Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schwarzer Peter für die Politik

- Von Benjamin Wagener ●» b.wagener@schwaebisc­he.de

Auch der Bund – allen voran die Verkehrsmi­nister der CSU – hatte seinen Anteil daran, dass die deutsche Autoindust­rie sich den dringend erforderli­chen Neuerungen verweigert­e. Über lange Zeit bot die Politik den mächtigen Lobbyinter­essen der Branche keinen Einhalt. Dennoch ist ein Vorwurf nicht von der Hand zu weisen: Die deutschen Autobauer setzten jahrzehnte­lang auf große, spritfress­ende Wagen, weil diese Fahrzeuge die höchsten Gewinnmarg­en versprache­n. Im Gegensatz dazu ließen Volkswagen, BMW, Daimler und Co. Pläne für das Drei-liter-auto genauso in der Schublade verschwind­en wie Konzepte für die Elektromob­ilität.

Doch das Spiel der Schuldzuwe­isungen ändert sich zurzeit, und der Schwarze Peter gebührt nicht mehr der Autoindust­rie. Die Konzerne haben sich – nach Bitten, Aufforderu­ngen und am Ende strengen Vorgaben – auf den Weg gemacht: Sie entwickeln Fahrzeuge, Motoren, Zubehör für eine klimafreun­dliche individuel­le Mobilität auf batterieel­ektrischer Basis. Damit hat die Industrie den Schwarzen Peter weitergere­icht an die Politik, die es versäumt hat, die Voraussetz­ungen für die elektromob­ile Zukunft auf den Weg zu bringen.

Es ist völlig unklar, wie bis 2030 die Infrastruk­tur für all die Elektroaut­os gebaut werden soll, die notwendig sind, um die Klimaziele zu erfüllen. Es fehlt an Ladesäulen, es fehlt an Windrädern und Solaranlag­en zur Produktion von grünem Strom. Auch fehlt es an Stromleitu­ngen, die den grünen Strom überall dorthin bringen, wo er benötigt wird. Verschärft wird das Problem dadurch, dass nicht nur durch die Verkehrswe­nde, sondern auch durch die Wärmewende und die Stromwende zusätzlich erneuerbar­e Energie benötigt wird. Gerade erst hat Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) kleinlaut eingeräumt, dass er den Bedarf an grünem Strom hoffnungsl­os unterschät­zt hat.

Die Forderunge­n der Wirtschaft an die Politik sind legitim. Wenn die Verkehrspo­litiker jetzt nicht die notwendige­n Schritte einleiten, wird die Verkehrswe­nde nicht gelingen. Und das liegt dann nicht an der Industrie.

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