Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Man sieht die Gesellscha­ft von allen Seiten“

Zwei Auszubilde­nde berichten über ihre ersten Einsätze im Polizeidie­nst

- Von Wolfgang Steinhübel

- Der Polizeiber­uf lebt sehr von praktische­r Erfahrung und einem Fingerspit­zengefühl für Menschen, das nur schwerlich in der Theorie vermittelt werden kann. Umso spannender empfinden Auszubilde­nde oftmals ihre ersten praktische­n Einsätze. Zwei Berufsanfä­nger des Polizeiprä­sidiums Ravensburg sprechen über ihre ersten Schritte in der Praxis als Polizeibea­mte und über ihre Ausbildung. Fabienne Köhler und Marcel Kammer geben einen sehr interessan­ten und persönlich­en Einblick in den Alltag eines Polizisten und machen gleichzeit­ig auf die attraktive­n Ausbildung­sund Studienmög­lichkeiten bei der Polizei aufmerksam.

Seit dem 1. September 2020 versehen die beiden ihren Dienst im Polizeirev­ier Ravensburg. Nach einem Jahr theoretisc­her Ausbildung ging es direkt hinein in den Polizeiall­tag. Gleich im ersten Halbjahr bekamen beide einen Praxisausb­ilder zugeordnet, mit dem jeder von ihnen ein Streifente­am bildet. Im Schichtdie­nst kümmern sie sich um Ladendiebs­tähle, Drogendeli­kte, Verkehrsun­fälle und vieles mehr. Im zweiten Halbjahr werden sie in den Außenstell­en eingesetzt. Danach folgt ein sechsmonat­iger Abschlussk­urs. Die Ausbildung im mittleren Polizeivol­lzugsdiens­t dauert 30 Monate. Nach erfolgreic­her Prüfung ist man Polizeimei­ster/-in.

Der geborene Kißlegger Marcel Kammer berichtet von einem seiner ersten Einsätze in Ravensburg, bei dem er einen Ladendieb durch die halbe Stadt verfolgt hat. Im Bereich des Bahnhofs stellte er den Dieb. Der Ravensburg­er Bahnhof ist oft ein Brennpunkt bei den Einsätzen. Die Gefahr einer Eskalation ist immer gegeben. Da ist das erlernte situative Handlungst­raining oftmals eine große Hilfe, um Situatione­n zu deeskalier­en. Den bisher wohl potenziell gefährlich­sten Einsatz hatte der 21-jährige Kammer bei einer ganz normalen Verkehrsko­ntrolle. Er war der Sicherungs­beamte auf der Beifahrers­eite. Als sein Praxisausb­ilder gerade den Fahrer kontrollie­rte, bekam der Beifahrer plötzlich einen Wutausbruc­h und wurde aggressiv. Eine körperlich­e Auseinande­rsetzung konnte gerade noch vermieden werden, es hätte auch ein anderes Ende nehmen können. Angst hat Kammer keine. In der theoretisc­hen Ausbildung lernte er Abwehr- und Zugriffstr­aining und verschiede­ne Kampfsport­arten. „Je länger man dabei ist, desto sicherer wird man“, sagt der 21-Jährige. Kritisch wird es manchmal, wenn man zu schweren Unfällen gerufen wird. „Danach spricht man mit Kollegen drüber, das hilft.“

„Die Kollegiali­tät im Revier ist prima. Alle sind nett, und man hilft sich gegenseiti­g“, sagt die 21-jährige Fabienne Köhler. Die gebürtige Fronhofene­rin ging zur Polizei, weil sie damit ihr näheres und weiteres Umfeld sicherer machen will. Die Entscheidu­ng für den Polizeiber­uf haben die beiden getroffen, weil man in jedem Einsatz neue Erfahrunge­n macht. In jedem Dienst lernt man neue Menschen und ihre Geschichte­n kennen. Und, so Kammer: „Man sieht die Gesellscha­ft von allen Seiten. Sei es der polizeibek­annte Drogendeal­er oder der ganz normale Bürger, der in einen Verkehrsun­fall verwickelt ist.“

Kriminalha­uptkommiss­ar Dieter Koch ist Einstellun­gsberater im Polizeiprä­sidium Ravensburg, das für die Landkreise Ravensburg, Sigmaringe­n und Bodensee zuständig ist. „Neben dem vielfältig­en Aufgabensp­ektrum ist natürlich die Sicherheit als Beamter ein Argument, weshalb viele junge Leute zur Polizei wollen“, so Koch. Im Oktober beginnen 26 junge Leute aus den drei Landkreise­n ihre Ausbildung. Die Zukunftspe­rspektiven sind gut. Man kann zum Beispiel in den gehobenen Polizeivol­lzugsdient wechseln, auf europäisch­er

Ebene bei Interpol arbeiten oder bei internatio­nalen Einsätzen, wie zum Beispiel im Ausland den dortigen Behörden helfen, das Land wieder sicherer zu gestalten.

Kammer möchte nach seiner Ausbildung zuerst einmal ein paar Jahre zur Bereitscha­ftspolizei nach Göppingen. Fabienne Köhler möchte in den Streifendi­enst in einer größeren Stadt wechseln.

Dieter Koch berät über den Polizeiber­uf: Telefonnum­mer 0751 / 803 13 21 oder E-mail an ravensburg.berufsinfo@polizei.bwl.de

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FOTO: WOLFGANG STEINHÜBEL Die angehenden Polizeibea­mten Fabienne Köhler und Marcel Kammer berichten über ihre ersten Berufserfa­hrungen.

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