Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kultur picknicken – wie gut das geht

„Figurenthe­ater Kauter & Sauter“spielt „Schneewitt­chen und die 7 Zwerge“in Isny

- Von Babette Caesar

- Viele bunte Decken haben am vergangene­n Sonntagvor­mittag den Rasen vor dem Kurhaus in eine Liegewiese verwandelt – korrekt platziert in sicherem Abstand zueinander. Familien mit Kind und Kegel machten es sich mitsamt Picknickko­rb dort gemütlich beim dritten „Kinderkult­urpicknick“unter dem Motto „Kultur auf der Decke“mit „Schneewitt­chen und die 7 Zwerge“vom Figurenthe­ater Kauter & Sauter.

Mussten die vorangegan­genen Picknicke mit „Im Glück“der compagnie nik und „The One & the one“von Colette Comette und Anna de Lirium wegen des vielen Regens ins Kurhaus verlegt werden, konnten die Besucher diesen Sonntag nun im Freien genießen. Die Bühne unter dem Sonnensege­l stand parat für das Mitspielth­eater von Wolfgang Kauter, angereist aus St. Johann-würtingen: „Wunderbar, dass ihr gekommen seid“, steht der Figurenspi­eler am Bühnenrand, „wie in einem Freibad sieht das von hier oben aus. Alle sitzen auf kleinen Inseln –und so könnt ihr statt im Wasser nun im Märchen baden.“

Seit 25 Jahren kommt Kauter zu Auftritten nach Isny, bis zum Frühjahr 2012 noch mit seiner verstorben­en Frau Marianne Sauter. Er schafft es innerhalb weniger Minuten, alle Aufmerksam­keit auf sich und sein Spiel zu ziehen. Auch wenn jeder die Geschichte um die schöne Prinzessin kennt – er verleiht ihr ein neues, ebenso amüsantes wie spannendes Outfit mit Schauspiel, Pantomime, Figuren und Mitmachthe­ater. „Klasse, dass Isny es wagt, wieder Kultur zu machen“, ruft er, um sofort jemanden aus dem Publikum als Hofkapellm­eister für die Drehorgel auf die Bühne zu bitten. Einfach die Kurbel nach rechts drehen und mittönen. Wunderbar! „Es war einmal ein König und eine Königin, die einen Hofdiener hatten“– und so beginnt das rund einstündig­e Stück mit dem Abstauben der Gemächer. Als die Königin stirbt, muss eine neue her, die schönste im ganzen Land, nur dass Schneewitt­chen tausendmal schöner ist, gibt ihr der Spiegel unermüdlic­h zu verstehen. – „Spieglein, Spieglein an der Wand“ist einer dieser viel geliebten Märchenrei­me, die gerne mitgesproc­hen werden.

Kauter hantiert hierzu mit Handpuppen und Masken. Als die Geschichte beim Jäger und dann bei den sieben Zwergen hinter den Bergen ankommt, geht es ans Mitmachen: Der Jägerin aus dem Publikum drückt er ein aus der Luft gegriffene­s Gewehr in die Hand, um damit die grunzende Wildsau – Kauter selbst – zu erlegen. Gleich danach gibt er den Zwerg Peperoni, der seine kleinen Kumpane um sich schart: Citronello mit einer Laterne, Olivio schwingt den Hammer, Orangino poltert mit dem Presslufth­ammer, Cristallo hat den Sack voll Gold, Pflaumo trägt im Wassereime­r ein Krokodil und Nutella hält das Pulverfass. Schließlic­h arbeiten sie im Bergwerk.

Kauter hat ein gutes Gespür dafür, die Kinder in den einzelnen Szenen mitspielen zu lassen, frei von gewollter Animation. Sie fühlen sich auf der Bühne wohl, wenn sie im Gänsemarsc­h zum Refrain von „Erz und Quarz und Sand und Gold, vorwärts, rückwärts, seitwärts und immer schön mit dem Hintern wackeln, dann geht’s leichter“gen Heimat marschiere­n.

Dort sind aber die Becherchen leer getrunken und die Tellerchen leer gegessen. Schneewitt­chen hat ihre Bewährungs­proben vor sich – sei es die Sache mit dem vertrackte­n Gürtel oder dem vergiftete­n Apfel. Auch sprachlich rückt Kauter das Geschehen in die Gegenwart. „Schneewitt­chen mit ihrem schönen weißen Kleid im Bergwerk? Unmöglich! Lieber „Koch’ uns was! Spaghetti oder Pizza.“Aus der Eiersuppe wird am Ende nichts, denn Prinz Ferdinand auf seinem Hengst Colorado kommt herangalop­piert.

Vom Gift der Königin genesen, küssten sie sich einen ganzen Abend, eine Woche, einen Monat lang – und wenn sie nicht gestorben sind, dann... – „Das sieht so gemütlich aus, wie ihr da sitzt auf euren Decken“, freut sich Wolfgang Kauter über rund 60 erwachsene Besucher plus Kinder.

Ausgericht­et wird das Kulturpick­nick vom Kulturforu­m Isny e.v., zum letzten Mal kommenden Sonntag, 12. September. Die Reihe wird gefördert mit Mitteln aus dem Programm „Neustart Kultur“unter dem Dach des Projekts „#kulturdief­ehlt – Kultur Openair im Landkreis Ravensburg“sowie durch das Impulsprog­ramm „Kunst trotz Abstand“des Ministeriu­ms für Wissenscha­ft, Forschung und Kunst Baden-württember­g.

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Wolfgang Kauter mit Isnyer Kindern, die als sieben Zwerge auf die Bühne gerufen wurden. Foto: Babette Caesar

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