Verzögerte Konsequenzen
Einen Tag nach seiner rassistischen Entgleisung muss Rad-sportdirektor Moster abreisen
(Sid/dpa) - Als der öffentliche Aufschrei zu laut und der Druck des IOC zu groß geworden war, mühte sich Alfons Hörmann um einen Schlussstrich im Rassismus-eklat dabei hatte er mit seiner Kehrtwende den richtigen Zeitpunkt längst verpasst. Erst nach einem Tag, massiver internationaler Kritik und einem unmissverständlichen Signal des IOC zog der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) Radsport-funktionär Patrick Moster von den Olympischen Spielen in Tokio ab.
Wenig später reagierte auch der Radsport-weltverband (UCI) und sprach eine vorläufige Suspendierung gegen Moster aus. Dessen Äußerungen stünden im Gegensatz zu den Anstandsregeln des Weltverbandes, sie seien diskriminierend und stellten somit eine Verletzung des Artikels 12.4.017 der Uci-regularien dar. Rudolf Scharping, Präsident des Bunds Deutscher Radfahrer (BDR), hatte eine derartige Konsequenz bereits im Gespräch mit dem Deutschlandfunk erwartet: „Ich kann mir vorstellen, darüber haben wir auch mit der UCI gesprochen, dass es eine gewisse Zeit der Suspendierung geben kann, was internationale Sportereignisse angeht.“
Tags zuvor, als Moster in seiner Funktion als Sportdirektor des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) Nikias Arndt mit rassistischen Worten („Hol die Kameltreiber!“) anzufeuern versuchte, hatten sich Hörmann und die deutsche Delegationsleitung noch mit einer Allerwelts-entschuldigung zufriedengegeben. Nun aber verließ Moster Japan.
Vorausgegangen war ein brisanter Austausch zwischen IOC und DOSB. Man habe am Donnerstagmorgen schriftlich den Kontakt zur deutschen Delegation aufgenommen, sagte ein Ioc-sprecher. Dabei sei um die Klärung des Sachverhalts bis zum Nachmittag gebeten worden. Abhängig von der Antwort sei das Einsetzen einer Disziplinarkommission in Erwägung gezogen worden.
Hörmann hatte zuvor erklärt, der Entschluss sei nach einem Gespräch im Kreise der gesamten Delegationsleitung mit Moster am Vormittag getroffen worden. „Entscheidungen von der Tragweite trifft man nicht einfach mal schnell und einfach aus der ersten Emotion. Da gilt's zumindest nach unserem Verständnis, die notwendige Ruhe und Professionalität an den Tag zu legen“, hatte Hörmann gesagt und den Vorfall einzuordnen versucht: „Das hätte Team D nicht gebraucht.“
Der BDR wird am Freitag ein Gespräch mit Moster über mögliche Sanktionen führen, das kündigte Verbandspräsident Scharping an. Moster könnte zudem schriftlich mitgeteilt werden, dass ein Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann. Auch die Politik hat sich eingeschaltet. Die Vorsitzende
des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dagmar Freitag, forderte Konsequenzen. Dass Moster aus Steuermitteln finanziert werde, sei „nach dem rassistischen Ausfall nicht länger akzeptabel“, schrieb die Spd-politikerin bei Twitter.
Moster, betonte Hörmann derweil, sei kein Rassist. Die Äußerungen seien vielmehr eine „Entgleisung“, die eine „klare Weichenstellung“erfordert hätten. Auch Scharping nahm Moster in Schutz, dieser sei ein leistungsstarker Sportdirektor beim BDR und ein Mensch, der sich niemals fremdenfeindlich oder rassistisch geäußert habe. Der Sturm der Entrüstung war schon da jedoch längst nicht mehr aufzuhalten. Der Fall machte international Schlagzeilen, das Zögern des DOSB warf ein schlechtes Licht auf die gesamte Delegation.
Nur die Athleten fanden – einmal mehr – sofort klare Worte.
Radprofi Arndt zeigte sich „entsetzt“und distanzierte sich deutlich. Der nicht für Tokio nominierte Rick Zabel kritisierte neben Moster vor allem das Verhalten der Verbände. Er „schäme“sich für Mosters Aussagen und „vor allem für die lapidare Entschuldigung nach dem Rennen“, schrieb Zabel bei Instagram: „Ich persönlich kann nicht verstehen, dass nach diesem Verhalten nicht sofortige Konsequenzen vom BDR oder DOSB getroffen worden sind.“
Bei dem Algerier Azzedine Lagab, einer der von Moster beleidigten Fahrer, hatte sich da übrigens noch niemand entschuldigt. „Eine persönliche Nachricht und Entschuldigung habe ich bisher weder von Moster noch vom deutschen Team erhalten“, sagte Lagab dem „Spiegel“.