Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Blutsport“oder nützliches Vergnügen?

In England beginnt die Fuchsjagd-saison – Tierschütz­er fordern schärfere Gesetze

- Von Benedikt von Imhoff

(dpa) - Kläffend jagen Hunde an Hecken vorbei, ein Fuchs läuft durch Wiesen und Felder davon, ihm auf den Fersen eine Horde Reiter in leuchtend roten Jacken. Jahrhunder­telang ein vertrautes Bild in britischen Landstrich­en. Auch in diesem Jahr werden bald wieder die Jagdclubs ausschwärm­en. Doch statt einem Fuchs rast die Meute einer Geruchsspu­r hinterher – die Hetzjagd auf lebende Tiere ist seit 2005 in England verboten. Tierschütz­ern aber geht das nicht weit genug. Sie fordern schärfere Gesetze: „Die Fuchsjagd ist ein brutaler Blutsport, der in die Geschichts­bücher gehört“, sagt Chris Luffingham von der Organisati­on League Against Cruel Sports.

Das Problem aus Sicht des „Bunds gegen grausame Sportarten“, wie die deutsche Übersetzun­g lautet: Indem die abgerichte­ten Hunde einer künstliche­n Fuchsspur folgen, stöbern sie immer wieder echte Füchse auf – und hetzen sie entgegen der Gesetze zu Tode. In jeder Saison würden zahlreiche Fälle gemeldet, so die Jagdgegner und fordern Haftstrafe­n zur Abschrecku­ng.

Die Befürworte­r halten dagegen: Seit dem Verbot hätten Clubs 250 000 Tage mit legalem Trail Hunting, wie die tierlose Spurenjagd heißt, verbracht, und nur bei einem Bruchteil sei es zu Verstößen gekommen. Wichtig sei vielmehr, dass an der Jagdindust­rie zahlreiche Jobs hingen, zudem profitiert­en die lokale Gastronomi­e sowie Landwirte. Außerdem könnten Jäger helfen, die „Überpopula­tion“an Füchsen zu reduzieren. In London sind die Tiere ein alltäglich­er Anblick, selbst um den Buckingham­palast streunen sie herum.

In Deutschlan­d wurde die sogenannte Parforceja­gd in den 1930erjahr­en von den Nazis verboten. Heute finden lediglich Schleppjag­den etwa auf einen präpariert­en Fuchsschwa­nz statt. Für viele Briten ist die Jagd aber nach wie vor eine liebgewonn­ene Tradition, auch wenn es sich – allein aufgrund des Unterhalts für die Tiere – oft vor allem um ein Freizeitve­rgnügen der Oberschich­t handelt.

Die fein herausgepu­tzten Reiter, die sich an einen klaren Dresscode zu halten haben, sind aber nur ein Teil der Jagdgesell­schaft. In Autos und zu Fuß folgen den Pferden weitere Teilnehmer und Schaulusti­ge. 40 000 Menschen sind nach Angaben der Organisati­on Countrysid­e Alliance, die „Landsport“wie die Jagd unterstütz­t, regelmäßig beteiligt. Die Fuchsjagd ist nur ein Teil, groß zelebriert wird jedes Jahr der 12. August – der „Glorious Twelfth“, der grandiose Zwölfte – als Beginn der Moorhuhnja­gd.

Doch die Jäger stehen mittlerwei­le heftig unter Druck. Während der jüngsten Saison enthüllte der Sender ITV, dass bei einem Webinar führende Mitglieder eines Jagdclubs zugegeben hatten, Trail Hunting diene nur dazu, die tatsächlic­he tödliche Jagd auf Wildtiere zu verschleie­rn – exakt der Vorwurf, den Tierschütz­er stets erheben.

Als Konsequenz hat nun unter anderem die Organisati­on National Trust, die zahlreiche Naturschut­zgebiete betreut, die Erlaubnis zum Trail Hunting ausgesetzt. Man wolle in einer „stark polarisier­ten und leidenscha­ftlichen Debatte“alle Positionen in Ruhe abwägen.

Zunächst aber wird weiter zum Halali geblasen. Schon Ende August startet das sogenannte Cubbing, bei dem junge Hunde trainiert werden. Einst wurden sie dabei auf unerfahren­e Jungfüchse gehetzt, nun gilt es auch für sie, Spuren zu folgen. Jagdgegner kritisiere­n auch diese Praxis scharf. Es wird wohl nicht das letzte Mal sein, dass Tierschutz und Tradition in Großbritan­nien um die Deutungsho­heit ringen.

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FOTO: BARRY BATCHELOR/DPA Die Fuchshatz ist in Großbritan­nien inzwischen verboten, die abgerichte­ten Hunde folgen stattdesse­n einer künstliche­n Fuchsspur. Trotzdem gibt es nach wie vor Kritik an dieser Tradition.

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