Alphirten sind jetzt besonders gefordert
Starke Regenfälle und Gewitter werden leicht zur Gefahr für Jungrinder auf den Allgäuer Bergen
- Starke Regenfälle und Gewitter erschweren den Alpsommer in den Allgäuer Bergen. „Die Älpler haben das Wetter jeden Tag sehr genau im Blick, um im Notfall reagieren zu können“, sagt Franz Hage, Vorsitzender des Alpwirtschaftlichen Vereins Allgäu. Meldungen über größere Schäden auf den 700 Alpen lägen derzeit „zum Glück nicht vor“. Ausschließen könne er jedoch nicht, dass einzelne Rinder abgestürzt oder sogar tödlich vom Blitz getroffen wurden. „Bei über 30 000 Jungtieren auf unseren Alpen kommt das leider vor.“
Die Alphirten erleben heuer einen turbulenten Sommer. Wegen Schnee in den höheren Bergregionen begann der Vieh-auftrieb teils erst Mitte Juni mit einer Verspätung von zwei Wochen. Kühl und vor allem nass ist es vielerorts geblieben. „Gut ist, dass das Gras gut wächst“, sagt Hage. Andererseits halten die ständigen Gewitter die Älpler und Älplerinnen gehörig auf Trab. „Man hat natürlich immer Sorge ums Vieh“, sagt Gabi Zeller von der 1345 Meter hoch gelegenen Roßberg Alpe am Grünten. Als kürzlich ein Unwetter über das südliche Oberallgäu fegte und zwischenzeitlich die Zufahrtsstraße zur Alpe überschwemmt war, atmete sie jedoch schon bald erleichtert auf: „Passiert ist weder Mensch noch Tier etwas – und das ist das Wichtigste“, sagt Zeller, die trotz der Wetterkapriolen gelassen bleibt. „Gewitter und starken Regen in den Bergen hat es schon immer gegeben.
Darauf sind wir eingestellt.“So sieht es auch Franz Hage: „Unsere Älpler sind auf Wetterumstürze besser vorbereitet als manch ein Wanderer.“
Speziell im Hochgebirge verfolgten die Hirten und Hirtinnen aufmerksam die Wettervorhersagen über Handy oder übers Radio. „Wenn zum Beispiel für nachmittags vor Gewittern gewarnt wird, bringen sie das Vieh weg von exponierten Stellen in einen Talkessel oder an einen anderen geschützten Ort. Dadurch werden die Gefahren minimiert.“Anders als auf den sogenannten Galtalpen, auf denen ausschließlich Jungvieh weidet, ist die Situation auf den knapp 40 Sennalpen im Allgäu. Dort werden Milchkühe zur Käseherstellung gehalten. Für die ausgewachsenen Tiere gibt es jeweils einen Stall, in dem sie sicher untergebracht werden können.
Der Alpsommer endet mit dem Viehscheid, wenn die Tiere – meist Mitte September – im Tal an ihre Bauern übergeben werden. Viehscheid-feste mit tausenden von Zuschauern wird es wegen der Coronapandemie heuer wohl zum zweiten Mal in Folge nicht geben, sagt Hage. Der aufs Minimum reduzierte Alpabtrieb im Vorjahr hat vielerorts Zustimmung bei Alphirten und Bauern erhalten. „Wenn kein Trubel herrscht, erleichtert uns das die Arbeit“, war zu hören.