„Man sieht die Gesellschaft von allen Seiten“
Zwei Auszubildende berichten über ihre ersten Einsätze im Polizeidienst
- Der Polizeiberuf lebt sehr von praktischer Erfahrung und einem Fingerspitzengefühl für Menschen, das nur schwerlich in der Theorie vermittelt werden kann. Umso spannender empfinden Auszubildende oftmals ihre ersten praktischen Einsätze. Zwei Berufsanfänger des Polizeipräsidiums Ravensburg sprechen über ihre ersten Schritte in der Praxis als Polizeibeamte und über ihre Ausbildung. Fabienne Köhler und Marcel Kammer geben einen sehr interessanten und persönlichen Einblick in den Alltag eines Polizisten und machen gleichzeitig auf die attraktiven Ausbildungsund Studienmöglichkeiten bei der Polizei aufmerksam.
Seit dem 1. September 2020 versehen die beiden ihren Dienst im Polizeirevier Ravensburg. Nach einem Jahr theoretischer Ausbildung ging es direkt hinein in den Polizeialltag. Gleich im ersten Halbjahr bekamen beide einen Praxisausbilder zugeordnet, mit dem jeder von ihnen ein Streifenteam bildet. Im Schichtdienst kümmern sie sich um Ladendiebstähle, Drogendelikte, Verkehrsunfälle und vieles mehr. Im zweiten Halbjahr werden sie in den Außenstellen eingesetzt. Danach folgt ein sechsmonatiger Abschlusskurs. Die Ausbildung im mittleren Polizeivollzugsdienst dauert 30 Monate. Nach erfolgreicher Prüfung ist man Polizeimeister/-in.
Der geborene Kißlegger Marcel Kammer berichtet von einem seiner ersten Einsätze in Ravensburg, bei dem er einen Ladendieb durch die halbe Stadt verfolgt hat. Im Bereich des Bahnhofs stellte er den Dieb. Der Ravensburger Bahnhof ist oft ein Brennpunkt bei den Einsätzen. Die Gefahr einer Eskalation ist immer gegeben. Da ist das erlernte situative Handlungstraining oftmals eine große Hilfe, um Situationen zu deeskalieren. Den bisher wohl potenziell gefährlichsten Einsatz hatte der 21-jährige Kammer bei einer ganz normalen Verkehrskontrolle. Er war der Sicherungsbeamte auf der Beifahrerseite. Als sein Praxisausbilder gerade den Fahrer kontrollierte, bekam der Beifahrer plötzlich einen Wutausbruch und wurde aggressiv. Eine körperliche Auseinandersetzung konnte gerade noch vermieden werden, es hätte auch ein anderes Ende nehmen können. Angst hat Kammer keine. In der theoretischen Ausbildung lernte er Abwehr- und Zugriffstraining und verschiedene Kampfsportarten. „Je länger man dabei ist, desto sicherer wird man“, sagt der 21-Jährige. Kritisch wird es manchmal, wenn man zu schweren Unfällen gerufen wird. „Danach spricht man mit Kollegen drüber, das hilft.“
„Die Kollegialität im Revier ist prima. Alle sind nett, und man hilft sich gegenseitig“, sagt die 21-jährige Fabienne Köhler. Die gebürtige Fronhofenerin ging zur Polizei, weil sie damit ihr näheres und weiteres Umfeld sicherer machen will. Die Entscheidung für den Polizeiberuf haben die beiden getroffen, weil man in jedem Einsatz neue Erfahrungen macht. In jedem Dienst lernt man neue Menschen und ihre Geschichten kennen. Und, so Kammer: „Man sieht die Gesellschaft von allen Seiten. Sei es der polizeibekannte Drogendealer oder der ganz normale Bürger, der in einen Verkehrsunfall verwickelt ist.“
Kriminalhauptkommissar Dieter Koch ist Einstellungsberater im Polizeipräsidium Ravensburg, das für die Landkreise Ravensburg, Sigmaringen und Bodensee zuständig ist. „Neben dem vielfältigen Aufgabenspektrum ist natürlich die Sicherheit als Beamter ein Argument, weshalb viele junge Leute zur Polizei wollen“, so Koch. Im Oktober beginnen 26 junge Leute aus den drei Landkreisen ihre Ausbildung. Die Zukunftsperspektiven sind gut. Man kann zum Beispiel in den gehobenen Polizeivollzugsdient wechseln, auf europäischer
Ebene bei Interpol arbeiten oder bei internationalen Einsätzen, wie zum Beispiel im Ausland den dortigen Behörden helfen, das Land wieder sicherer zu gestalten.
Kammer möchte nach seiner Ausbildung zuerst einmal ein paar Jahre zur Bereitschaftspolizei nach Göppingen. Fabienne Köhler möchte in den Streifendienst in einer größeren Stadt wechseln.
Dieter Koch berät über den Polizeiberuf: Telefonnummer 0751 / 803 13 21 oder E-mail an ravensburg.berufsinfo@polizei.bwl.de