Aulendorfer Schwabentherme bleibt für Öffentlichkeit zu
Verhärtete Fronten zwischen Betreiber und Gemeinderat – Begrenzter Zutritt ist das Ergebnis eines langen Streits
- Die reizvolle Region Oberschwaben hat viel zu bieten. So locken speziell auch die vielen Thermen zu Normalzeiten Zigtausende Gäste an – sei es etwa in Bad Waldsee, in Bad Saulgau, in Bad Wurzach oder in Bad Buchau. Auch die Aulendorfer Schwabentherme hat vor der Pandemie rund 300 000 Gäste pro Jahr verzeichnet und war damit ein starker Frequenzbringer für die Stadt. Doch während die umliegenden Thermen nach den coronabedingten Schließungen längst wieder geöffnet haben, ist die Schwabentherme für die breite Öffentlichkeit nicht zugänglich – worüber sich viele Menschen in der Region wundern.
Zuerst sorgte die Corona-pandemie im Frühjahr 2020 für eine vorübergehende Schließung der von Betreiber Kurt Harsch privat geführten Schwabentherme, ab Mitte Juni durften die Gäste des dazugehörenden Thermal-hotels das Bad wieder nutzen. Auch die Gäste des von seiner Frau betriebenen Hotels Hofgut Tiergarten sowie Gäste von Partnerbetrieben (etwa aus anderen Aulendorfer Hotels) dürfen wieder in die Therme rein. Ebenso Kooperationspartner oder Organisationen wie etwa die Dlrg-ortsgruppe Aulendorf (zuletzt für das Zwölf-stunden-rutschen) oder Menschen mit Gutscheinen oder sogenannten Geldwertkarten, die es ab 250 Euro zu kaufen gibt. Der breiten Öffentlichkeit bleibt der Zutritt seit mehr als einem Jahr allerdings verwehrt.
Es war bereits im Sommer 2020 abzusehen, dass die beliebte Therme nicht mehr so schnell für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird. So teilte Thermeninhaber und Bauunternehmer
Harsch bereits damals auf Sz-anfrage mit, dass das „Bad für die Öffentlichkeit bis auf Weiteres geschlossen bleibt“. Zu den Gründen wollte er sich vor einem Jahr nicht äußern. „Das Bad bleibt zu“, sagte er rigoros. Es gebe dafür „mehrere Ursachen“.
Dass dies so kommen wird, ist nicht ganz überraschend, denn in öffentlichen Gemeinderatssitzungen hat Harsch – seines Zeichens auch Cdu-stadtrat – schon mehr als einmal angekündigt, dass er das von ihm 2013 übernommene und vormals tief in den roten Zahlen steckende Thermalbad (2012 wurde ein Insolvenzantrag gestellt) nicht mehr für die Öffentlichkeit öffnen werde, sofern ihm die Kommune und der Gemeinderat bei seinem Vorhaben im Bereich bezahlbares Wohnen nicht entgegenkommen. Die Therme dabei als Druckmittel in einem demokratischen Gremium zu verwenden, ist ein großer Kritikpunkt an seinem Vorgehen.
Über die eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten des Bads sagte er nun auf neuerliche Sz-anfrage: „Die Kommune will das so, ich bekomme keine Unterstützung. Ich habe keine Wohnungen und keine Mitarbeiter. Ich bin stinkesauer.“Er habe viel getan in und für die Stadt Aulendorf. „Jetzt ist Schluss.“Damit setzt er also seine zuvor bereits angekündigten Konsequenzen in die Tat um und lässt das Thermalbad – ein wichtiger touristischer Faktor für die Stadt Aulendorf – für die breite Öffentlichkeit geschlossen.
Doch was sind die Gründe für seine Reaktion? Hintergrund sind Harschs gescheiterte Pläne, bei der Schwabentherme ein vierstöckiges Wohnhaus mit neun Wohnungen samt Garagen zu bauen. Es sollte an der Ecke des Parkplatzes in unmittelbarer Nähe zur Therme errichtet werden. Das mehrstöckige Gebäude sollte bezahlbare Wohnungen für die Mitarbeiter der Therme, des Thermal-hotels sowie für das Hotel Hofgut Tiergarten bereitstellen. Gerade die Corona-krise hat bekanntlich den Personalmangel in der Gastronomie und Hotellerie noch einmal verstärkt, auch bei Bädern ist der Fachkräftemangel schon länger Thema.
