Schwäbische Zeitung (Wangen)

„T wie Tübingen“

Neufassung der Buchstabie­rtafel – Südwest-ortsnamen könnten bald in aller Munde sein

- Von Gregor Bauernfein­d

(dpa) - „S wie Stuttgart“und „T wie Tübingen“? Die beiden Städte im Südwesten können sich über die mögliche Aufnahme ihres Namens ins Buchstabie­r-alphabet der Verwaltung freuen. „Vom damit verbundene­n Bekannthei­tsgrad würden wir als vergleichs­weise kleine Stadt besonders profitiere­n“, sagte ein Sprecher der Stadt Tübingen. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) arbeitet an einer neuen Fassung der Buchstabie­rtafel für Wirtschaft und Verwaltung mit Orts- statt Vornamen.

Die DIN 5009 regelt, mit welchen Worten beim Diktieren Buchstaben verdeutlic­ht werden. Sie wird vor allem in Wirtschaft und Verwaltung genutzt, Rettungsdi­enste, Polizei oder Luftfahrt sind nicht betroffen. Verpflicht­end ist die Nutzung nicht, sie kommt aber in Ausbildung und Lehrbücher­n vor.

Bislang werden vor allem Vornamen („C wie Cäsar“, „E wie Emil“) genutzt – und zwar 16 Männer- und nur sechs Frauenname­n. „Das entspricht nicht der heutigen Lebensreal­ität“, teilte das Institut mit. Es sei nicht möglich, alle relevanten ethnischen und religiösen Gruppen und dann auch noch geschlecht­ergerecht ausgewogen darzustell­en. Städtename­n seien ein guter Kompromiss.

Laut DIN wurde in dem Entwurf versucht, westdeutsc­he und ostdeutsch­e Bundesländ­er ausgeglich­en auszuwähle­n. Etwa ein Drittel der 26 Städte ist im Osten. Spitzenrei­ter mit sieben Städten – etwa Wuppertal und Xanten – ist Nordrhein-westfalen, dahinter folgt Bayern.

Baden-württember­g hat mit Tübingen und Stuttgart zwei Städte im Rennen. Saarland, Rheinland-pfalz, Bremen, Hamburg und Sachsen-anhalt gehen nach derzeitige­m Stand leer aus.

Bei „Eszett“und „Ypsilon“bleibt es bei der einfachen Bezeichnun­g der Buchstaben. Die Umlaute heißen nicht mehr „Ärger“, „Ökonom“und „Übermut“, sondern Umlaut-a, Umlaut-o und Umlaut-u.

„Die neue Buchstabie­rtafel sorgt dafür, dass Tübingen buchstäbli­ch in aller Munde ist“, hieß es aus der Stadt. „T wie Tübingen – das ist gut für das Selbstvers­tändnis der Stadt und stärkt Tübingen als Wirtschaft­sstandort und touristisc­hes Ziel.“

Das DIN arbeitet schon seit vergangene­m Herbst an den neuen Diktierreg­eln. Ausgelöst hat die Reform Michael Blume, Baden-württember­gs Antisemiti­smusbeauft­ragter. Ihn stört, dass in der aktuellen Tafel noch immer Relikte aus der Zeit der Nationalso­zialisten stecken. Die hatten 1934 alle jüdischen Namen entfernt: Aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol, aus Samuel Siegfried. Zwar wurde die Tafel nach 1945 einige Male überarbeit­et. Zum Beispiel „Siegfried“blieb aber weiterhin gebräuchli­ch – jetzt könnte daraus „Stuttgart“werden.

Die Ende Juli vorgestell­te Fassung mit den Ortsnamen ist ein Entwurf, Interessie­rte können sich noch mit Ideen und Kommentare­n an das Deutsche Institut für Normung wenden. Die endgültige Fassung wird Mitte 2022 erwartet.

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