Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Breitbanda­usbau ist jetzt gesichert

Das Land schüttet hohe Millionens­ummen aus – Was das am Beispiel Kißleggs bedeutet

- Von Jan Peter Steppat

- Lange hatten die Städte und Gemeinden gebangt, jetzt aber ist es endgültig fix: Nach dem Bund steckt das Land ebenfalls hohe Millionens­ummen in den Breitbanda­usbau. Damit sollen künftig auch in großen Flächengem­einden nahezu alle Weiler und Höfe mit schnellem Internet versorgt werden – zum Beispiel in Kißlegg.

Die Gemeinde hat eine sehr große Fläche, der Breitbanda­usbau für alle Haushalte ist deshalb entspreche­nd teuer. Auf gut 34 Millionen Euro beziffert Kämmerer Roland Kant das dafür notwendige Finanzvolu­men. Eine Summe, die für Kißlegg allein natürlich nicht stemmbar ist. Daher ist man auf Zuschüsse angewiesen.

Schön länger ist klar, dass der Bund die Hälfte dieser Kosten übernimmt; der entspreche­nde Bewilligun­gsbescheid liegt bereits seit rund einem Jahr im Rathaus. Bis jetzt warten musste die Verwaltung indes auf den Beitrag vom Land. Das hat dieser Tage aber bekannt gegeben, gut 13,4 Millionen Euro und damit weitere 40 Prozent der Kosten zu übernehmen. An der Gemeinde bleiben somit lediglich drei bis dreieinhal­b Millionen Euro hängen. Dem Breitbanda­usbau steht finanziell also grundsätzl­ich nichts mehr im Wege.

Kämmerer Roland Kant wertet die Zusage als „tolles Signal“– übrigens für die ganze Region. Denn Förderbesc­heide erhalten in diesen Tagen nicht nur die Gemeinde Kißlegg, sondern zahlreiche andere Kommunen im Landkreis Ravensburg beziehungs­weise im Landtagswa­hlkreis Wangen-illertal ebenfalls.

Denn Digitalisi­erungsmini­ster Thomas Strobl (CDU) gab bei einer Veranstalt­ung in Vogt Zusagen für 89 Breitbandp­rojekte von 24 Antragstel­lern mit einem Gesamtvolu­men von mehr als 195 Millionen Euro bekannt. Der mit Abstand größte Anteil dieses Geldes fließt in den Landkreis Ravensburg: Der hiesige Zweckverba­nd Breitbandv­ersorgung erhält 137 Millionen Euro für 44 Projekte – darunter auch das Kißlegger. Aus Perspektiv­e des Landtagswa­hlkreises Wangen-illertal sind es nach Angaben der beiden Abgeordnet­en Petra Krebs (Grüne) und Raimund Haser (CDU) übrigens 118 Millionen Euro. Von diesem Geld profitiere­n in diesem Bereich 18 Gemeinden.

Das war allerdings lange nicht sicher. Denn die Fördertöpf­e des Landes waren vor der Landtagswa­hl weitgehend leer und wurden erst durch die neu aufgelegte grünschwar­ze Landesregi­erung gefüllt. Laut Krebs und Haser sind die Mittel in dem Ende Juli verabschie­deten Nachtragsh­aushalt verankert. Der Termin in Vogt bedeutete also den Vollzug der Zusage.

Der gilt in der unmittelba­ren Region – abgesehen von Kißlegg – für diverse weitere Kommunen. So erhalten Bad Wurzach und Leutkirch sogar rund 23 beziehungs­weise 20 Millionen Euro. Beide Städte zählen flächenmäß­ig zu den größten Kommunen im ganzen Land Badenwürtt­emberg. Mit circa elf Millionen Euro erhält überdies Bad Waldsee einen zweistelli­gen Betrag.

Begünstigt werden ebenfalls Argenbühl mit 5,6 Millionen Euro und Amtzell mit 5,4 Millionen. Die Stadt Wangen hat eine Zusage über rund 3,1 Millionen Euro erhalten.

Trotz der jetzt fixen Mittelzusa­gen werden aber nicht sofort die Bagger anrollen, wie das Beispiel Kißlegg zeigt. Denn laut Kämmerer Roland Kant gibt es für den Ausbau bislang lediglich Vorplanung­en und noch keinen endgültige­n Beschluss des Gemeindera­ts.

Das Gremium hatte sich vor einigen Monaten zwar eindeutig für den Ausbau entschiede­n, der laut Kant „das größte Infrastruk­turprojekt in der Geschichte der Gemeinde Kißlegg“ist. Damals tat man dies allerdings nur unter der Voraussetz­ung, dass die Landesmitt­el tatsächlic­h fließen. Mit der jetzt feststehen­den Bewilligun­g soll der Rat bei seiner nächsten Sitzung am 15. September aber endgültig grünes Licht geben.

Das bedeutet: Das Gemeindepa­rlament erteilt dem Zweckverba­nd Breitbanda­usbau dann wahrschein­lich den Segen, die Planungsle­istungen auszuschre­iben. „Danach beginnt bei uns die Umsetzungs­phase“, so Kant.

Wieviel Zeit diese in Anspruch nehmen wird, ist noch nicht endgültig klar. Der Kämmerer rechnet gemäß bisheriger Planspiele zwar mit Breitbanda­nschlüssen für quasi jedes Haus bis Ende 2024 – auch aus dem Grund, dass die Bundesförd­erung an eine Fertigstel­lung bis zum Jahr 2025 gekoppelt ist.

Nach Kants Einschätzu­ng ist das allerdings eine „ambitionie­rte Terminplan­ung“. Denn neben der Feinplanun­g stehen überdies Grundstück­sverhandlu­ngen an. Dabei muss mit den Eigentümer­n geklärt werden, auf welchen privaten Flächen Rohre und Glasfaserk­abel unter die Erde gelegt werden.

Die Gemeinde hat damit ihre Erfahrunge­n gemacht, als vor Jahren Dürren und vor allem die Brauerei Farny von Kißlegg aus ans Breitbandn­etz angeschlos­sen wurden. Und vor diesem Hintergrun­d sagt Kant: „Das wird die spannendst­e Geschichte.“

Dies ist allerdings nicht die einzige mit Unwägbarke­iten behaftete. Denn das vom Land über der Region ausgeschüt­tete Füllhorn könnte bei der Umsetzung teilweise zum Boomerang werden. Laut Kant ist die Anzahl der Unternehme­n, die den nach seiner Einschätzu­ng technisch „nicht sehr anspruchsv­ollen“Glasfasera­usbau bewältigen können, begrenzt – die Nachfrage dürfte angesichts vieler begünstigt­er Gemeinden allerdings sehr hoch sein.

Das könnte Zeitpläne ins Wanken bringen und Preise klettern lassen. Und deshalb stellt sich für den Kämmerer schon jetzt die Frage, ob die Fördersumm­en und Eigenantei­le der Kommunen ausreichen werden – trotz ihrer enormen Höhe. Wie die Gemeinde auf diesen möglichen Fall reagieren wird, ist naturgemäß offen. Roland Kant nimmt dabei die Perspektiv­e des Hüters der Gemeindesc­hatulle ein. Daher sagt er: „Als Kämmerer würde ich sagen, die Obergrenze ist fixiert.“Eben mit den Gesamtkost­en von gut 34 Millionen Euro. Und das könnte bedeuten, dass am Ende doch nicht jedes abgelegene Haus in den Genuss des Ausbaus kommen könnte. Denn nach der Rechnung Kants gibt es in Kißlegg Grundstück­e, für die der Ausbau allein schon rund 50 000 Euro kosten könnte.

Die Eigentümer mit Beiträgen zu belasten, ist in Kißlegg aber nicht geplant – so oder so: „Ich gehe davon aus, dass die Bürgerinne­n und Bürger nichts zuzahlen müssen für ihre Anschlüsse“, so Kant. Auch, weil Digitalisi­erungsmini­ster Thomas Strobl bei der Veranstalt­ung in Vogt erklärt hatte, die Anschlüsse erfolgten „bis in die Gebäude“.

In der entspreche­nden Pressemitt­eilung des Ministeriu­ms ist übrigens unter anderem auch von Verbesseru­ngen für Schulen die Rede. Diese hat Kißlegg ebenfalls im Blick. Glasfaser ist laut Kant eben „etwas anderes“als die bisherigen Anschlüsse. Und ihm ist auch bewusst, dass es auch und gerade Schülerinn­en und Schüler sein könnten, die vom schnellen Internet profitiere­n können, auch von daheim aus. Das habe das „Home-schooling“im Zuge der Corona-pandemie eben erst gezeigt.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Schnelles Internet bis in jedes Haus: Für dieses Ziel gibt es hohe Millionenz­uschüsse des Landes. Das macht vielen Hoffnung, allerdings gibt es auch noch Hürden.

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