„Wer Zweiter ist, muss Erster werden wollen“
Cdu-fraktionschef Manuel Hagel über seine Pläne für die nächsten fünf Jahre
- Seit Mai dieses Jahres steht Manuel Hagel an der Spitze der baden-württembergischen Cdulandtagsfraktion. Auf ihn richten sich in den kommenden fünf Jahren die Hoffnungen der Südwest-cdu, wieder zu einer Partei zu werden, die den Ministerpräsidenten stellt. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erklärt der 33-jährige Ehinger, welche Richtung er dabei einschlägt und wie Armin Laschet der Weg ins Kanzleramt gelingen kann.
Herr Hagel, die CDU ist in Umfragen zur Bundestagswahl hinter die SPD zurückgefallen. Wie soll die Trendwende für Armin Laschet gelingen?
Es ist ein extrem enges Rennen. Die Schlussphase ist entscheidend. Es geht nicht um die Frage, mit wem regiert die CDU, sondern regiert sie überhaupt? Die nächste Bundestagswahl ist nicht irgendein Farbenspiel, sondern eine Richtungswahl. Viele haben in den letzten Tagen versucht, die Union abzuschreiben. Aber die CDU ist da und wir kämpfen – allen voran Armin Laschet. Bei allen Veränderungen, die wir international, in unserem Land und in unserer Gesellschaft aktuell erleben, ist eine Cdu-geführte Regierung kein Experiment. Sie ist eine Garantie. Eine Garantie für Verlässlichkeit. Das war schon immer so, angefangen etwa bei der Wiederbewaffnung der Bundeswehr, dem Wirtschaftswunder oder der Wiedervereinigung. In Zeiten der Veränderung braucht es Verantwortung. Es geht um alles. Deshalb krempeln wir jetzt umso entschlossener die Ärmel hoch.
Die Stimmung in der CDU wird intern als schlecht bis katastrophal bezeichnet. Wäre Markus Söder der bessere Kanzlerkandidat gewesen?
Klar sind Personaldiskussionen für einige immer spannend. Die Partei hat sich für Armin Laschet entschieden. Ihn unterstützen wir mit aller Kraft. Klar ist aber auch: Die Herausforderungen unseres Landes löst niemand allein, sondern immer im Team – und zu dem gehört Markus Söder ebenso wie etwa auch Friedrich Merz.
Sie selbst hatten als Generalsekretär der Südwest-cdu den Landtagswahlkampf verantwortet. Warum haftet Ihnen dieses Ergebnis nicht an?
Wir gewinnen zusammen und verlieren zusammen. Das Ergebnis war unser historisch schlechtestes und damit eine herbe Klatsche. Wir haben im letzten Drittel der Koalition gespürt, dass sich ein konfrontativer Regierungsstil nicht auszahlt. Personalquerelen im eigenen Laden schaden nur. Wir lernen daraus und machen es besser. Jetzt konzentrieren wir uns wieder aufs Gewinnen.
Sie stehen seit dem Frühjahr an der Spitze der Cdu-fraktion. Sind Sie schon angekommen?
Es macht total viel Spaß, ich lerne jedas den Tag dazu. Als Volkspartei ist es uns wichtig, die Erfahrung von älteren und die Impulse jüngerer Fraktionskolleginnen und -kollegen zusammenzubringen. Wir bauen auf dem auf, was war. Nur so ist es ein echter Aufbruch. Es ist ein gutes Miteinander mit Ideenreichtum, Tatkraft und Lust etwas zu reißen.
Innerhalb der Fraktion gab es früher viele Grabenkämpfe. Sind die Unzufriedenen eingehegt?
Meine Fraktion weiß, dass im Miteinander mehr Segen liegt als im Gegeneinander. Baden-württemberg war nie ein Land der Gegensätze. So wie der Bindestrich Baden und Württemberg verbindet und nicht spaltet, suchen auch wir das Verbindende anstatt dem Trennenden. Aus diesen unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten entsteht eine gemeinsame Perspektive und damit etwas Neues, Spannendes.
Wie wollen Sie Cdu-politik in den kommenden Jahren konkret umsetzen? Der Koalitionsvertrag und die ersten 100 Tage Grün-schwarz sind außerordentlich grün geprägt. sehe ich natürlich anders. Es ist im Moment ja so, dass wir als Union nicht gerade mit absoluter Mehrheit regieren. Koalition heißt immer auch Kompromiss, und das ist ja nichts Schlechtes. Aber: Wer Zweiter ist, muss Erster werden wollen. Darauf arbeiten wir hin, aber nicht mit schlechter Laune und destruktiv, sondern mit Freude am Gestalten und mit viel Kreativität. Konkret wollen wir nun zum Beispiel gemeinsam mit dem Gemeindetag eine Taskforce gründen, um die Bauplatzvergabe rechtssicher und praxisnah zu gestalten. Stellen Sie sich vor: In einer beschaulichen Gemeinde im ländlichen Raum mit 1000 Einwohnern, schön gelegen, sucht eine junge Familie mit zwei Kindern, die gebürtig aus dem Ort stammt, ein Baugrundstück, um ihre Kinder im Garten spielen zu sehen. Das ist ja völlig legitim, der Traum vom Eigenheim ist Realität! Wenn sich diese Familie gegen 100 andere Bewerber auf dieses Grundstück durchsetzen muss, bekommen sie am Ende im Zweifel keines. Dieses Problem müssen wir jetzt angehen. Je kleiner eine Gemeinde ist, desto schwieriger ist das Thema gerade. Oft genug klagen nicht zum Zug gekommene Bewerber um einen Bauplatz. Wir wollen, dass junge Familien in dem Ort, wo sie schon wohnen oder herkommen, auch bauen können. Bürgermeister und Gemeinderäte brauchen Klarheit bei den Kriterien, um rechtssicher handeln zu können. Hier lauern im Moment zu viele Fallstricke. Die Taskforce soll selbst praxisnahe Leitlinien erarbeiten, die Gemeinderäte und Bürgermeister die Möglichkeit geben, selbstbestimmt zu entscheiden. Als Union nennen wir das Subsidiarität. Wir wollen diese mit der Eu-kommission abstimmen, um nicht gegen ein Diskriminierungsverbot zu verstoßen und mit beim Bund auf eine Änderung des Baugesetzbuches drängen – notfalls über eine Bundesratsinitiative.
Wenn die Berliner Kollegen sie anrufen und fragen, ob eine Koalition mit den Grünen funktioniert und empfehlenswert ist – was antworten Sie?
Intensiv, aber echt gut. Noch besser ist es aber natürlich immer in einer unionsgeführten Regierung. Das ginge im Bund natürlich auch mit anderen demokratischen Partnern, zum Beispiel der FDP.
Für Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist die letzte Legislaturperiode angebrochen. Wen sehen Sie bei den Grünen im Rennen?
Ich persönlich arbeite mit meinem Grünen-kollegen Andreas Schwarz sehr vertrauensvoll und gut zusammen. Das gilt aber auch für den Finanzminister, die Umweltministerin, die Kultusministerin und viele andere. Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist für volle fünf Jahre angetreten und ich habe überhaupt keinen Grund, an seinem Wort zu zweifeln. Insgesamt gilt sowieso: In einer Demokratie gibt es keine Erbhöfe – auch keine grünen.
Tragen Sie eine weitere grünschwarze Koalition mit, sollte Kretschmann früher abtreten?
Was im Koalitionsvertrag gilt, haben wir für die gesamte Legislatur vereinbart. Als CDU sind wir verlässliche und verbindliche Partner. Aber beantwortet werden Fragen immer dann, wenn sie sich stellen.
Wer auch immer bei den Grünen Kretschmann beerben soll: Heißt der Cdu-kontrahent dann Manuel Hagel? In der Geschichte des Landes ist es traditionell der Fraktionschef, der den Regierungschef beerbt.
Auch hier gilt freilich: In der Demokratie gibt es keine Erbhöfe – auch keine schwarzen. Diese Frage beantworten wir vermutlich im letzten Drittel der Legislatur. Ich habe als Generalsekretär gesagt: Das Erstzugriffsrecht liegt beim stellvertretenden Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden. Das sage ich auch als Fraktionsvorsitzender.
Drei Fragen an die fünf Fraktionschefs gibt es im Video zu sehen unter www.schwaebische.de/3fragen