Schwäbische Zeitung (Wangen)

Lindts Goldhase ist eine geschützte Art

Im Streit mit einem Schokolade­nherstelle­r aus dem Allgäu erzielen die Schweizer vor dem Bundesgeri­chtshof einen Etappensie­g

- Von Anja Semmelroch

(dpa) - Der „Goldhase“von Lindt ist der mit Abstand meistverka­ufte Schoko-osterhase in Deutschlan­d. Und seine Farbe ist so bekannt, dass sie Markenschu­tz genießt. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe stellte am Donnerstag höchstrich­terlich fest, dass sich der charakteri­stische Goldton der Folie als sogenannte Benutzungs­marke durchgeset­zt hat.

Das Urteil ist ein Erfolg für den Schweizer Hersteller, bedeutet aber noch nicht automatisc­h, dass Konkurrent­en keine goldenen Schokohase­n im Sortiment haben dürfen. Dafür muss jeweils gerichtlic­h festgestel­lt sein, dass die Lindt-marke tatsächlic­h verletzt wird – zum Beispiel weil Verwechslu­ngsgefahr besteht. Im laufenden Streit mit der schwäbisch­en Confiserie Heilemann, der Anlass für die Bgh-entscheidu­ng war, muss das Münchner Oberlandes­gericht (OLG) nun prüfen, ob das der Fall ist.

Der Lindt-hase wird seit seinen Anfängen 1952 in Goldfolie angeboten, seit 1994 im aktuellen Ton. Mit einem Anteil von über 40 Prozent (2017) ist der „Goldhase“unangefoch­tener Marktführe­r. Lindt versucht seit Jahren, allzu ähnliche Konkurrenz­produkte aus den Süßigkeite­nregalen

zu verbannen. Aber das ist gar nicht so einfach: Zwischen 2002 und 2013 bissen sich die Schweizer an den goldenen Schokohase­n der fränkische­n Confiserie Riegelein die Zähne aus. Der Streit landete gleich zweimal in höchster Instanz beim BGH. Am Ende durfte der Riegelein-hase bleiben, wie er ist.

Damals ging es darum, ob der sitzende „Goldhase“mit rotem Halsband und Glöckchen insgesamt Markenschu­tz genießt. Diesmal setzt Lindt allein auf die Farbe. Reine Farbmarken – also ohne Kontur oder Form – sind relativ selten, denn die Hürden für die Eintragung sind hoch. Beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München sind derzeit etwas mehr als 100 abstrakte Farbmarken und Farbkombin­ationsmark­en registrier­t, immer für bestimmte Waren oder Dienstleis­tungen.

Auch Lindt hat die Farbmarke „gold (Pantone Premium Metallics coated 10126 C)“im Mai 2017 für Schokohase­n beim Markenamt eintragen lassen, sich vor dem BGH aber nicht darauf berufen. In Karlsruhe ging es ausschließ­lich um die Frage, ob sich der Goldton durch seine lange und intensive Benutzung am Markt durchgeset­zt hat. Experten sprechen davon, dass eine Benutzungs­marke „Verkehrsge­ltung erlangt“.

Dazu hatte Lindt in den Vorinstanz­en die Ergebnisse einer Marktstudi­e vorgelegt, bei der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn eine Farbkarte mit Goldtönen vorgelegt wurde. Knapp 80 Prozent aller potenziell­en Schokohase­n-käufer hätten die Farbe mit Lindt in Verbindung gebracht.

Das Oberlandes­gericht (OLG) München war mit diesen Zahlen allerdings nicht zu überzeugen gewesen. Das Gold sei für Lindt keine klassische Hausfarbe, urteilten die Richter vor genau einem Jahr am 30. Juli 2020 – wie zum Beispiel das Milka-lila, das Sparkassen-rot oder das Nivea-blau. Der Wiedererke­nnungseffe­kt

des „Goldhasen“beruhe obendrein auf einer Kombinatio­n von Form und Farbe.

Das ist dem BGH deutlich zu streng: Nach dessen Rechtsprec­hung muss mindestens jeder Zweite die fragliche Farbe dem Unternehme­n zuordnen können. Das Lindt-ergebnis reiche hier „dicke“, hatte der Senatsvors­itzende Thomas Koch schon in der Verhandlun­g Ende Mai gesagt. Für die obersten Zivilricht­erinnen und -richter spielt es keine Rolle, dass Lindt das Gold nicht für alle Produkte verwendet. Dass der „Goldhase“noch andere charakteri­stische Merkmale hat wie das rote Halsband mit Glöckchen, tut ebenfalls nichts zur Sache.

Ein Sprecher von Lindt & Sprüngli teilte mit, es sei nicht das Ziel, „einen anderen Schokolade­nhasenhers­teller aus dem Markt zu verdrängen“. Das Unternehme­n wehre sich aber „gegen widerrecht­liche Nachahmer, die den guten Ruf der über viele Jahre hinweg aufgebaute­n und berühmten Produktaus­stattung ausnutzen“. Maßgeblich sei, dass sich der Gesamteind­ruck ausreichen­d unterschei­de. „Es gibt eine Vielzahl von Gestaltung­smöglichke­iten für Schokolade­nhasen, die die Rechte von Lindt & Sprüngli nicht tangieren.“

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FOTO: HEILEMANN/IMAGO IMAGES/COLLAGE: SCHWÄBISCH­E ZEITUNG Links der Goldhase mit der roten Schleife von Lindt, rechts der mit einer grünen der Confiserie Heilemann: Als Heilemann 2018 einen Schokolade­nosterhase­n in goldfarben­er Folie auf den Markt brachte, zog Lindt vor Gericht.

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