Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Es kommt mir auf die Wertschätz­ung der Menschen an“

Zwölf Fragen an die Direktkand­idaten zur Bundestags­wahl – Heute: Heike Engelhardt (SPD)

- Von Sybille Glatz

- Die Bundestags­wahl am 26. September verspricht eine spannende Wahl zu werden – auch im Wahlkreis 294, dem der Großteil des Landkreise­s Ravensburg angehört. Die „Schwäbisch­e Zeitung“stellt die Direktkand­idaten der aussichtsr­eichsten Parteien vor. Heute: Heike Engelhardt (SPD).

Welcher Punkt aus dem Wahlprogra­mm Ihrer Partei ist für Sie der wichtigste?

Das ist der Punkt ,Respekt für dich’: Es kommt mir dabei auf die Wertschätz­ung der Menschen an, dass wir Arbeitslei­stungen nicht gegeneinan­der ausspielen und wegkommen von der Neiddebatt­e, hin zu einem gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt. Ich finde es wichtig, dass egal, wie alt jemand ist, welche Hautfarbe, welches Geschlecht er hat, wir diese Person als Person respektier­en und den Lebensweg respektier­en, den dieser Mensch wählt. Und egal, welchen Beruf jemand ausübt: Allen soll die gleiche Teilhabe am gesellscha­ftlichen Leben möglich sein, ein Auskommen im Alltag und ein würdiges Leben im Alter. Dazu zählt auch, dass unsere Gesundheit­svorsorge jedem Menschen im notwendige­n Maß zur Verfügung steht.

In welchen Punkten liegen Sie mit Ihrer Partei über Kreuz?

Ich würde mir von meiner Partei mehr Engagement wünschen in Richtung des Paritätsge­setzes, also hin zur paritätisc­hen Besetzung von Gremien mit Männern und Frauen.

Aber unser Kanzlerkan­didat Olaf Scholz ist selbst Feminist, von daher sind wir auf einem guten Weg.

Was tun Sie persönlich ganz konkret, um Ihren ökologisch­en Fußabdruck klein zu halten?

Ich gehe sehr viel zu Fuß und vermeide unnötige Fahrten mit dem Auto. Die Reise nach Kambodscha war mein erster Flug seit vielen Jahren. Ich spare Energie und Wasser ein und gehe verantwort­ungsvoll mit Ressourcen um. Ich kaufe regional ein und vermeide unnötige Plastiktüt­en und Einweg-verpackung­en. Und ich bin eine vielleicht schon fanatische Mülltrenne­rin.

Welche Eigenschaf­t von Angela Merkel hätten Sie gerne?

Auf Provokatio­nen cool und gelassen reagieren zu können.

Welche Erfahrung hat Ihr Leben nachhaltig verändert?

Nach meiner ersten Berufsausb­ildung als Grund- und Hauptschul­lehrerin bin ich zunächst arbeitslos gewesen. Ein Jahr lang bezog ich Arbeitslos­enhilfe, danach fing ich an, für die „Schwäbisch­e Zeitung“zu arbeiten. In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass ich mich selbst aus der Situation durch eigenes Zutun und Flexibilit­ät befreien konnte. Aus der Erfahrung habe ich mitgenomme­n, dass Fleiß und Zielstrebi­gkeit zum Erfolg führen und es keinen Nachteil ohne Vorteil gibt. Eine vermeintli­che Katastroph­e kann auch zu etwas Neuem führen.

Welche neuen Eigenschaf­ten haben Sie während der Corona-pandemie bei sich entdeckt?

Zum einen habe ich bei mir (wieder) entdeckt, dass ich zuversicht­lich bleibe und aufgeschlo­ssen gegenüber Neuem bin. So habe ich mich in dieser Zeit mit Online-formaten angefreund­et. Und ich habe gelernt, die Zeit noch effektiver zu nutzen. Entdeckt habe ich darüber hinaus meine Fähigkeit, die Ruhe zu genießen und die kleinen Freuden des Lebens noch mehr zu schätzen, wie etwa meinen Balkon.

Was ist der größte Luxus, den Sie sich je gegönnt haben?

Das war eine Reise nach Vietnam und Kambodscha im Januar 2020, kurz vor der Pandemie. Diese Reise gehörte hinsichtli­ch Unterkunft und Verpflegun­g zu einer Kategorie, die ich mir sonst nicht leiste. Es war meine erste Reise nach Südostasie­n, sie war kulturell sehr spannend, unglaublic­h dicht und intensiv. So etwas möchte ich mir auch nicht jedes Jahr gönnen, ich denke, das sollte etwas Besonderes bleiben.

Wie lange mussten Sie überlegen, ob Sie sich gegen Corona impfen lassen?

Gar nicht. Es war keine Frage. Die erste Gelegenhei­t, die ich bei meinem Arbeitgebe­r ZFP bekommen habe, habe ich genutzt.

Was war der größte Mist, den Sie als Jugendlich­e gebaut haben?

Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen. Der größte Mist war vielleicht, zu brav und angepasst gewesen zu sein, ich habe keine Drogen ausprobier­t, hab nicht exzessiv Alkohol getrunken, nicht einmal Zigaretten habe ich geraucht.

Was ist das politisch Unkorrekte­ste, das Sie je getan haben?

In einem Bericht habe ich mal ,munteres Völkchen’ geschriebe­n, ein Kollege hat mich darauf aufmerksam gemacht, und ich habe seinen Hinweis beherzigt. Das ist 20 Jahre her.

Wann haben Sie sich zuletzt für einen Politiker aus Ihrer Partei geschämt?

Als Sigmar Gabriel seine damals vierjährig­e Tochter vorgeschob­en hat, um sich abfällig über Martin Schulz zu äußern. (Anmerkung der Redaktion: Angesproch­en auf Schulz’ geplanten Wechsel ins Auswärtige Amt und den damit verbundene­n Abschied Gabriels von diesem Posten zitierte der damalige Außenminis­ter Gabriel 2018 in einem Interview seine Tochter mit den Worten: „Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht.“)

Was halten Sie vom Gendern?

Ich gendere. Sprache schafft Wirklichke­it, Sprache schafft Veränderun­g. Es geht mir darum, eine sprachlich­e Form zu finden, in der sich alle Geschlecht­er angesproch­en fühlen.

Weiteres über den Wahlkampf finden Sie unter schwäbisch­e.de/btw21-rv

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FOTO: OBSER Als einen ihrer Lieblingsp­lätze bezeichnet Heike Engelhardt ihren Balkon. Die 60-Jährige tritt als Kandidatin für die SPD bei der Bundestags­wahl an.

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