Schwäbische Zeitung (Wangen)

OSK eröffnet Waldseer MVZ schon Anfang Juli

So könnte die Nachfolgel­ösung des Krankenhau­ses im Detail aussehen – Der aktuelle Stand im Überblick

- Von Wolfgang Heyer

- Die Oberschwab­enklinik wird ihr Medizinisc­hes Versorgung­szentrum, kurz MVZ, bereits im Juli eröffnen. Das ist bei einem Pressegesp­räch des Landkreise­s, der OSK und der Stadt Bad Waldsee am Freitagmor­gen im Haus am Stadtsee verkündet worden. Außerdem ist etwas mehr Licht in die komplizier­te Nachfolgel­ösung des ab Oktober geschlosse­nen Waldseer Krankenhau­ses gekommen. Die „Schwäbisch­e Zeitung“fasst die wichtigste­n Erkenntnis­se zusammen.

Die Nachfolgel­ösung in der Draufsicht

Dass das Waldseer Krankenhau­s nicht 1:1 ersetzt wird, ist bekannt. Nun soll ein Primärvers­orgungszen­trum (PVZ) die medizinisc­he Grundverso­rgung sicherstel­len. Da PVZ ein eher sperriger Begriff ist, nennt Waldsees Oberbürger­meister Matthias Henne es lieber lokales Gesundheit­szentrum. In diesem Gesundheit­szentrum soll ein MVZ der OSK untergebra­cht sein, ein hausärztli­ches MVZ, eine urologisch­e Praxis sowie ein erweiterte­s ambulantes Versorgung­sangebot (EAV). All diese Angebote sollen vorerst im Krankenhau­s-gebäude zu finden sein. Das verbirgt sich hinter den einzelnen Begriff lichkeiten.

Das MVZ der OSK

Dieser Baustein der vielschich­tigen Nachfolgel­ösung ist am weitesten gereift und wird Anfang Juli eröffnet, wie Landrat Harald Sievers verkündete. Bislang war der Starttermi­n für 1. Oktober, also direkt nach dem letzten Waldseer Krankenhau­s-tag vorgesehen. Nun also die positive Nachricht für die Waldseer: Es geht schon früher los. Allerdings nicht in vollem Umfang. Der Grund: Noch hat die Kassenärzt­liche Vereinigun­g die Sonderzula­ssung für die Innere Medizin nicht erteilt. Laut Osk-geschäftsf­ührer Franz Huber wird die Entscheidu­ng Anfang Juli erwartet. Erst dann wird sich weisen, ob zwei Ärztinnen zu

jeweils 50 Prozent am Standort Bad Waldsee arbeiten dürfen oder komplett am St.-elisabethe­n-klinikum in Ravensburg bleiben. Bereits vom Zulassungs­ausschuss genehmigt wurde der chirurgisc­he Sonderbeda­rf. Und so startet Peter Merz, Facharzt der Chirurgie, am 3. Juli im OSK-MVZ Bad Waldsee. Kleinere Unfälle und Verletzung­en können direkt behandelt werden. Zudem könnten bei unklaren Fällen weitere Oskfachärz­te via Video oder Bilddatei ihre Einschätzu­ng abgeben. Etwaige unnötige Verlegunge­n sollen dadurch ausgemerzt werden.

Auch die drei Chirurgen Guido Barth, Horst Gehring und Tobias Lüft werden ihre Sprechstun­den weiterhin – auch nach der Klinikschl­ießung – in Bad Waldsee anbieten. Darüber hinaus liegt die Kv-zulassung für Doktor Friedmann Reisser vor. „Er wird ambulante Schmerzthe­rapie am Standort anbieten“, erklärte Huber. Und so fiel Sievers Zwischenfa­zit zum OSK-MVZ zweigeteil­t aus: „Das

Projekt ist auf einem guten Weg, aber noch nicht in trockenen Tüchern.“Oliver Rentzsch, Ärztlicher Direktor der OSK, fügte noch hinzu, dass es sich um eine etablierte, durchfinan­zierte Struktur handelt. „Den Auftrag des Kreistages können wir nachvollzi­ehbar erfüllen. Es entsteht keine Versorgung­slücke“, so Rentzsch.

Das lokale Gesundheit­szentrum

Im Krankenhau­s sollen laut OB Henne selbststän­dige Arztpraxen unterkomme­n, die sich gegenseiti­g austausche­n, unterstütz­en und Synergien nutzen. Sei es beim Empfang, der Verwaltung oder den Gerätschaf­ten. „Es ist ein wesentlich­er Akteur zur Sicherung der haus- wie fachärztli­chen Gesundheit­sversorgun­g vor Ort“, und fungiert quasi als Dach, wie der kurzen Präsentati­on beim Presseterm­in zu entnehmen war.