Der Gemeinderat verweigerte sich jedoch zuletzt im April 2020 bekanntlich mehrheitlich dem Vorhaben. BUS und SPD stimmten geschlossen dagegen, CDU und Bürgermeister Matthias Burth dafür (der Rathauschef forderte aber eine kleinere Variante mit einem nur dreigeschossigen Wohnhaus), von den anwesenden beiden Fwv-räten Oliver Jöchle und Ralf Michalski entfiel eine Stimme je Lager.
Zum Verständnis: Weil es sich um ein Sondernutzungsgebiet handelt, sind in dem Bereich ganz gezielt nur das Thermalbad, die Kurklinik und die Ferienwohnanlage erlaubt. Wohnhäuser und Wohnen sind dort, egal ob allgemein oder für Mitarbeiter, nicht vorgesehen. Geregelt ist das im gültigen Bebauungsplan.
Um das geplante Wohnhaus zu ermöglichen, müsste der Bebauungsplan mit Zustimmung des Gemeinderats geändert werden. Zuletzt hatte ihn der Rat 2017 angepasst, damit das Thermal-hotel als Ferienwohnanlage dort entstehen konnte – auch ein umstrittenes Vorhaben. Vor allem, dass Harsch immer wieder die Reihenfolge bei Bauvorhaben verwechselt und schwarz baut, war dabei Thema. Auch beim Bau des Thermal-hotels setzte der Bauherr einen Multifunktionsraum ohne Baugenehmigung um.
Wie Burth im Sz-gespräch bestätigte, beschäftigt das Wohnbau-vorhaben an der Therme den Gemeinderat schon seit längerer Zeit. Seinen Erläuterungen nach sorgen mehrere Punkte dafür, dass der Gemeinderat mehrheitlich gegen die Wohnbebauung stimmte. Zum einen der Wunsch, dass es bei dem Gebiet vornehmlich bei einem Kurgebiet bleibe und mit dem geplanten Wohnhaus nicht doch der Einstieg in eine Wohnbebauung stattfinde.
Seit vielen Jahren gibt es Vorbehalte (auch unter manchen Gemeinderäten) und Gerüchte in der Stadt, dass Harsch die ehemals insolvente Therme schließen wolle, um das Gelände in wertvolles Bauland umzuwandeln. Laut Burth ist das jedoch Unsinn, da Harsch seit Jahren umfassend in die Therme, in das Thermalhotel und die Erweiterung des Angebots investiert habe. „Wenn er die Therme schließen wollte, hätte er das schon längst tun können. Stattdessen steckt er seit Jahren viel Geld da rein.“Zudem gibt es eben den bereits erwähnten gültigen Bebauungsplan, der Wohnen ohne Änderungszustimmung des Gemeinderats dort nicht zulässt.
Zudem hätten laut Burth viele Betriebe das Problem, ohne bezahlbaren Wohnraum keine Mitarbeiter mehr zu finden, das gelte eben auch für das Thermalbad samt Hotel. Daher habe er den sachdienlichen Vorschlag gemacht, das Vorhaben in abgespeckter Form zuzulassen. Zumal das Thermalbad ein wichtiger Faktor für den Tourismus und die Attraktivität der Stadt sei. „Die Bedeutung des Thermalbads für Aulendorf muss unbestritten sein“, so Burth.
Nun scheint die Situation festgefahren zu sein. Bei den ablehnenden Gemeinderäten hat sich laut Burth die Haltung nicht geändert. Harsch hingegen sei auf Alternativvorschläge ebenfalls nicht eingegangen und seinerseits stur geblieben. Daher bringe es nichts, das Thema erneut im Gemeinderat zu besprechen. „Das Spiel kann man sonst noch ewig treiben“, so Burth. Da es sich um eine demokratische Mehrheitsentscheidung handle, müsse das Ergebnis des Beschlusses akzeptiert werden.