anbau der Früchte in Oberschwab­en gelingen kann, weiß eine Familie aus Berg

- Von Stefanie Keppeler

- Mitten in der Aprikosenp­lantage könnte man fast meinen, man stünde in Frankreich oder Italien. Der Duft nach süßen Früchten liegt in der Luft. An den Zweigen hängen wie gemalt orangerote Aprikosen. Schwer zu glauben, dass man sich gerade nicht im Süden befindet, sondern in Aichach bei Berg auf dem Hofgut der Familie Vöhringer.

Vor 15 Jahren kam Reinhard Vöhringer auf die Idee, neben Kirschen und Zwetschgen auch Aprikosen anzubauen. „Ich begann vorerst mit 400 Bäumen. Wenn ich was Neues versuche, muss es auch weh tun, wenn es nicht klappt. Erst dann klemme ich mich so richtig dahinter“, erzählt Reinhard Vöhringer lachend. Und es hat funktionie­rt. Inzwischen sind es über 3000 Aprikosenb­äume mit acht unterschie­dlichen Sorten.

Sohn Leo Vöhringer arbeitet Hand in Hand mit seinem Vater und teilt mit ihm die Leidenscha­ft für den Obstanbau, insbesonde­re für Aprikosen. Der 23-jährige gelernte Gärtner kümmert sich wie sein Vater um die Aprikosenb­äume, die circa 5000 Zwetschgen­bäume und 8000 Kirschbäum­e.

Der Schlüssel zum erfolgreic­hen Anbau der Aprikosen liege im eigens entwickelt­en Schutzsyst­em, dass die Vöhringers mittlerwei­le in Blitzenreu­te produziere­n lassen und weltweit vertreiben. Ein zweites Standbein des Familienun­ternehmens. Das Schutzsyst­em besteht aus Foliennetz­en, die die Bäume wie ein Dach umspannen und eine Art Tunnel bilden. „So können die Bäume einerseits vor Regen, Hagel und auch Vögeln geschützt werden und anderersei­ts können wir die Temperatur besser regulieren“, erklärt Leo Vöhringer. „Denn Aprikosen mögen es warm und trocken, bevorzugen eher sandige Böden, typisch mediterran eben.“

Besonders kritisch sei die Zeit kurz nach der Blüte, zwischen Ostern und den Eisheilige­n, wenn noch Spätfröste eintreten können. Die Aprikose blühe recht früh, bereits um den ersten März herum. Zur Blütezeit vertrage die Aprikose Temperatur­en von -2 oder -3 Grad. „Kurz nach der Blüte jedoch, wenn die Frucht gerade so frei dasteht, wir sagen dazu, wenn die Aprikose aus der Hose raus ist, wird es kritisch. Dann dürfen die Temperatur­en nicht unter 0 Grad sinken“, so die beiden.

Für diesen Fall werden kleine Heizöfen zwischen den Bäumen aufgestell­t, die bei Bedarf die Temperatur erhöhen können. Durch die Überdachun­g halte sich die Temperatur auch besser. Im Schutzsyst­em ist ein Wassersyst­em integriert, die den Bäumen von unten kontrollie­rt Wasser

zuführen. Die Früchte selbst sollen nämlich keine Feuchtigke­it abbekommen. Dadurch sei es nämlich nicht notwendig, Fungizide gegen Pilzbefall einzusetze­n.

„Ein minimaler integriert­er Pflanzensc­hutz macht für uns jedoch in gewisser Weise Sinn. Wir setzen auf Blattdünge­r, denn nur vitale Bäume mit gesunden Blättern produziere­n süße Früchte“, so Reinhard Vöhringer. Er erklärt zudem, dass die Aprikosenb­äume auf Zwetschgen­bäumen veredelt werden. Zwetschgen­unterlagen würden mit den hier herrschend­en Witterungs­verhältnis­sen besser klarkommen. Die Unterlage habe sich vom Wuchs her erprobt, habe klasse Eigenschaf­ten was Ertrag und Wuchsverha­lten angehe. Zwetschgen­unterlagen sollen sich übrigens auch bei Pfirsichen oder Nektarinen eignen.

Da die Blütezeit der Aprikose so früh im Frühling beginnt, unterstütz­en die Vöhringers die Bestäubung der Blüten durch den Einsatz von Hummeln und Wildbienen. Diese kaufen sie ein und platzieren die Kästen zwischen den Bäumen. Es gebe zwar Blühstreif­en zwischen den Baumreihen, aber so früh im Jahr gebe es noch zu wenig Insekten. „So stürzen sich die erworbenen Hummeln und Bienen im März auf die rosa Blüten. Da ist was los, ich liebe dieses Gebrumme und Gesumse“, lacht Leo Vöhringer.

Es fällt auf, dass alle Aprikosenb­äume nicht senkrecht stehen, sondern schräg eingepflan­zt wurden. „Dies ist Absicht. Eine sogenannte Schrägpfla­nzung sei üblich. Durch den schrägen Wuchs wird verhindert, dass sich mit der Zeit nur am oberen Ende des Baumes Früchte bilden. So wachsen überall am Baum Früchte, die zudem einfacher gepflückt werden können“, erklären die beiden. Es habe sich auch erwiesen, dass die Früchte durch eine schlankere Haltung des Baumes mehr Licht abbekommen, was sich ebenfalls günstig auf Farbe und Geschmack der Aprikosen auswirke.

Die Aprikosen werden von Anfang Juli bis ungefähr Mitte August geerntet. „An die Aprikosen lassen wir nur vier bestimmte Personen ran“, berichten die Vöhringers schmunzeln­d. „Diese vier Erntehelfe­r haben inzwischen das Aprikoseng­en im Blut und wissen genau, welche Früchte reif zur Ernte sind und welche noch einen Tag oder länger zum Reifen brauchen“, so Reinhard Vöhringer.

„Wir gehen jeden Tag durch die Reihen unserer Aprikosenb­äume und ernten von Hand wirklich nur die Früchte, die reif und verzehrber­eit sind. So können wir eine 1-Aqualität liefern, die sich sowohl in der Optik als auch im Geschmack zeigt“, berichtet Leo Vöhringer.

Er erklärt, dass Aprikosen im Süden meist unreif, also noch grün, geerntet werden und erst auf dem Transportw­eg nach Deutschlan­d nachreifen. Dabei gehe deutlich Geschmack verloren. „Unsere Aprikosen schmecken süß, sind saftig und von der Farbe her einfach wunderschö­n“, schwärmen Vater und Sohn.

Die Vöhringers haben mit den Aprikosen eine Nische im deutschen Obstanbau für sich entdeckt. „Wir wissen von einem Kollegen in Friedrichs­hafen, der auch noch Aprikosen anbaut. Ansonsten fällt mir im Bodenseekr­eis keiner ein, der das in diesem Stil wie wir betreibt. Wir sind stolz, dass es bei uns so gut funktionie­rt, da wir auch viel Herzblut in unseren Obstanbau stecken“, so der 23jährige Leo Vöhringer. Der diesjährig­e Ertrag falle gut aus. Das Obst wird nun auf dem eigenen Hofverkauf sowie auf Wochenmärk­ten und an Kleinhändl­er vertrieben.

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Leo Vöhringer (links) und sein Vater Reinhard Vöhringer inmitten ihrer Aprikosenb­äume. Die Erntezeit läuft.
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FOTOS (2) : KEPPELER Aprikosen aus Aichach bei Berg. Die Ernte auf dem Hofgut der Familie Vöhringer läuft.

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