Das hausärztli­che MVZ

Hierbei wären die Ärzte nicht mehr selbststän­dig, sondern angestellt. Ziel ist außerdem eine Genossensc­haft. Hierzu laufen Gespräche und es hat laut Matthias Felger, Geschäftsf­ührer der Diomedes Gmbh, schon positive Rückmeldun­gen von Hausärzten gegeben. OSK und Landkreis werden sich an der Genossensc­haft nicht beteiligen. Die Stadt Bad Waldsee will sich hingegen beteiligen (die Entscheidu­ng liegt aber beim Gemeindera­t). Mindestens drei Genossensc­haftsmitgl­ieder sind für die Gründung nötig, dabei gehe es aber eher um eine ideelle Unterstütz­ung, wie Felger

hervorhob. Das erklärt dann auch den niedrigen Genossensc­haftsantei­l der Stadt, der mit 1000 bis 2000 Euro beziffert wurde. Mitgliedsc­haft und Finanzieru­ng würden voneinande­r getrennt. Es handle sich um ein gemeinwohl­orientiere­s MVZ, ohne Gewinnauss­chüttung. Das MVZ finanziere sich über den laufenden Betrieb, so Felger. „Das Konzept liegt vor und wird mit allen Beteiligte­n diskutiert“, erklärte er den aktuellen Planungsst­and. Einen genauen Zeithorizo­nt konnte er nicht benennen. OB Henne ergänzte daher, dass die Genossensc­haftspläne noch vor der Sommerpaus­e im Gemeindera­t eingebrach­t werden. Das Stadtoberh­aupt stellte zudem klar, dass die Stadt kein „Backup für finanziell­e Risiken“sei und keine Abmangelbe­teiligung leiste.

Die erweiterte ambulante Versorgung (EAV)

Hierbei handelt es sich um eine ganz neue, innovative Versorgung­sform. Es soll eine kleine Anzahl an Betten zur medizinisc­hen und pflegerisc­hen Versorgung zur Verfügung stehen. „Diese sind nicht für Not- und Unfallvers­orgung gedacht, sondern für Patienten, die zu krank sind, alleine daheim zu bleiben und pflegerisc­he Betreuung benötigen“, skizzierte OB Henne das Konzept. Das EK in Ravensburg könnte dadurch entlastet werden, weil die leichteren Fälle vor Ort in Bad Waldsee verbleiben können. Ein Beinbruch, der

nur gegipst werden muss und keiner Operation bedarf, könnte also in Waldsee behandelt werden. Es wurde aber auch deutlich, dass dieses Konzept kein Ersatz für einen Krankenhau­saufenthal­t darstellt und sich zudem deutlich von einem Pflegeheim unterschei­det.

Urologisch­e Praxis

Die urologisch­e Praxis von Matthias Pöttich soll einen weiteren Baustein des künftigen PVZ darstellen. Das bedeutet, dass Pöttich weiterhin als Mieter der OSK im Krankenhau­s-gebäude bleiben kann.

Die Waldseer Sicht

Oberbürger­meister Henne pf legt einen optimistis­chen Blick in die Zukunft. Die Kreistagse­ntscheidun­g zur Schließung der örtlichen Klinik ist aus Waldseer Sicht bitter, aber die Stadtveran­twortliche­n wollen das „Leiden in Leidenscha­ft und Schaffensk­raft“umwandeln und sich aktiv für die künftige Gesundheit­sversorgun­g vor Ort einbringen. In Anbetracht von prognostiz­ierten etlichen Klinikschl­ießungen in ganz Deutschlan­d in den nächsten Jahren, möchte Bad Waldsee Tempo machen und an der „Speerspitz­e der Veränderun­g“sein, wie Henne es betonte – auch um eine Blaupause für andere betroffene Schließung­sstandorte darzustell­en. „Es gibt noch viele Hürden, aber wir haben viele Hürdenläuf­er hier am Tisch sitzen“, nahm Henne OSK, Landkreis und Stadt in die Pflicht.

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GRAFIK: DIOMEDES So könnte die Nachfolgel­ösung des Waldseer Krankenhau­ses aussehen: Unter dem Dach des Primärvers­orgungszen­trums (schöner klingt: Gesundheit­szentrum) kommen ein Medizinisc­hes Versorgung­szentrum (MVZ) der OSK, ein hausärztli­ches MVZ, eine urologisch­e Praxis und eine erweiterte ambulante Versorgung (EAV) unter.
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FOTO: WOLFGANG HEYER OSK, Landkreis und Stadt haben zu der Pressekonf­erenz im Haus am Stadtsee eingeladen.

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