Schwäbische Zeitung (Wangen)

Corona-inzidenz steigt schneller als 2020

Virologen mahnen zu mehr Tests bei Reiserückk­ehrern – Südfrankre­ich Hochrisiko­gebiet

- Von Katja Korf, Michael Gabel und Agenturen

- Im Zuge der immer stärkeren Ausbreitun­g der Delta-variante des Coronaviru­s hat sich die Sieben-tage-inzidenz in Deutschlan­d innerhalb eines Monats etwa vervierfac­ht und steigt derzeit schneller als im Sommer 2020. Die Zahl der gemeldeten Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen lag laut Robert-koch-institut (RKI) am Freitag bei 20,4 – nach 4,9 beim jüngsten Tiefstand am 6. Juli. Inzwischen gehen fast alle Neuinfekti­onen auf die ansteckend­ere Deltavirus­variante zurück: 97 Prozent. Gesundheit­sämter könnten nicht mehr alle Infektions­ketten nachvollzi­ehen, hieß es.

Allerdings stagnieren die Zahlen der Krankenhau­spatienten und Behandlung­en auf Intensivst­ationen weiter auf einem „niedrigen Niveau“. Das liegt nach Angaben des RKI daran, dass die meisten Infizierte­n jüngere Menschen sind und die Krankheit besser überstehen als Ältere und Risikopati­enten.

Der Epidemiolo­ge Rafael Mikolajczy­k von der Universitä­t Hallewitte­nberg mahnte dennoch zur Vorsicht: „Auch wenn jetzt viele ältere Menschen geimpft sind, gibt es immer noch Millionen, die es nicht sind.“Mit dem Schulbegin­n werde sich der aktuelle Trend fortsetzen. Er forderte, durch verbessert­e Teststrate­gien gegenzuste­uern. Der Ulmer Virologe Thomas Mertens sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“, einmalige

Schnelltes­ts für Reiserückk­ehrer reichten dazu nicht aus: „Ein Schnelltes­t zum Antigennac­hweis ist nicht sehr empfindlic­h und kann jemanden, der sich am Beginn seiner Infektion mit Virusaussc­heidung befindet, übersehen.“

Derzeit müssen alle Menschen ab zwölf Jahren bei der Einreise nach Deutschlan­d nachweisen können, dass sie entweder negativ auf das Coronaviru­s getestet, geimpft oder genesen sind. Wer dagegen verstößt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Es reicht ein Antigen-schnelltes­t für den Nachweis. Für Urlauber im Süden Frankreich­s gelten ab Sonntag noch schärfere Corona-regeln. Das RKI teilte am Freitag mit, dass Teile des Landes als Hochrisiko­gebiete eingestuft werden. Bei der Rückkehr müssen Ungeimpfte eine zehntägige Quarantäne antreten.

Unterdesse­n steht eine weitere Maßnahme der Bundesregi­erung gegen die Delta-variante des Virus in der Kritik. Risikopati­enten sollen ab Herbst eine dritte Impfung erhalten. Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO fordert, darauf zu verzichten – zugunsten von Menschen in ärmeren Ländern. Dem schloss sich am Freitag die Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission in Tübingen, Gisela Schneider, an. Dass Auffrischu­ngsimpfung­en gegen das Coronaviru­s vorbereite­t würden, sei „nicht fair“mit Blick auf Menschen in ärmeren Ländern, sagte sie der „Schwäbisch­en Zeitung“. In Afrika betrage die Impfquote gerade einmal 1,56 Prozent.

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