Unangemeldeter Besuch an der Haustür
Leutkircher Bürger ärgert sich über Direktvertrieb der Telekom
- Zuletzt sind in ganz Leutkirch Mitarbeiter eines Unternehmens unterwegs gewesen, die im Auftrag der Telekom an den Haustüren klingelten. Ziel war offensichtlich der Abschluss neuer Verträge. Während sich manche Bürger über den unangemeldeten Besuch ärgerten und ob der dreisten Vorgehensweise sogar Betrug witterten, verweist die Telekom auf Anfrage darauf, dass sie damit nur dem vorhandenen Wunsch von Bürgern, zu Hause beraten zu werden, nachkommen würde. Ein Sprecher der Verbraucherzentrale weist auf das 14-tägige Widerrufsrecht bei solchen Haustürgeschäften hin.
„Er hat geklingelt und wollte unter dem Vorwand, ich hätte ja Glasfaser bestellt und er wolle den Anschluss prüfen, in die Wohnung“, berichtet ein Leutkircher Bürger im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“über seine Begegnung mit einem der Vertriebsmitarbeiter, die in Leutkirch unterwegs sind. Dass ein namhaftes Unternehmen wie die Telekom auf solche Vertriebswege setzt, konnte der Leutkircher nicht fassen – und postete seine Erfahrung in einer Leutkircher Facebook-gruppe. Eine lebhafte Debatte entwickelte sich. Nachzulesen ist diese dort aber nicht mehr. Einer derjenigen, die von Haustür zu Haustür zogen, drang offensichtlich nachdrücklich auf die Löschung des Beitrags.
Manch einer vermutete sogar, dass es sich um Betrüger handelte, die versuchten, unter einem Vorwand in die Wohnung zu gelangen, und in Wirklichkeit gar nicht im Auftrag der Telekom unterwegs sind. Das war allerdings wohl nicht der Fall, wie eine entsprechende Anfrage bei der Telekom ergab. „Derzeit beraten Mitarbeiter*innen unseres Vertriebspartners im von Ihnen genannten Gebiet in unserem Auftrag die Anwohnerinnen und Anwohner zu den Produkten und Diensten der Telekom“, erklärte eine Unternehmenssprecherin mit Blick auf Leutkirch.
Überhaupt sieht das Telekommunikationsunternehmen in den Haustürgeschäften durch damit beauftragte Drittunternehmen kein Problem. „Der Wunsch von Bürgerinnen und Bürgern, zu Hause beraten zu werden, ist nach wie vor signifikant und macht für viele Kunden auch Sinn. Deshalb wird der Direktmarketing-kanal weiterhin seine Rolle spielen“, so die Sprecherin. Die Dienstleister im Direktvertrieb, die die Telekom dafür in Anspruch nimmt, würden darauf hingewiesen, nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen bei ihren Verkaufsgesprächen zu beachten, sondern insbesondere die von der Deutschen Telekom vorgegebenen Regelungen für den Umgang mit Kunden einzuhalten.
Die in ihrem Auftrag arbeitenden Direktvermarkter könnten sich stets ausweisen und seien an ihrer Kleidung als der Telekom zugehörig zu erkennen. „Sie betreten die Wohnung nur, wenn sie dazu aufgefordert/eingeladen werden“, schreibt die Unternehmenssprecherin. Um zu einer solchen „Einladung“zu kommen, wird offenbar aber auch gerne mal ein Vorwand genutzt, ohne dass direkt davon die Rede ist, dass es um den Verkauf einer neuen Dienstleistung geht. Das zeigt zum einen die Erfahrung des Leutkircher Bürgers, aber auch die Beobachtung der Verbraucherzentrale Baden-württemberg.
Oliver Buttler, Abteilungsleiter Telekommunikation bei der Verbraucherzentrale in Stuttgart, berichtet im
Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, dass sich bei ihnen immer wieder Verbraucher über unangekündigte Hausbesuche von Vertriebsmitarbeitern beschwerten, die unter einem Vorwand in die Wohnung wollen. Zuletzt habe diese aufdringliche, und für den Verbraucher „sehr ärgerliche“Vertriebsart durch die Pandemie nochmals zugenommen, so Buttler. Zum einen seien die Leute öfters daheim anzutreffen, zum anderen könne man in Zeiten von Homeoffice und -schooling leichter mit der Angst arbeiten, dass die Internetversorgung nicht ausreicht – um so einen Vertragsabschluss zu erzielen. Neben der Telekom trete hier vor allem auch Vodafone in Erscheinung.
Sollte es an der Haustür oder in der Wohnung aufgrund der Überrumpelung zu einem Vertragsabschluss kommen, den der Verbraucher im Nachhinein bereut, rät Buttler dazu, schnell von seinem 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, das man bei solchen Haustürgeschäften hat. Zwar verlängere sich diese Frist, wenn man nicht ordnungsgemäß über seine Widerrufsrechte informiert worden ist, aber im Nachhinein gebe es oft Probleme, das zu beweisen.
Die Telekom-sprecherin erklärt zu diesem Thema: „Wenn es dann in der Wohnung zu einem Vertragsabschluss komme, werde der Kunde innerhalb von 24 Stunden angerufen, um die wichtigen Produktinformationen noch einmal zu bestätigen. In diesem Anruf kann der Kunde von seinem Recht auf Widerruf Gebrauch machen.“So sei gewährleistet, dass der Kunde eine womöglich vorschnell geleistete Unterschrift nachträglich und ohne Risiko zurückziehen kann.
Auch wenn die Telekom, wie andere Anbieter auch, an der Direktvermarktung an der Haustüre festhalten möchte, ist diese Verkaufsart bei den Verbrauchern nicht sehr beliebt. Nach einer Forsa-umfrage im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen Ende letzten Jahres lehnten 98 Prozent von 1000 Befragten Haustürgeschäfte ab. Darauf weist der Spiegel in einem Bericht aus dem Frühjahr hin, der sich ebenfalls mit den Haustürgeschäften der Telekom beschäftigt. Jeder Dritte habe demnach in der Umfrage erklärt, er fühle sich durch die Werber unter Druck gesetzt – und jeder Zehnte habe eingeräumt, diesem Druck nachgegeben und letztlich einen Vertrag unterschrieben zu haben.