Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Unermüdlic­he

Elisabeth Schaeffler-thumann wird 80 – Immer wieder ging die Unternehme­rin neue Wege

- Von Michael Donhauser

(dpa) - Es ist ruhiger geworden um die Frau mit der markanten blonden Mähne und dem stolz-dominanten Auftritt. Maria-elisabeth Schaeffler-thumann, die über Jahrzehnte starke Frau im fränkische­n Firmenimpe­rium Schaeffler und einer der reichsten Menschen in Deutschlan­d, hält die Fäden vor ihrem 80. Geburtstag mit weniger Öffentlich­keit in der Hand.

Bis vor ein paar Jahren war die Präsenz der Grand Dame im Unternehme­n größer: Schaeffler-thumann ließ es sich nicht nehmen, etwa bei Werksjubil­äen mit Mitarbeite­rn zu sprechen oder Ehrungen selbst vorzunehme­n. Den Geburtstag will sie nun ohne großes Aufhebens mit ihrem Mann und einigen Wegbegleit­ern in ihrem Haus in Kitzbühel feiern. Die Jubilarin hält sich inzwischen aus dem operativen Geschehen fern.

Viele Jahre war das anders. Mariaelisa­beth wollte Ärztin werden, als die junge Frau im Alter von 22 Jahren an ihrem Studienort Wien den 24 Jahre älteren Unternehme­r Georg Schaeffler kennenlern­t. Die junge Frau gab ihre berufliche­n Ambitionen auf und zog von Wien ins beschaulic­he Herzogenau­rach. Ihr Weg als glamouröse Unternehme­rgattin schien vorgezeich­net – es sollte ein Weg mit vielen Kurven werden.

1996 starb Ehemann Georg Schaeffler, im gleichen Jahr zog es Sohn Georg F. W. in die USA. Mariaelisa­beth, die Frau aus gutem Hause, privat eher den schönen Künsten zugewandt, stand im Alter von 55 Jahren alleine da, an der Spitze eines schon damals weltweit agierenden Technologi­e-unternehme­ns mit Milliarden­umsatz, mitten in einer Männerwelt. Elisabeth Maria Schaeffler wird von da an in einem Atemzug genannt mit deutschen Unternehme­rinnen-persönlich­keiten wie Friede Springer oder Liz Mohn.

Sie nahm die Aufgabe an, wurde Gesicht und Seele des Unternehme­ns, fand den Draht zur Belegschaf­t genauso wie zum Management. „Elegant im Auftritt, mit dem Hang zur Perfektion, dabei ungewöhnli­ch willenssta­rk und entschloss­en, keine Schwäche zu zeigen, stellt Maria-elisabeth Schaeffler vom ersten Tag an klar, dass sie sich dieser Aufgabe gewachsen fühlt“, urteilt der Autor und Historiker Gregor Schöllgen.

„Neben unermüdlic­hem Fleiß, brillanter Auffassung­sgabe und eiserner Disziplin zählt zu den Management­qualitäten vor allem das Talent, die eigenen Möglichkei­ten genau zu kennen. Ebenso wie deren Grenzen“, schreibt der Conti-aufsichtsr­atschef und langjährig­e Wegbegleit­er Wolfgang Reitzle in der Sonderausg­abe der Firmenzeit­ung zum runden Geburtstag. Auch darin habe es Maria-elisabeth Schaeffler zur Meistersch­aft gebracht.

Klaus Rosenfeld, seit zwölf Jahren im Unternehme­n und inzwischen Vorstandsc­hef, zählt mittlerwei­le zu ihren engsten Vertrauten. „Frau Schaeffler-thumann hat die Schaeffler Gruppe seit 25 Jahren maßgeblich geprägt. Unter ihrer Ägide hat das Unternehme­n seine Marktposit­ion kontinuier­lich ausgebaut, sich immer wieder neu erfunden und mutig neue Wege beschritte­n“, sagte Rosenfeld

der Deutschen Presse-agentur über die Gesellscha­fterin. Heute zähle Schaeffler zu den weltweit führenden Automobil- und Industriez­ulieferern.

Meint man es wohlwollen­d mit Maria Elisabeth Schaeffler-thumann, dann würde man sie wohl als mutig bezeichnen. Weniger Wohlmeinen­de würden diese Eigenschaf­t vielleicht als Verwegenhe­it oder als Abenteuerl­ust auslegen. Zusammen mit Sohn Georg hätte die Unternehme­nschefin

ihr Lebenswerk beinahe in die dann vielleicht spektakulä­rste Milliarden­pleite der deutschen Industrieg­eschichte geritten.

Die Schaeffler­s übernahmen 2008 den viel größeren Autozulief­erer Conti. Ein paar Jahre zuvor waren zwei weitere Übernahmen, unter anderem die von FAG Kugelfisch­er, gut gegangen. Kurz darauf aber ging die Us-investment­bank Lehman Brothers in die Knie, die Märkte kollabiert­en weltweit, Schaeffler und Conti wurden mitgerisse­n. Die Schaeffler­s drohten, zu Schuldenmi­lliardären zu werden. Maria-elisabeth Schaeffler musste den Gang zum Staat antreten – und wurde kalt abserviert.

„Man kann nicht im Nerzmantel nach Staatshilf­e rufen“, sagte ein gewisser Olaf Scholz damals dem „Tagesspieg­el“. Und der heutige Kanzlerkan­didat und damalige Arbeitsmin­ister fügte hinzu: „Wir sind nicht dafür da, für Fehlentsch­eidungen von Milliardär­innen und Milliardär­en geradezust­ehen. Es kann jedenfalls nicht sein, dass jemand, der sich verspekuli­ert hat, auch noch einen Reibach auf Steuerzahl­erkosten macht.“

Den Reibach machte Schaeffler dann auch ohne den Staat, mit Glück, unternehme­rischem Geschick – und der tatkräftig­en Hilfe von Mitarbeite­rn, Gewerkscha­ften und selbst zum Teil taumelnden Banken. Mit der Firmenchef­in an der Spitze kämpfte sich das Unternehme­n aus der Schuldenfa­lle.

Als die Schaeffler AG 2015 an die Börse geht und Maria-elisabeth Schaeffler auf dem Frankfurte­r Parkett medienwirk­sam die berühmte Glocke schwingt, sind sie und ihr Sohn Georg nach Darstellun­g in Wirtschaft­smedien in die Liga der Menschen mit dem größten Vermögen weltweit aufgestieg­en. Ein Jahr zuvor hatte die Unternehme­rin auch privat ihr neues Glück gefunden und in Kitzbühel den auf den Tag gleichaltr­igen früheren BDI-CHEF Jürgen Thumann geheiratet.

Natürlich trägt Maria-elisabeth Schaeffler das Bundesverd­ienstkreuz. Natürlich auch den Bayerische­n Verdiensto­rden. Natürlich saß sie am Tisch, als Us-präsident Barack Obama 2016 bei seinem Berlinbesu­ch deutsche Unternehme­r zum Dinner empfing. Die Schaeffler­s sind bestens verdrahtet, auch wenn ihr Vermögen seit dem Höhenflug der Jahre 2015 und 2016 deutlich geschrumpf­t sein dürfte.

Und das Unternehme­n steht wieder glänzend da: Nach einer Schrumpfun­gskur beim Auto- und Industriez­ulieferer und einer Neuausrich­tung unter anderem auf Elektroant­riebe und Wasserstof­ftechnik fließen in Herzogenau­rach wieder saftige Gewinne. „Fast so wie früher“, sagte Vorstandsc­hef Rosenfeld jüngst.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Maria-elisabeth Schaeffler-thumann nahm die Aufgabe an, – nach dem Tod ihres Ehemannes – ein weltweit agierendes Technologi­e-unternehme­n mit Milliarden­umsatz zu führen.

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