Wangens OB: Krankenhaus-debatte jetzt führen
Welche medizinischen Bereiche Michael Lang in Wangen für nötig hält und wo ein Neubau entstehen könnte
- Wangens Oberbürgermeister Michael Lang fordert vom Kreistag ein klares Bekenntnis zum Wangener Krankenhaus. Zugleich plädiert er dafür, jetzt die Diskussion um künftige Strukturen am Engelberg zu führen – und entsprechende Planungsverfahren einzuleiten. Außerdem sagt er klar, wo der notwendige Neubau entstehen könnte.
Ende Juli war Oliver Adolph, Geschäftsführer der Oberschwabenklinik (OSK), mit Gedankenspielen an die Öffentlichkeit getreten, wie der kommunal getragene Klinikverbund in die Zukunft gehen könnte. Er sprach sich unter anderem für den Abbau von Doppelstrukturen aus, was seither zu Befürchtungen führt, ob das Westallgäu-klinikum in Wangen eine Zukunft hat. So hatten sich in der vergangenen Woche jedenfalls niedergelassene Ärzte aus dem Württembergischen Allgäu geäußert. Zudem sprachen sie von einer Diskussion zur „Unzeit“.
Letzteres sieht OB Lang anders. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“spricht sich Wangens Rathauschef, zugleich Mitglied im Osk-aufsichtsrat, für eine Debatte über die künftige Struktur des Klinikums noch in diesem Herbst aus. Dabei verweist er auf den baulichen Zustand des mehr als 100 Jahre alten Gebäudekerns am Engelberg. Er gibt diesem noch eine „Lebenszeit“von zehn bis 20 Jahren. Deshalb sollten Kreistag und Osk-aufsichtsrat „frühzeitig Überlegungen für einen Neubau konkretisieren“– zumal es dafür kein Baurecht gibt.
Direkt nennt Michael Lang das Wiesengelände oberhalb des vor einigen Jahren angelegten Krankenhaus-parkplatzes in der Nähe des Zfp-neubaus als geeigneten Standort. Das Gelände befindet sich schon länger im Eigentum des Kreises beziehungsweise von dessen Immobilientochter IKP und wird bereits als Notlandeplatz für Hubschrauber genutzt.
Lang sieht dort „perfekte Bedingungen“, da sich der Neubau „problemlos“parallel zum laufenden Betrieb des Altbaus bewerkstelligen lasse. Auch die Infrastruktur an dem möglichen neuen Krankenhausstandort sei „komplett vorhanden“.
Außer Frage steht für Wangens OB, dass es auch künftig ein Krankenhaus in Wangen geben soll: „Es muss und wird weiter ein Krankenhaus in Wangen unter der Regie der Oberschwabenklinik geben.“Dafür fordert er ein klares Signal vom Kreistag und erinnert an eine „klare Zusage der Politik vor nicht allzu langer Zeit“. Lang meint damit das Versprechen im Zuge der Krankenhausschließungen in Leutkirch und Isny, mit Wangen einen leistungsfähigen Standort im Württembergischen Allgäu zu erhalten. Zwar begrüßt der Rathauschef die jetzt angestoßene
Zukunftsdebatte um das Haus grundsätzlich. Zugleich stellt er aber klar, welche medizinischen Bereiche aus seiner Sicht auch künftig unabdingbar für das Westallgäu-klinikum sind. Dazu gehören für ihn eine leistungsfähige Innere Abteilung mit Intensivstation und Notaufnahme der Stufe eins und somit eine chirurgische Notfallversorgung, eine Unfallchirurgie sowie die Geburtshilfe.
„Für die im östlichen Teil des Landkreises wohnende Bevölkerung ist diese Struktur notwendig“, erklärt Lang, auch mit Blick auf die Größe des Landkreises mit „schwieriger Topographie“: „Vor allem im Winter ist der Weg nach Ravensburg und in das EK beschwerlich, gefährlich und in Notfallsituationen weit.“Im Einzugsbereich des Westallgäu-klinikums lebten immerhin 100 000 Menschen.
Speziell für die Wangener Geburtshilfe macht sich Lang ebenfalls stark: „Mit mehr als 700 Geburten pro Jahr ist die Abteilung sehr bekannt und anerkannt.“Das gelte auch für die Bevölkerung im Bayerischen bis hin nach Lindenberg. „Die Geburtshilfe in Wangen ist aber auch politisch von großer Bedeutung“, so der OB weiter. „Schließlich gab es in früheren Zeiten in den geschlossenen Häusern der OSK in Leutkirch und Isny Geburtsabteilungen.“
Ins Gewicht fallen für den Rathauschef die Erfahrungen während der Corona-pandemie. In dieser Zeit habe das Westallgäu-klinikum als wertvoller „Backup“für das Elisabethen-krankenhaus gedient und das Ravensburger Haus entlastet. Daher fordert er für die anstehende Debatte: „Alle Reformüberlegungen sollten dahingehend betrachtet werden, dass diese Aufgabe weiterhin erfüllt werden kann.“Zur Erinnerung: Wangen war und ist Osk-weit Erstanlaufstelle zur Behandlung von Covid-19-patienten.
Trotz dieser von ihm formulierten Prämissen, begrüßt Michael Lang ausdrücklich bislang bekannte Ideen der Osk-geschäftsführung zur Konzentration des elektiven Spektrums mit Orthopädie, Wirbelsäulen- und Viszeralchirurgie in Wangen. Dies sei „eine sehr gute Überlegung, die ich gern unterstütze“.
Die Ansiedlung spezieller medizinischer Bereiche wie diesen hülfen auch, das Westallgäu-klinikum als attraktiven Arbeitsplatz für Ärzte und Pflegepersonal zu erhalten. Dies schaffe man ausschließlich mit einer Grundversorgung nicht.
Osk-geschäftsführung und Entscheidungsträgern im Landkreis gibt der OB für die anstehende Zukunftsdebatte zwei Ratschläge mit auf den Weg. Erstens: Bei allen weiteren Planungen sollten die Beschäftigten „intensiv und systematisch einbezogen werden“. Aus Gesprächen wisse er, dass es in der Belegschaft des Wangener Krankenhauses „gute Ideen gibt“. Zudem sei die Beteiligung unabdingbar: „Ohne die Akzeptanz der Entscheidungen werden auch gute Reformschritte mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht den gewünschten Erfolg bringen.“
Zweitens appelliert er, beim Blick auf wirtschaftliche Daten nicht allein auf die Bilanzen einzelner Häuser zu schauen. Hintergrund: Wangen ist seit Jahren größter Osk-verlustbringer. Laut Lang auch, weil hier vergleichsweise viele „leichte“und damit nicht so lukrative Fälle behandelt werden. Ebenso wie die Geschäftsführung des Klinikverbunds vor Wochenfrist plädiert auch er dafür, die gesamte OSK als finanziellen Maßstab zu nehmen. Diese Sichtweise sei noch nicht überall durchgedrungen. Und grundsätzlich sagt er: „Krankenhäuser sind für die Menschen da und nicht für die Zahlen.“