150 Euro für „Verkehr mit Gefangenen“
Die Justizvollzugsanstalt erwischt eine 24-Jährige – Was hinter dem Vorwurf steckt
- Wer an den Schrebergärten nahe der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Kempten unterwegs ist, sollte genau aufpassen, wohin sie oder er winkt und ruft. Denn das kann einigen Ärger einbringen. So wie einer 24-Jährigen aus dem Oberallgäu, die jetzt vor dem Amtsgericht Kempten stand. Der Vorwurf: „Verkehr mit Gefangenen.“Dafür sollte sie 150 Euro Geldbuße an die Staatskasse zahlen – für ein „Hallo“und etwas Winken. Doch die Frau legte Widerspruch ein. Letztlich erfolgreich.
„Verkehr mit Strafgefangenen“– dieser Tatvorwurf hat rein gar nichts mit sexuellen Geschehnissen hinter Gefängnismauern zu tun. Es geht schlicht um die Übermittlung von Nachrichten. Als Ordnungswidrigkeit zählt danach auch, sich mit einem Gefangenen, der sich innerhalb einer Vollzugsanstalt befindet, von außen durch Worte oder Zeichen zu verständigen. Im aktuellen Fall waren die Frau und ihre Freundin Mitte Mai zur JVA Kempten gefahren und hatten durch Rufe und Winken Kontakt zu einem der dort Inhaftierten aufgenommen.
Die 24-Jährige war dabei nach eigener Aussage nur die Fahrerin einer Freundin, deren Partner in der JVA einsaß.
Und eben diese Freundin habe über die Mauer hinweg auch „Mein Schatz, ich liebe dich“gerufen. Sie selbst, sagte die Angeklagte, habe nur gewunken und – wie sie später gegenüber dem Richter einräumte – wohl auch einmal Hallo gerufen. Als die Frauen zurück zum Auto liefen und eine Zigarette rauchten, sei die Polizei gekommen.
Wie das so schnell geht? Jva-mitarbeiter hätten die „Winkbewegungen und Rufe“wahrgenommen und dann sofort die Polizei gerufen, erklärte Dominik Geißler vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/west auf Nachfrage. Solche Vorfälle gibt es demnach mehrmals im Jahr: Kurioserweise wurden bei der Polizei im Allgäu von 2018 bis 2020 pro Jahr jeweils genau neun Fälle aktenkundig.
Im ersten Halbjahr 2021 waren es laut Geißler bisher ebenfalls neun – diesmal, weil ein ganzes Grüppchen über die Gefängnismauern gerufen soll die Freundin einer 24-Jährige über die Mauer des Gefängnis gerufen haben. haben soll.
Zurück zum aktuellen Fall: Er sei nicht der Meinung, dass die Frau hier ein Ordnungsgeld zahlen müsse, befand Richter Dr. Felix Löffler in der knapp zehnminütigen Verhandlung. Für die vorgeworfene Verständigung mit Gefangenen sei zumindest ein gewisses Maß an Gegen-kommunikation nötig. Das sei hier nicht gegeben, befand Löffler und stellte das Verfahren ein. Die 24-Jährige nahm das sichtlich erleichtert zur Kenntnis, und verließ das Gericht mit dem Wissen, nun keine 150 Euro zahlen zu müssen.
Wie es für die Freundin der 24Jährigen ausgeht, die wohl mehr als ein Hallo gerufen hatte, ist offen. Da sei das Verfahren noch nicht abgeschlossen, erklärte Oberstaatsanwalt Sebastian Murer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Kempten, gegenüber der Allgäuer Zeitung.
„Mein Schatz, ich liebe dich“,