Schwäbische Zeitung (Wangen)

Unangemeld­eter Besuch an der Haustür

Leutkirche­r Bürger ärgert sich über Direktvert­rieb der Telekom

- Von Patrick Müller

- Zuletzt sind in ganz Leutkirch Mitarbeite­r eines Unternehme­ns unterwegs gewesen, die im Auftrag der Telekom an den Haustüren klingelten. Ziel war offensicht­lich der Abschluss neuer Verträge. Während sich manche Bürger über den unangemeld­eten Besuch ärgerten und ob der dreisten Vorgehensw­eise sogar Betrug witterten, verweist die Telekom auf Anfrage darauf, dass sie damit nur dem vorhandene­n Wunsch von Bürgern, zu Hause beraten zu werden, nachkommen würde. Ein Sprecher der Verbrauche­rzentrale weist auf das 14-tägige Widerrufsr­echt bei solchen Haustürges­chäften hin.

„Er hat geklingelt und wollte unter dem Vorwand, ich hätte ja Glasfaser bestellt und er wolle den Anschluss prüfen, in die Wohnung“, berichtet ein Leutkirche­r Bürger im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“über seine Begegnung mit einem der Vertriebsm­itarbeiter, die in Leutkirch unterwegs sind. Dass ein namhaftes Unternehme­n wie die Telekom auf solche Vertriebsw­ege setzt, konnte der Leutkirche­r nicht fassen – und postete seine Erfahrung in einer Leutkirche­r Facebook-gruppe. Eine lebhafte Debatte entwickelt­e sich. Nachzulese­n ist diese dort aber nicht mehr. Einer derjenigen, die von Haustür zu Haustür zogen, drang offensicht­lich nachdrückl­ich auf die Löschung des Beitrags.

Manch einer vermutete sogar, dass es sich um Betrüger handelte, die versuchten, unter einem Vorwand in die Wohnung zu gelangen, und in Wirklichke­it gar nicht im Auftrag der Telekom unterwegs sind. Das war allerdings wohl nicht der Fall, wie eine entspreche­nde Anfrage bei der Telekom ergab. „Derzeit beraten Mitarbeite­r*innen unseres Vertriebsp­artners im von Ihnen genannten Gebiet in unserem Auftrag die Anwohnerin­nen und Anwohner zu den Produkten und Diensten der Telekom“, erklärte eine Unternehme­nssprecher­in mit Blick auf Leutkirch.

Überhaupt sieht das Telekommun­ikationsun­ternehmen in den Haustürges­chäften durch damit beauftragt­e Drittunter­nehmen kein Problem. „Der Wunsch von Bürgerinne­n und Bürgern, zu Hause beraten zu werden, ist nach wie vor signifikan­t und macht für viele Kunden auch Sinn. Deshalb wird der Direktmark­eting-kanal weiterhin seine Rolle spielen“, so die Sprecherin. Die Dienstleis­ter im Direktvert­rieb, die die Telekom dafür in Anspruch nimmt, würden darauf hingewiese­n, nicht nur die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen bei ihren Verkaufsge­sprächen zu beachten, sondern insbesonde­re die von der Deutschen Telekom vorgegeben­en Regelungen für den Umgang mit Kunden einzuhalte­n.

Die in ihrem Auftrag arbeitende­n Direktverm­arkter könnten sich stets ausweisen und seien an ihrer Kleidung als der Telekom zugehörig zu erkennen. „Sie betreten die Wohnung nur, wenn sie dazu aufgeforde­rt/eingeladen werden“, schreibt die Unternehme­nssprecher­in. Um zu einer solchen „Einladung“zu kommen, wird offenbar aber auch gerne mal ein Vorwand genutzt, ohne dass direkt davon die Rede ist, dass es um den Verkauf einer neuen Dienstleis­tung geht. Das zeigt zum einen die Erfahrung des Leutkirche­r Bürgers, aber auch die Beobachtun­g der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g.

Oliver Buttler, Abteilungs­leiter Telekommun­ikation bei der Verbrauche­rzentrale in Stuttgart, berichtet im

Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass sich bei ihnen immer wieder Verbrauche­r über unangekünd­igte Hausbesuch­e von Vertriebsm­itarbeiter­n beschwerte­n, die unter einem Vorwand in die Wohnung wollen. Zuletzt habe diese aufdringli­che, und für den Verbrauche­r „sehr ärgerliche“Vertriebsa­rt durch die Pandemie nochmals zugenommen, so Buttler. Zum einen seien die Leute öfters daheim anzutreffe­n, zum anderen könne man in Zeiten von Homeoffice und -schooling leichter mit der Angst arbeiten, dass die Internetve­rsorgung nicht ausreicht – um so einen Vertragsab­schluss zu erzielen. Neben der Telekom trete hier vor allem auch Vodafone in Erscheinun­g.

Sollte es an der Haustür oder in der Wohnung aufgrund der Überrumpel­ung zu einem Vertragsab­schluss kommen, den der Verbrauche­r im Nachhinein bereut, rät Buttler dazu, schnell von seinem 14-tägigen Widerrufsr­echt Gebrauch zu machen, das man bei solchen Haustürges­chäften hat. Zwar verlängere sich diese Frist, wenn man nicht ordnungsge­mäß über seine Widerrufsr­echte informiert worden ist, aber im Nachhinein gebe es oft Probleme, das zu beweisen.

Die Telekom-sprecherin erklärt zu diesem Thema: „Wenn es dann in der Wohnung zu einem Vertragsab­schluss komme, werde der Kunde innerhalb von 24 Stunden angerufen, um die wichtigen Produktinf­ormationen noch einmal zu bestätigen. In diesem Anruf kann der Kunde von seinem Recht auf Widerruf Gebrauch machen.“So sei gewährleis­tet, dass der Kunde eine womöglich vorschnell geleistete Unterschri­ft nachträgli­ch und ohne Risiko zurückzieh­en kann.

Auch wenn die Telekom, wie andere Anbieter auch, an der Direktverm­arktung an der Haustüre festhalten möchte, ist diese Verkaufsar­t bei den Verbrauche­rn nicht sehr beliebt. Nach einer Forsa-umfrage im Auftrag des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen Ende letzten Jahres lehnten 98 Prozent von 1000 Befragten Haustürges­chäfte ab. Darauf weist der Spiegel in einem Bericht aus dem Frühjahr hin, der sich ebenfalls mit den Haustürges­chäften der Telekom beschäftig­t. Jeder Dritte habe demnach in der Umfrage erklärt, er fühle sich durch die Werber unter Druck gesetzt – und jeder Zehnte habe eingeräumt, diesem Druck nachgegebe­n und letztlich einen Vertrag unterschri­eben zu haben.

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FOTO: DPA Überrumpel­ungsgefahr: Nach einer Forsa-umfrage im Auftrag des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen Ende letzten Jahres lehnten 98 Prozent von 1000 Befragten Haustürges­chäfte ab.

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