Neue Pflegeleiterin will Job attraktiver machen
Welche Aufgaben Jennifer Paul bei der OSK in Wangen und Ravensburg hat
- Es gibt●eine neue Leiterin für das sogenannte Pflege- und Prozessmanagement am Westallgäuklinikum der Oberschwabenklinik (OSK) in Wangen. Wie Jennifer Paul den Pflegeberuf wieder attraktiver gestalten will und welche Verbesserungsvorschläge sie hat, darüber hat die „Schwäbische Zeitung“mit ihr gesprochen.
„Ein Stück weit liegt der Pflegeberuf bereits in meiner Familie und das hat mich damals dazu bewogen, in die Gesundheits- und Krankenpflege einzusteigen“, erzählt Jennifer Paul. „Ich habe die Berufswahl nie bereut und übe den Beruf mit viel Leidenschaft aus.“An dem Job reize sie, dass man jeden Tag über sich hinauswachsen könne.
Paul begann ihren Berufsweg mit einer Ausbildung zur Gesundheitsund Krankenpflegerin in Braunschweig. Danach absolvierte sie im Klinikum Augsburg eine Weiterbildung zur Fachkrankenpflegerin für Anästhesie und Intensivpflege. Später arbeitete sie am Universitätsklinikum Ulm als Assistentin im Opmanagement. Zudem studierte sie berufsbegleitend Management für Gesundheits- und Pflegeberufe an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Neu-ulm.
„Meine Oma hat immer scherzhaft gesagt, dass es mich in den Süden zieht. Es gibt kaum so eine schöne Wohngegend wie in der Region mit so viel Lebensqualität“, sagt die 31-Jährige. Sie schätze sehr, dass man innerhalb kürzester Zeit am Bodensee und in den Bergen ist. „Auch die Mentalität in Süddeutschland gefällt mir, ich habe mich direkt wohlgefühlt und Anschluss gefunden.“
Die OSK habe sie von der Größe und dem Spektrum in den Bereichen Pflege und Medizin, auch wegen der modernen medizinischen Konzepte, direkt angesprochen.
Am St. Elisabethen-klinikum (EK) in Ravensburg ist sie schon seit Jahresanfang als Leiterin für das Pflege- und Prozessmanagement tätig. In Wangen ist sie in ihrer neuen Funktion nun zuständig für den gesamten Pflegedienst und darüber hinaus auch für alle anderen Berufsgruppen, die direkt am Patientenbett tätig sind. „Ich bin letztes Jahr im August im Westallgäu-klinikum unterwegs gewesen und fand direkt ein offenes und herzliches Miteinander vor. Auch die medizinische Versorgung ist sehr reizvoll.“
Paul teilt sich die Arbeit zwischen den Standorten Ravensburg und Wangen auf. Mittlerweile sei sie präsenter in Wangen, um das Haus kennenzulernen und ein Verständnis dafür zu entwickeln. Ein bis zwei Tage in der Woche arbeitet sie im EK, um dort für die Mitarbeiter da zu sein. „Mir ist es sehr wichtig, dass die Mitarbeiter wissen, dass sie einen Ansprechpartner in mir finden. Ich weiß, was es heißt, wenn man anstrengende Schichten vor oder hinter sich hat“, sagt die 31-Jährige. Und: „Ich pflege ein Konzept der offenen Tür, sodass sich Pflegekräfte mit ihren Problemen und Sorgen jederzeit an mich wenden können.“
Insgesamt sind ihr rund 300 Beschäftigte zugeordnet. Das Gesundheitswesen an sich sei mit vielen Veränderungen verbunden, die man mittragen müsse, so Jennifer Paul. „Wir versuchen, die Mitarbeiter gemeinsam gut hindurchzuführen. Ich bin transparent und authentisch für die Mitarbeiter, damit wir gemeinsam diesen Weg gehen und schaffen können.“Sie freue sich, ihren Erfahrungsschatz in Wangen einzubringen und dort mitzugestalten.
Ein großer Teil ihrer Arbeit sei auch Akquise, da sie sich mit ihrem Team darüber Gedanken mache, wie dem Pflegenotstand entgegengewirkt werden kann. „Wir haben intensiv daran gearbeitet und Maßnahmen definiert, die wir angehen.“So biete man alternative Arbeitszeitmodelle für Pflegekräfte an und stocke die Ausbildungsplätze auf. „Wir wollen auch die Fsj-stellen verdoppeln, um viele bereits nach der Schule für den Klinikalltag zu gewinnen.“
Auch Nachhilfe und Sprachkurse würden zukünftig in der Ausbildung angeboten – ebenso wie ein Ausbildungsbeginn im Frühjahr. Ein weiterer Bonus für die Pflegekräfte: der Flex-pool an allen Osk-standorten. Dort würde man den Arbeitszeitwünschen
von Müttern entgegenkommen. „Wir haben die Stellenanzeigen für den Flex-pool als arbeitnehmerfreundliches Modell für Familien erhöht. Er wird gut genutzt. Das ist eine Win-win-situation für alle Seiten“, berichtet die Gesundheitsund Krankenpflegerin.
Durch die Corona-pandemie gebe es eine zusätzliche Belastung im Berufsalltag. Flexibilität und schnelles Umdenken seien gefordert. „Trotz der Schwere der Pandemie haben wir in Wangen viel gelacht und hatten viel Herzlichkeit“, berichtet Paul. „Die Zusammenarbeit mit den Medizinern wurde selten so gefördert wie in den letzten Monaten, das hat gut funktioniert.“
Einen positiven Nebeneffekt sieht Paul darin, dass der Pflegeberuf durch die Corona-situation wieder an Stellenwert in Gesellschaft und Politik gewonnen habe. „Das ganze Thema Pflegefachmangel wurde deutlich mehr in den Vordergrund gerückt und ich hoffe, dass es so schnell nicht abnimmt.“In der
Pflege gebe es hervorragende Perspektiven, aber immer noch Verbesserungsbedarf, an dem die Politik noch arbeiten müsse.
Die größten Herausforderungen lägen in der Ausbildung, für die in letzten Jahrzehnten zu wenig geworben wurde. „Es gibt eine Anerkennung und es gibt Ansprüche in der Gesellschaft an die Pflege. Was wir brauchen, ist noch mehr Verständnis für die Berufsgruppe, die rund um die Uhr verfügbar sein muss“, so Paul.
Ihre Kolleginnen und Kollegen und sie hätten den Wunsch, mehr Personen in die Ausbildung zu bringen und dort zu halten. Auch flexible Arbeitszeiten und die Vergütung seien Themen. „Durch den Personalmangel kommt es zur Arbeitsverdichtung. Wenn wir es schaffen, mehr junge Menschen für den Pflegeberuf in Zukunft zu begeistern und die erfahrenen Pflegekräfte im Beruf zu halten, können wir den Pflegeberuf attraktiv gestalten“, ist sich Paul sicher.