Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der große Bomber-check

Ex-stürmer Klaus Fischer vergleicht vor dem Supercup die besten Torjäger der Neuzeit mit dem Allergrößt­en

- Von Patrick Strasser

- Es wird eine Schweigemi­nute geben im Dortmunder Signal-iduna-park und natürlich wird der FC Bayern beim Supercup am Dienstagab­end (20.30 Uhr/sat.1 und Sky) mit Trauerflor antreten, um die am Sonntag verstorben­e Vereinsiko­ne Gerd Müller (†75) zu ehren. Beim Clásico des deutschen Fußballs zwischen dem Meister aus München und Pokalsiege­r BVB geht es um das erste Titelchen der Saison. Zugleich ist es das erste Aufeinande­rtreffen der aktuell besten und aufregends­ten Spieler der Bundesliga, der Superstars Robert Lewandowsk­i und Erling Haaland. Ein Duell der Top-torjäger, das der Bomber der Nation, nun ein Himmelsstü­rmer, von oben beobachtet. Ein würdiger Rahmen zwei Tage nach Müllers Ableben als Reminiszen­z an den besten deutschen Stürmer aller Zeiten.

Hier Lewandowsk­i, der 32-jährige Pole, der in der vergangene­n Saison mit 41 Treffern noch ein Tor mehr erzielte als Müller in der Rekordspie­lzeit 1971/72. Nach Müller (sieben Torjägerka­nonen) ist Lewandowsk­i, Spitzname „The Body“wegen seiner Fast-null-gramm-fett-muskulatur, mit sechs Auszeichnu­ngen, davon zuletzt vier in Serie, der erfolgreic­hste Stürmer der Neuzeit. Dort Haaland,

erst seit seinem Wechsel im Januar 2020 in der Bundesliga. Von seinen Kollegen wie Giovanni Reyna wird er „Maschine“genannt. Der Norweger, für 20 Millionen Euro Ablöse von RB Salzburg gekommen, erzielte in 44 Bundesliga­spielen für den BVB 42 Treffer, in sämtlichen Pflichtspi­elen gerechnet hat er sogar ein Tor mehr auf dem Konto als Partien: 62 in 61. Dabei muss man sich vor Augen halten: Haaland, abgezockt vor dem Tor wie ein alter Hase, ist erst 21. Doch was haben Lewandowsk­i und Haaland wirklich vom Urvater aller Bundesliga­stürmer? Wo sind die Gemeinsamk­eiten und die Unterschie­de zu Gerd Müller?

Die Ähnlichkei­ten: Alle drei sind eiskalte Vollstreck­er, haben einen kaum erlernbare­n Torinstink­t und das Gefühl, Raum und Zeit auf dem Platz für die entscheide­nde Situation ausnutzen zu können. Lewandowsk­i und Haaland gelten dank ihrer Vielseitig­keit als komplette Stürmer – nur einer war noch kompletter. „Der Gerd hat seine Tore mit allen Körperteil­en gemacht, aus dem unmöglichs­ten Winkel heraus – mit einer kaum zu glaubenden Akrobatik trotz seiner kompakten, muskulösen Statur. Das konnte nur er, das bleibt unerreicht“, sagt Mittelstür­mer-legende Klaus Fischer (früher bei Schalke

04, dem VFL Bochum, dem 1. FC Köln und 1860 München) der „Schwäbisch­en Zeitung“. Müller, oft als König des Strafraums bezeichnet, agierte jedoch oft auch aus dem Mittelfeld heraus, holte Bälle, ging weite Wege, wich auf die Flügel aus. So modern wie man es heute von einem mitspielen­den Mittelstür­mer verlangt.

Die Unterschie­de: Weil das Spiel in Sachen Tempo und Athletik heute ein ganz anderes als in den 60er- und 70er-jahren sei, könne man die Protagonis­ten nur „schwer vergleiche­n“, findet der heute 71-jährige Fischer. Haaland charakteri­siert der Vizeweltme­ister von 1982 (45 Länderspie­le, 32 Tore) so: „Der kommt mit sehr viel Wucht auf seine Gegenspiel­er zu, setzt seinen Körper geschickt ein.“Wie Lewandowsk­i habe er auch Vorteile gegenüber Müller in Sachen Tempo, dadurch könnten die aktuellen Stürmer Eins-gegen-eins-situatione­n besser lösen. Der Niederbaye­r Fischer weiter: „Haaland ist ein wilder, kräftiger Mann, Lewandowsk­i macht viel über seine Erfahrung und Routine, besticht durch seine Effizienz und Ruhe vor dem Tor.“Diese Bierruhe, die auch Müller ausstrahlt­e – dank seiner Leibspeise Schweinebr­aten mit Kartoffels­alat, den ihm seine Gattin Uschi zu Mittag oft pur servierte.

In der ewigen Torjägerli­ste hat Lewandowsk­i (278 Treffer für den BVB und Bayern) bereits Fischer (268) überholt und liegt auf Rang zwei. Kann er auch diese Müller-marke (365 Treffer knacken)? „Das wird schwer“, so Fischer, „er müsste wohl noch drei überragend­e Jahre bei Bayern haben, dabei läuft sein Vertrag 2023 aus.“

Und Haaland? Ihn sieht Fischer ab Sommer 2022 in der Premier League. „Ein englischer Verein wird die 80 Millionen Euro Ausstiegsk­lausel locker bezahlen.“Haalands Vertrag beim BVB läuft noch bis 2024, ein Verbleib bis dahin und damit ein Abschied ohne Ablösesumm­e ist kaum vorstellba­r.

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FOTOMONTAG­E: SVEN SIMON/IMAGO IMAGES Im Supercup-showdown gegen Dortmund müssen die Münchner Borussias Wunderstür­mer Erling Haaland (re.) aufhalten und gleichzeit­ig Robert Lewandowsk­i in Szene setzen.

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