Diese Urlaubsfotos will keiner haben
In vielen Ländern Europas sind Strafzettel deutlich teurer als in Deutschland
Von diesem Polizisten droht kein Ungemach: Eine Pappfigur in Uniform im österreichischen Leoben soll zu mäßiger Geschwindigkeit animieren.
- Der Sommerurlaub hat begonnen, Reisen in viele Länder sind trotz Corona möglich. Nach der Rückkehr erhalten Urlauber allerdings immer wieder Souvenirfotos, auf die sie gut hätten verzichten können: Wenn man im Ausland geblitzt wird, kann das teuer werden.
Gerade hat beispielsweise Österreich eine Erhöhung der Tarife beschlossen. Wer 30 Stundenkilometer zu schnell fährt, muss künftig 150 statt 70 Euro zahlen. Die Strafe steigt dann mit überhöhtem Tempo immer weiter an, auf bis zu 5000 Euro. „Wir haben in Österreich ein Problem mit extremen Rasern“hatte die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler der Zeitung „Kurier“zuvor zur Begründung gesagt. Im August gilt noch eine Gnadenfrist, ab September werden dann die höheren Bußgelder fällig.
In Deutschland zahlt ein Autofahrer, der 20 Stundenkilometer zu schnell ist, laut ADAC derzeit 35 Euro. Glimpflicher kommen Raser nur in der Türkei, auf Zypern und in einigen osteuropäischen Staaten davon. Die Tarife in vielen typischen Urlaubsländern liegen hingegen deutlich darüber: In Kroatien sind bei der selben Geschwindigkeitsübertretung mindestens 70 Euro fällig, in Spanien und Griechenland 100 Euro, in Frankreich ab 135 Euro, in der Schweiz ab 165 Euro, in Italien ab 175 Euro, in Schweden ab 235 Euro. Einsamer Spitzenreiter ist Norwegen, dort kostet der Strafzettel 465 Euro.
Wer mit 50 Stundenkilometern zu viel auf dem Tacho unterwegs ist, zahlt in Deutschland ab 240 Euro. In Griechenland sind es 350 Euro, in Schweden 395 Euro, in Italien 545 Euro, in Spanien 600 Euro, in Kroatien 675 Euro. In Norwegen geht es bei 1000 Euro los, Frankreich stellt 1500 Euro in Rechnung. Kompliziert wird es in der Schweiz, dort wird die Strafe nach dem Monatsverdienst berechnet, bei einer Geschwindigkeitsübertretung von 50 Stundenkilometern sind 60 Tagessätze fällig.
Der ADAC rät Autofahrern, Knöllchen aus dem Ausland zu bezahlen – und zwar zügig. So spart man sich weitere Scherereien, und einige Länder gewähren bei schneller Begleichung der ausstehenden Summe einen Rabatt. Einfach ignorieren ist dagegen keine gute Idee. Seit 2010 werden Strafzettel aus allen Eu-staaten in Deutschland ab einem Betrag von 70 Euro – das beinhaltet das Bußgeld plus anfallende Verwaltungskosten – eingetrieben. Zuständig ist das Bundesamt für Justiz, dass diese Aufgabe im Auftrag der ausländischen Behörden übernimmt. Letztere übermitteln ihre Informationen übrigens unterschiedlich konsequent. Besonders unerbittlich sind laut ADAC die Niederländer.
Nicht zuständig ist das Bundesamt für Justiz für Knöllchen aus Nichteu-staaten wie der Schweiz, Liechtenstein oder Norwegen. Zahlen sollte man diese Beträge allerdings trotzdem – jedenfalls wenn man noch einmal in das betreffende Land einreisen und dabei keine Scherereien bekommen möchte. Adac-sprecher Jürgen Grieving erläutert das Vorgehen der Schweizer Behörden: „Bei Ignorieren der Zahlungsaufforderung erfolgt ein Eintrag in das schweizerische Bußenschuldnerregister, das bei der Einreise oder bei einer Verkehrskontrolle im Land durch die Polizei abgerufen werden kann.“Dann werde die Buße direkt vor Ort vollstreckt. Dazu könne die Polizei auch das Fahrzeug des Bußgeldschuldners vorübergehend einbehalten, sogar eine Ersatzhaftstrafe sei möglich. Und Grieving warnt: „Das Vollstreckungsrisiko in der Schweiz ist tendenziell hoch.“
Wichtig: Bei sämtlichen Geschwindigkeitsübertretungen aus dem Ausland werden nur die Geldbußen vollstreckt, Punkte in Flensburg gibt es dafür nicht.
Manchmal bekommen Heimkehrer Post von eher fragwürdigen Absendern. Das betrifft derzeit zum Beispiel Besucher der kroatischen Stadt Pula. Die malerische Stadt an der Südspitze der Halbinsel Istrien ist für viele Urlauber ein sehr beliebtes Ausflugsziel – nur das Parken ist ein Problem. Der ADAC berichtet von Notaren und Anwälten, die Rechnungen von über 500 Euro an deutsche Autofahrer schicken, bei ausstehenden Parkgebühren von gerade einmal zehn bis 40 Euro. Die Differenz wird unter anderem mit Rechtsverfolgungskosten begründet. Zu Unrecht, wie der Europäische Gerichtshof kürzlich festgestellt hat. Trotzdem versuchen es immer noch kroatische und slowenische Anwälte mit dieser Masche, bestätigt Adac-sprecher Grieving. Experten raten Betroffenen, im Zweifel nicht einfach zu zahlen und juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ein Name, der schon vielen Italienurlaubern in unguter Erinnerung geblieben ist, ist Nivi SPA aus Florenz. Das Inkassobüro treibt im Auftrag der italienischen Autobahngesellschaften ausstehende Beträge für Autobahngebühren ein, auch in Deutschland. Die können anfallen, wenn ein ortsunkundiger Autofahrer versehentlich die Telepass-spur benutzt oder wenn die Mautkarten-automaten defekt sind. Das Bundesamt für Justiz wird in diesem Fall nicht tätig, da es sich bei der Nutzung der Autobahnen juristisch gesehen um einen privatrechtlichen Vertrag handelt. Zahlen sollte man trotzdem: Die Pflicht zur Zahlung erlischt erst nach zehn Jahren. Zur Durchsetzung der Forderungen schalten die Florentiner ein deutsches Inkasso-unternehmen ein. Wenn man der Ansicht ist, zu Unrecht eine Zahlungsaufforderung bekommen zu haben, muss man dies gegenüber Nivi SPA belegen oder zumindest glaubhaft machen. Bei einem Urlaub, der womöglich schon Jahre zurückliegt, ist das kein leichtes Unterfangen. ●