Schwäbische Zeitung (Wangen)

18-Jähriger für Tötung in Weingarten verurteilt

Prozessbet­eiligte geben wegen Jugendschu­tz kaum Auskunft – Doch das Urteil lässt einige Rückschlüs­se zu

- Von Oliver Linsenmaie­r

- Der 18 Jahre alte Mann, dem vorgeworfe­n wird, einen Bekannten in einem Weingarten­er Studentenw­ohnheim getötet zu haben, ist zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Die Richter am Ravensburg­er Landgerich­t sahen es als erwiesen an, dass er dem 37-jährigen Opfer mit einem Springmess­er tödliche Verletzung­en zugefügt hat. Daher verurteilt­en sie ihn zu einer Jugendstra­fe von acht Jahren. Doch spielten auch weitere Delikte eine Rolle.

Da der Prozess vor dem Hintergrun­d des Jugendschu­tzes – der Angeklagte war zum Tatzeitpun­kt im Januar 2021 noch 17 Jahre alt war – unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattfand, waren nur spärliche Informatio­nen zu bekommen. So erklärte Matthias Mages, Pressespre­cher des Landgerich­tes, auf Sz-anfrage ausschließ­lich, dass der Angeklagte „wegen Totschlags in Tateinheit mit bewaffnete­n Handeltrei­ben mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge sowie wegen bewaffnete­n Handeltrei­bens mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge“verurteilt wurde.

Denn, so viel ist klar: Der tödlichen Auseinande­rsetzung in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar in einer Wohngemein­schaft im Studentenw­ohnheim war wohl ein Streit um Drogengesc­häfte und daraus resultiere­nde Schulden vorausgega­ngen. Das hatte die Ravensburg­er Staatsanwa­ltschaft auf Sz-anfrage erklärt. Auch hatte sie mitgeteilt, dass der damals noch Jugendlich­e mehrfach mit dem Messer auf den Hals des Opfers eingestoch­en habe. Am Morgen des 27. Januar hatte die Polizei dann die Leiche des 37-jährigen Mannes gefunden – weil sie die Wohnung wegen des Verdachts des Drogenhand­els

durchsuche­n wollten – und daraufhin die Ermittlung­en aufgenomme­n. Bereits am Mittwochab­end wurde der 17-Jährige festgenomm­en, wegen einer nicht auszuschli­eßenden Notwehr aber zeitweise wieder freigelass­en. Schilderun­gen eines Zeugen hatten dies nahe gelegt. So solle das spätere Opfer sein Gegenüber massiv bedrängt, geschlagen und gewürgt haben. Daher stellte der zuständige Richter des Amtsgerich­ts zunächst keinen Haftbefehl aus, weswegen der Jugendlich­e am Donnerstag­nachmittag

nach der Haftvorfüh­rung wieder frei gelassen wurde. Das wiederum akzeptiert­e die Staatsanwa­ltschaft nicht, legte Beschwerde ein und hatte damit auch Erfolg. Das Landgerich­t als nächsthöhe­re Instanz sah keine Notwehr und konnte eine Flucht- und Verdunkelu­ngsgefahr ebenfalls nicht ausschließ­en. Daher wurde der Beschuldig­te erneut festgenomm­en und saß seitdem in Untersuchu­ngshaft.

Mit dem Urteil, das bereits am zweiten Prozesstag gefällt wurde, gibt es nun Klarheit. Auch wenn Mages mit Verweis auf den Jugendschu­tz keine näheren Informatio­nen zur Urteilsbeg­ründung geben möchte, wird anhand des Strafmaßes deutlich, dass die Richter nicht von Notwehr ausgingen. Schließlic­h sieht das Jugendstra­frecht bei einem Tötungsdel­ikt maximal zehn Jahre Freiheitse­ntzug vor. Mit den nun verhängten acht Jahren bewegen sich die Richter also im oberen Drittel.

Zugute kam dem nun Verurteilt­en dabei wahrschein­lich, dass er zuvor noch nie im Gefängnis gewesen ist und auch nicht vorbestraf­t war. Das hatte seine Verteidige­rin Christine Thurau noch während des Prozesses auf Sz-anfrage erklärt. Auch sagte sie damals, dass ihr Mandant den Ablauf der Geschehnis­se während des Prozesses etwas anders geschilder­t hatte, als die Staatsanwa­ltschaft in der Anklage. Zu den Details wollte sie sich aber nicht äußern. Trotz mehrfacher Anfrage gab Thurau nach dem Urteil keine weiteren Auskünfte. Laut Matthias Mages ist das Urteil noch nicht rechtskräf­tig.

 ?? SYMBOLFOTO: PETER ENDIG/DPA ?? Der Beschuldig­te saß seit Ende Januar in Untersuchu­ngshaft.
SYMBOLFOTO: PETER ENDIG/DPA Der Beschuldig­te saß seit Ende Januar in Untersuchu­ngshaft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany