Corona-inzidenz steigt schneller als 2020
Virologen mahnen zu mehr Tests bei Reiserückkehrern – Südfrankreich Hochrisikogebiet
- Im Zuge der immer stärkeren Ausbreitung der Delta-variante des Coronavirus hat sich die Sieben-tage-inzidenz in Deutschland innerhalb eines Monats etwa vervierfacht und steigt derzeit schneller als im Sommer 2020. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen lag laut Robert-koch-institut (RKI) am Freitag bei 20,4 – nach 4,9 beim jüngsten Tiefstand am 6. Juli. Inzwischen gehen fast alle Neuinfektionen auf die ansteckendere Deltavirusvariante zurück: 97 Prozent. Gesundheitsämter könnten nicht mehr alle Infektionsketten nachvollziehen, hieß es.
Allerdings stagnieren die Zahlen der Krankenhauspatienten und Behandlungen auf Intensivstationen weiter auf einem „niedrigen Niveau“. Das liegt nach Angaben des RKI daran, dass die meisten Infizierten jüngere Menschen sind und die Krankheit besser überstehen als Ältere und Risikopatienten.
Der Epidemiologe Rafael Mikolajczyk von der Universität Hallewittenberg mahnte dennoch zur Vorsicht: „Auch wenn jetzt viele ältere Menschen geimpft sind, gibt es immer noch Millionen, die es nicht sind.“Mit dem Schulbeginn werde sich der aktuelle Trend fortsetzen. Er forderte, durch verbesserte Teststrategien gegenzusteuern. Der Ulmer Virologe Thomas Mertens sagte der „Schwäbischen Zeitung“, einmalige
Schnelltests für Reiserückkehrer reichten dazu nicht aus: „Ein Schnelltest zum Antigennachweis ist nicht sehr empfindlich und kann jemanden, der sich am Beginn seiner Infektion mit Virusausscheidung befindet, übersehen.“
Derzeit müssen alle Menschen ab zwölf Jahren bei der Einreise nach Deutschland nachweisen können, dass sie entweder negativ auf das Coronavirus getestet, geimpft oder genesen sind. Wer dagegen verstößt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Es reicht ein Antigen-schnelltest für den Nachweis. Für Urlauber im Süden Frankreichs gelten ab Sonntag noch schärfere Corona-regeln. Das RKI teilte am Freitag mit, dass Teile des Landes als Hochrisikogebiete eingestuft werden. Bei der Rückkehr müssen Ungeimpfte eine zehntägige Quarantäne antreten.
Unterdessen steht eine weitere Maßnahme der Bundesregierung gegen die Delta-variante des Virus in der Kritik. Risikopatienten sollen ab Herbst eine dritte Impfung erhalten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert, darauf zu verzichten – zugunsten von Menschen in ärmeren Ländern. Dem schloss sich am Freitag die Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission in Tübingen, Gisela Schneider, an. Dass Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus vorbereitet würden, sei „nicht fair“mit Blick auf Menschen in ärmeren Ländern, sagte sie der „Schwäbischen Zeitung“. In Afrika betrage die Impfquote gerade einmal 1,56 Prozent.