Der Breitbandausbau ist jetzt gesichert
Das Land schüttet hohe Millionensummen aus – Was das am Beispiel Kißleggs bedeutet
- Lange hatten die Städte und Gemeinden gebangt, jetzt aber ist es endgültig fix: Nach dem Bund steckt das Land ebenfalls hohe Millionensummen in den Breitbandausbau. Damit sollen künftig auch in großen Flächengemeinden nahezu alle Weiler und Höfe mit schnellem Internet versorgt werden – zum Beispiel in Kißlegg.
Die Gemeinde hat eine sehr große Fläche, der Breitbandausbau für alle Haushalte ist deshalb entsprechend teuer. Auf gut 34 Millionen Euro beziffert Kämmerer Roland Kant das dafür notwendige Finanzvolumen. Eine Summe, die für Kißlegg allein natürlich nicht stemmbar ist. Daher ist man auf Zuschüsse angewiesen.
Schön länger ist klar, dass der Bund die Hälfte dieser Kosten übernimmt; der entsprechende Bewilligungsbescheid liegt bereits seit rund einem Jahr im Rathaus. Bis jetzt warten musste die Verwaltung indes auf den Beitrag vom Land. Das hat dieser Tage aber bekannt gegeben, gut 13,4 Millionen Euro und damit weitere 40 Prozent der Kosten zu übernehmen. An der Gemeinde bleiben somit lediglich drei bis dreieinhalb Millionen Euro hängen. Dem Breitbandausbau steht finanziell also grundsätzlich nichts mehr im Wege.
Kämmerer Roland Kant wertet die Zusage als „tolles Signal“– übrigens für die ganze Region. Denn Förderbescheide erhalten in diesen Tagen nicht nur die Gemeinde Kißlegg, sondern zahlreiche andere Kommunen im Landkreis Ravensburg beziehungsweise im Landtagswahlkreis Wangen-illertal ebenfalls.
Denn Digitalisierungsminister Thomas Strobl (CDU) gab bei einer Veranstaltung in Vogt Zusagen für 89 Breitbandprojekte von 24 Antragstellern mit einem Gesamtvolumen von mehr als 195 Millionen Euro bekannt. Der mit Abstand größte Anteil dieses Geldes fließt in den Landkreis Ravensburg: Der hiesige Zweckverband Breitbandversorgung erhält 137 Millionen Euro für 44 Projekte – darunter auch das Kißlegger. Aus Perspektive des Landtagswahlkreises Wangen-illertal sind es nach Angaben der beiden Abgeordneten Petra Krebs (Grüne) und Raimund Haser (CDU) übrigens 118 Millionen Euro. Von diesem Geld profitieren in diesem Bereich 18 Gemeinden.
Das war allerdings lange nicht sicher. Denn die Fördertöpfe des Landes waren vor der Landtagswahl weitgehend leer und wurden erst durch die neu aufgelegte grünschwarze Landesregierung gefüllt. Laut Krebs und Haser sind die Mittel in dem Ende Juli verabschiedeten Nachtragshaushalt verankert. Der Termin in Vogt bedeutete also den Vollzug der Zusage.
Der gilt in der unmittelbaren Region – abgesehen von Kißlegg – für diverse weitere Kommunen. So erhalten Bad Wurzach und Leutkirch sogar rund 23 beziehungsweise 20 Millionen Euro. Beide Städte zählen flächenmäßig zu den größten Kommunen im ganzen Land Badenwürttemberg. Mit circa elf Millionen Euro erhält überdies Bad Waldsee einen zweistelligen Betrag.
Begünstigt werden ebenfalls Argenbühl mit 5,6 Millionen Euro und Amtzell mit 5,4 Millionen. Die Stadt Wangen hat eine Zusage über rund 3,1 Millionen Euro erhalten.
Trotz der jetzt fixen Mittelzusagen werden aber nicht sofort die Bagger anrollen, wie das Beispiel Kißlegg zeigt. Denn laut Kämmerer Roland Kant gibt es für den Ausbau bislang lediglich Vorplanungen und noch keinen endgültigen Beschluss des Gemeinderats.
Das Gremium hatte sich vor einigen Monaten zwar eindeutig für den Ausbau entschieden, der laut Kant „das größte Infrastrukturprojekt in der Geschichte der Gemeinde Kißlegg“ist. Damals tat man dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Landesmittel tatsächlich fließen. Mit der jetzt feststehenden Bewilligung soll der Rat bei seiner nächsten Sitzung am 15. September aber endgültig grünes Licht geben.
Das bedeutet: Das Gemeindeparlament erteilt dem Zweckverband Breitbandausbau dann wahrscheinlich den Segen, die Planungsleistungen auszuschreiben. „Danach beginnt bei uns die Umsetzungsphase“, so Kant.
Wieviel Zeit diese in Anspruch nehmen wird, ist noch nicht endgültig klar. Der Kämmerer rechnet gemäß bisheriger Planspiele zwar mit Breitbandanschlüssen für quasi jedes Haus bis Ende 2024 – auch aus dem Grund, dass die Bundesförderung an eine Fertigstellung bis zum Jahr 2025 gekoppelt ist.
Nach Kants Einschätzung ist das allerdings eine „ambitionierte Terminplanung“. Denn neben der Feinplanung stehen überdies Grundstücksverhandlungen an. Dabei muss mit den Eigentümern geklärt werden, auf welchen privaten Flächen Rohre und Glasfaserkabel unter die Erde gelegt werden.
Die Gemeinde hat damit ihre Erfahrungen gemacht, als vor Jahren Dürren und vor allem die Brauerei Farny von Kißlegg aus ans Breitbandnetz angeschlossen wurden. Und vor diesem Hintergrund sagt Kant: „Das wird die spannendste Geschichte.“
Dies ist allerdings nicht die einzige mit Unwägbarkeiten behaftete. Denn das vom Land über der Region ausgeschüttete Füllhorn könnte bei der Umsetzung teilweise zum Boomerang werden. Laut Kant ist die Anzahl der Unternehmen, die den nach seiner Einschätzung technisch „nicht sehr anspruchsvollen“Glasfaserausbau bewältigen können, begrenzt – die Nachfrage dürfte angesichts vieler begünstigter Gemeinden allerdings sehr hoch sein.
Das könnte Zeitpläne ins Wanken bringen und Preise klettern lassen. Und deshalb stellt sich für den Kämmerer schon jetzt die Frage, ob die Fördersummen und Eigenanteile der Kommunen ausreichen werden – trotz ihrer enormen Höhe. Wie die Gemeinde auf diesen möglichen Fall reagieren wird, ist naturgemäß offen. Roland Kant nimmt dabei die Perspektive des Hüters der Gemeindeschatulle ein. Daher sagt er: „Als Kämmerer würde ich sagen, die Obergrenze ist fixiert.“Eben mit den Gesamtkosten von gut 34 Millionen Euro. Und das könnte bedeuten, dass am Ende doch nicht jedes abgelegene Haus in den Genuss des Ausbaus kommen könnte. Denn nach der Rechnung Kants gibt es in Kißlegg Grundstücke, für die der Ausbau allein schon rund 50 000 Euro kosten könnte.
Die Eigentümer mit Beiträgen zu belasten, ist in Kißlegg aber nicht geplant – so oder so: „Ich gehe davon aus, dass die Bürgerinnen und Bürger nichts zuzahlen müssen für ihre Anschlüsse“, so Kant. Auch, weil Digitalisierungsminister Thomas Strobl bei der Veranstaltung in Vogt erklärt hatte, die Anschlüsse erfolgten „bis in die Gebäude“.
In der entsprechenden Pressemitteilung des Ministeriums ist übrigens unter anderem auch von Verbesserungen für Schulen die Rede. Diese hat Kißlegg ebenfalls im Blick. Glasfaser ist laut Kant eben „etwas anderes“als die bisherigen Anschlüsse. Und ihm ist auch bewusst, dass es auch und gerade Schülerinnen und Schüler sein könnten, die vom schnellen Internet profitieren können, auch von daheim aus. Das habe das „Home-schooling“im Zuge der Corona-pandemie eben erst gezeigt.