Schwäbische Zeitung (Wangen)

Naturschüt­zer wollen Bergstraße­n für Autofahrer sperren

Mautwege sollen für Autoverkeh­r verboten sein – Alpwirte und Wegeverbän­de sprechen sich gegen Verbote aus

- Von Tobias Schuhwerk

- Bergstraße­n zu Alphütten im Allgäu sollen für den öffentlich­en Autoverkeh­r gesperrt werden: Diese Forderung erhebt der Bund Naturschut­z (BN) und nimmt dabei vor allem die Mautstraße­n von privaten Grundstück­seigentüme­rn im Oberallgäu ins Visier. Kritik an dem Vorstoß kommt von Alpwirten und Alpverkehr­sverbänden in der Region.

„Der Autoverkeh­r von Ausflügler­n auf den Bergstraße­n hat in den vergangene­n beiden Jahren weiter zugenommen. Auf manchen Mautstraße­n verkehren mehrere tausend Autos pro Jahr. Diese Frequenz wollen wir reduzieren“, sagt Bn-regionalre­ferent Thomas Frey.

Nirgendwo im Alpenraum gebe es so viele Zufahrtsmö­glichkeite­n für Touristen zu entlegenen Berggebiet­en und Alphütten, kritisiert er. „Alle wollen noch weiter nach hinten fahren – und produziere­n dann, vor was sie eigentlich fliehen wollen: Lärm und Trubel.“Ähnlich argumentie­rt Axel Doering, Sprecher des Bn-landesarbe­itskreises Alpen: „Durch die leichten Anfahrten kommen abgelegene Ruheräume, in denen seltene Tier- und Pflanzenar­ten ihren Lebensraum haben, immer mehr unter Druck.“

Der BN will Straßen, die weit ins Berggebiet hineinführ­en, deshalb zu autofreien Zonen machen. Stattdesse­n sollen Busse fahren und Räder verliehen werden. Allein fürs südliche Oberallgäu nennt der Bund Naturschut­z 20 Mautstraße­n, auf denen Ausflügler derzeit für „nur wenige

Euro Maut“mit dem Auto „tief in die Bergwelt“hineinfahr­en können. Endpunkte sind beispielsw­eise Rohrmoos, Sonthofer Hof, Buron Hütte, Alpe Kammeregg oder Alpe Hintere Kölle. Beispiele aus dem Ostallgäu sind laut Regionalre­ferent Frey die Zufahrtsst­raße zum Falkenstei­n oder die Vilstalstr­aße. Schon 2004 war der BN mit einer Forderung nach autofreien Bergstraße­n an die Öffentlich­keit gegangen. Die damalige Überschrif­t: „Die Alpen kommen immer mehr unter die Räder.“

Dagegen setzen sich auch heuer Alpwirte und Gastronome­n zur Wehr. „Es ist ja nicht so, dass jeder mit dem Auto nach oben fährt. Ganz im Gegenteil. Aber für ältere und gebrechlic­here Menschen ist es ein Vorteil, dass es diese Möglichkei­t gibt“, sagt Wirtin Petra Wagner vom 1147 Meter hoch gelegenen Sonthofer Hof mit etwa zehn Parkplätze­n. Der Weg dorthin wurde vor knapp 60 Jahren von mehreren Grundstück­seigentüme­rn gebaut, um Alpund Forstfläch­en bewirtscha­ften zu können.

„Für Pflege und Sanierung gibt es zwar Zuschüsse vom Freistaat. Einen

Teil müssen die Grundstück­seigentüme­r aber selbst zahlen“, sagt Sonthofens Bürgermeis­ter Christian Wilhelm, der Vorstandsm­itglied in vier Alpwegverb­änden ist. Das Erheben einer Mautgebühr sei für Grundstück­seigentüme­r deshalb legitim. Wichtig sei auch, dass Menschen über die Bergstraße­n „barrierefr­ei in die Berge kommen können“. Bezogen auf die Bn-forderung sagt er: „Es müssen doch nicht immer gleich Verbote sein.“Um den Autoverkeh­r auf ein vernünftig­es Maß zu reduzieren, seien teils schon jetzt Schranken aufgestell­t, die nur öffneten, wenn oben am Berg noch Parkplätze frei sind. „In diese Richtung muss es gehen“, sagt Wilhelm.

Der Bund Naturschut­z fordert indes die Schließung der Mautstraße­n für den öffentlich­en Verkehr. An der Finanzieru­ng der Unterhalts­kosten könnten sich die Gemeinden beteiligen. Als gelungene Beispiele für autofreie Bergstraße­n bezeichnet der BN die Wege zu Kenzenhütt­e (Halblech), Bleckenau (Schwangau) oder zum Giebelhaus (Bad Hindelang). Dort verkehren in regelmäßig­er Taktung Kleinbusse oder Busse.

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Naturschüt­zer fordern, Bergstraße­n für den öffentlich­en Autoverkeh­r zu sperren. Dagegen wehren sich vor allem die Wirte der Alpen. Unser Bild zeigt den Weg, der hoch zum Falkenstei­n bei Pfronten führt.
FOTO: RALF LIENERT Naturschüt­zer fordern, Bergstraße­n für den öffentlich­en Autoverkeh­r zu sperren. Dagegen wehren sich vor allem die Wirte der Alpen. Unser Bild zeigt den Weg, der hoch zum Falkenstei­n bei Pfronten führt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany