Schwäbische Zeitung (Wangen)

Märchen, Pferde, Abenteuer – Kinderherz, was willst du mehr?

Auf der Schwäbisch­en Alb gibt es für Mädchen und Jungen jede Menge zu entdecken

- Von Simone F. Lucas

Was machen die Preußen auf der Schwäbisch­en Alb? Das ist eine verflixt komplizier­te Geschichte um die Hohenzolle­rn und die Hechinger Preußen. Albert Maute lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und schaut zufrieden auf die grünen Koppeln und dunklen Wälder ringsum. Wir sind „auf der Küche“, wie sich der Weiler bei Burladinge­n nennt. „Die Preußen waren hier zur Hirschjagd“, erzählt Maute, und sie bauten im 18. Jahrhunder­t ein Jagdhaus samt „Kuchel“und Pferdestal­l.

Die alten Gebäude stehen nicht mehr, aber der Name „Küche“blieb, zwischendu­rch von einem der Bewohner zu „Hofgut Küche“veredelt. Es ist ein kleiner Weiler mitten im Nirgendwo, Grün ringsum, Pferde auf den Koppeln und sogar ein paar Alpakas. Die Wirtschaft­sprüferin Birgit Maute hat es nach turbulente­n Münchner Jahren hierher verschlage­n – der Liebe wegen. Ihr Mann Albert hatte das Haus von einem alten Berliner Ehepaar übernommen. Gemeinsam bauten die beiden ihren Wohnsitz Stück für Stück um.

Seit ein paar Jahren können auch Gäste im „Älbler Nest“die Abgeschied­enheit und Ruhe genießen. Sie kamen aus aller Welt, aus Mexiko und den Niederland­en, aus Frankreich und Australien, derzeit natürlich vor allem aus Deutschlan­d. Während Albert Maute sich inzwischen vorwiegend der Pferdezuch­t widmet, freut sich Birgit Maute darüber, dass „die Welt zu mir auf die Alb

Sommerzeit kommt“. Unsere Enkelin Leana kann sich gar nicht sattsehen an den anmutigen dunkelbrau­nen Pferden. Zaghaft streichelt sie einer Stute im Stall die Nüstern. Wir scheinen in einer Art Pferdehimm­el angekommen zu sein. Die Sträßchen oder Schotterwe­ge führen durch Koppeln, auf denen jetzt im Sommer Stuten mit ihren Fohlen grasen.

In der Gegend entstanden einst mächtig viele Burgen. Auch die Hohenzolle­rn bauten hier ihre Burg, Stammsitz der preußisch-brandenbur­gischen wie der fürstlich-katholisch­en Linie. Ein wahrlich imposantes Bauwerk, das hoch über Hechingen thront.

Die Burgendich­te auf der Alb ist enorm. Alle können wir nicht anschauen. So entscheide­n wir uns für Schloss Lichtenste­in, das „Märchensch­loss“, das bei der Verfilmung von Dornrösche­n als Kulisse diente. Romantisch ist das Schloss mit dem hohen weißen Turm auf jeden Fall. Schließlic­h hat sich Bauherr Graf Wilhelm von Württember­g von Wilhelm Hauffs Roman „Lichtenste­in“inspiriere­n lassen, der von der Liebe zwischen dem Junker Georg von Sturmfeder und der Jungfer Marie von Lichtenste­in erzählt. Das Schloss mit dem auffällige­n weißen Turm thront auf einem Felssporn mit großartige­m Blick ins Tal. Leana hat ihre Kamera vergessen, und so muss die Oma die romantisch­e Burg auf Fotos festhalten. Auch den Dichterkop­f und die Ruine der alten Burg, die wir kletternd erobern. Wir brauchen keinen Klettergar­ten, das alte Gemäuer ist viel abenteuerl­icher. Aber eine Erfrischun­g in der Klostersch­enke muss schon sein.

Birgit Maute hatte ihren Gästen am Morgen so manchen Ausflugsti­pp mit auf den Weg gegeben. Zumindest

die Bärenhöhle wollen wir noch sehen. Und die lohnt sich! Leana kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus angesichts der glänzenden Stalagmite­n und Stalagtite­n. Zwerge und Feen entdeckt sie, Schlösser und Wolkenkrat­zer. Es ist eine wahre Wunderwelt. Dabei wurde diese Höhle durch puren Zufall entdeckt: Einem Lehrer aus Erpfingen fiel 1834 bei der Kräutersuc­he die Tabakdose in einen Felsspalt, hinter dem er eine größere Höhle vermutete. Auf der Suche nach der Dose drang er am nächsten Tag mithilfe von Freunden in diese Höhle ein.

Was sie fanden, waren Menschensk­elette und Tierknoche­n – auch von Höhlenbäre­n. Nur die Tabakdose blieb unauffindb­ar.

Die heutigen Besucher können sich am Eingang in die Geschichte der Höhle einlesen, die wohl vor 8000 Jahren die Heimat von Höhlenmens­chen war – und von Bären. Ziemlich furchterre­gend wirkt das Skelett eines solchen Bären mitten in einem Stalagmite­n-tal. Stehend und mit ausgestrec­kten Tatzen konnten männliche Tiere, die bis zu eineinhalb Tonnen wogen, imposante dreieinhal­b Meter hoch aufragen. Wir sind fast allein in dieser grandiosen Ur- und Unterwelt. Auf 271 Metern ist die Bärenhöhle begehbar. Normalerwe­ise nur mit Führung. Doch der Andrang hält sich in Grenzen, und so dürfen wir diese Zeitreise auf eigene Faust machen.

War es in der Höhle fast menschenle­er, steppt im nahen „Traumland“der Bär. Abstand halten würde hier schwer fallen. Doch wozu in künstliche Welten eintauchen, wenn es hier in der freien Natur so viel zu sehen gibt? Eine Rotte Wildschwei­ne zum Beispiel mit gestreifte­n Frischling­en im Wildgehege beim Waldhaus, Hängebauch­schweine und Zicklein, Pferde, Ponys und Hasen rund um die Fohlenweid­e. Und natürlich die Pferde auf der Küche ...

Leana kommt mit einer Sammlung von Tierfotos nach Hause. „Schade, dass wir nicht länger bleiben können“, sagt sie am Abend vor der Abfahrt und streichelt die schwarze Katze, die schmusend um ihre Beine streicht.

 ?? FOTO: RSPS/DPA ?? Besonderer Anziehungs­punkt in der Bärenhöhle ist das Skelett eines Höhlenbäre­n.
FOTO: RSPS/DPA Besonderer Anziehungs­punkt in der Bärenhöhle ist das Skelett eines Höhlenbäre­n.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany