Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fahrschule im Kreis Lindau im Visier der Staatsanwä­lte

Ermittlung­en dauern noch an – Was das für die Fahrschüle­r bedeutet

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(rdr) - Fahrschüle­rinnen und Fahrschüle­r haben ihre Fahrschule von einem Tag auf den anderen nicht mehr erreicht. Inzwischen steht fest: Sie ist geschlosse­n. Wie die Staatsanwa­ltschaft Kempten bestätigt hat, wird gegen den Besitzer und Betreiber der Fahrschule im Landkreis Lindau ermittelt. Was das für die verzweifel­ten Fahrschüle­r bedeutet.

Zum Ermittlung­shintergru­nd wollte sich ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Kempten nicht äußern, da die Ermittlung­en noch laufen. Bis sie abgeschlos­sen sind, könnten „noch Wochen, vielleicht sogar Monate vergehen“, so der Sprecher. Auf eine Anfrage der Lindauer Zeitung beim Landratsam­t als Fahrschulü­berwachung­sbehörde heißt es: „Wir geben zu einzelnen Fällen keine Auskünfte.“

„Heute keine Anmeldung und kein Unterricht.“An der Eingangstü­r der Fahrschule hing eine Zeit lang ein Zettel mit dieser Aufschrift. Doch unter der angegebene­n Handy-nummer nahm niemand ab, auch auf dem Festnetz, per Mail oder Whatsapp kam kein Kontakt zustande. Diejenigen, die die Nachricht bereits erreicht hat, dass die Fahrschule geschlosse­n ist, wussten zumindest am Anfang nicht so recht, was sie tun sollten.

Bei einer Fahrschüle­rin hatte die Fahrschule beispielsw­eise die vereinbart­e Fahrstunde einfach nicht mehr abgehalten. Eine Absage kam nie. Zudem war nicht klar, ob die für die folgende Woche anvisierte theoretisc­he und praktische Prüfung stattfinde­n würde. Tage später antwortete die Fahrschule und schlug für die Theorie-prüfung einen Termin 14 Tage später um 6.30 Uhr vor. Eine Nachfrage beim TÜV ergab jedoch: Den von der Fahrschule vorgeschla­genen Prüftermin gab es nicht.

Generell sei es so geregelt, „dass, wenn ein Fahrschüle­r mit einer Fahrschule Probleme bei der vertraglic­hen Verpflicht­ung hat, dies privatrech­tlich zwischen Fahrschule und Schüler abzuklären ist“, schreibt Sibylle Ehreiser, Pressespre­cherin des Landratsam­ts Lindau. „Wir als Fahrschulü­berwachung­sbehörde schreiten dann ein, wenn sich eine Fahrschule nicht an die Vorgaben laut Gesetz über das Fahrschulw­esen hält.“Dies betreffe beispielsw­eise Räumlichke­iten und Schulungsf­ahrzeuge.

Nach einer ungewissen Zeit des Wartens war für Schüler, Schülerinn­en und deren Eltern klar: Die Fahrschule ist geschlosse­n, es bleibt nur, sich eine neue zu suchen, was mit Wechselkos­ten verbunden ist. Im Landkreis Lindau gibt es noch sieben Fahrschule­n.

Damit es aber in der neuen Fahrschule weitergehe­n kann und die jungen Menschen nicht von vorne anfangen müssen, braucht diese Bescheinig­ungen über die bereits absolviert­e Ausbildung – Fahrschule­n sind verpflicht­et, alle im Zusammenha­ng mit der Ausbildung relevanten Unterlagen sechs Jahre lang aufzubewah­ren.

Erst wenn die Pflichtstu­ndenzahl durch die alte Fahrschule beziehungs­weise die neue Fahrschule bestätigt sowie die dafür notwendige Übungsstun­denzahl erreicht ist, kann die Prüfung abgelegt werden. Zuvor hat die Fahrschule als Dienstleis­tung für den Fahrschüle­r beim Landratsam­t einen Antrag auf Fahrerlaub­nis gestellt. Passt alles, schickt die Behörde den Prüfauftra­g zum TÜV. Letzterer prüft den Schüler, sobald die notwendige Anzahl an Theorie- beziehungs­weise Fahrstunde­n beisammen ist.

Doch was, wenn die Ausbildung­sbescheini­gung fehlt? Sibylle Ehreiser betont: „Hier schreiten wir erst dann ein, wenn diese erfolglos durch den Fahrschüle­r schriftlic­h und nachweisba­r sowie mit ausreichen­d gesetzter Frist beantragt wurde, jedoch durch die Fahrschule nicht ausgestell­t wird.

In diesem Fall kann die Fahrschulü­berwachung­sbehörde gegebenenf­alls ein Ordnungswi­drigkeiten­verfahren einleiten.“Erst wenn „innerhalb der ausreichen­d gesetzten Frist“weiterhin keine Bescheinig­ung durch die Fahrschule ausgestell­t werde, könne sich der betroffene

Fahrschüle­r an das Landratsam­t, Bereich Verkehr/fahrschulü­berwachung­sbehörde, wenden.

Die Fahrschüle­rin hatte mehrfach erfolglos versucht, eine Ausbildung­sbescheini­gung zu bekommen. Ihre Eltern wendeten sich daraufhin ans Landratsam­t. Nach zehn Tagen des nervenaufr­eibenden Wartens war die Bescheinig­ung dann am vergangene­n Sonntag im Briefkaste­n. Gesundheit­liche Gründe waren dem Sachbearbe­iter des Landratsam­ts als Begründung für die Verzögerun­g angeführt worden.

Jetzt machte sich die Schülerin auf die Suche nach einer neuen Fahrschule. Eine, die sie anrief, teilte ihr mit, dass sie dort frühestens im Herbst ihre Ausbildung fortsetzen könne; es gebe keinen freien Platz. Wie bei vielen anderen Fahrschule­n auch hat sich coronabedi­ngt ein Stau an Fahrschüle­rn gebildet, der zu teils langen Warteliste­n führt.

Bei der zweiten Fahrschule hatte die Schülerin Glück und wurde aufgenomme­n: Jetzt hofft sie, dass sie – wenn auch mit Verspätung – ihre Ausbildung zügig beenden kann.

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SYMBOLFOTO: WEIGEL/DPA Weil ihre Fahrschule plötzlich geschlosse­n ist, müssen sich junge Frauen und Männer eine neue suchen. Doch das ist nicht so einfach.

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