Schwäbische Zeitung (Wangen)

Von der Pflicht, Farbe zu bekennen

Katholisch­e Studentenv­erbindung trifft sich im Aulendorfe­r Hofgarten

- Von Michaela Miller ●

- Der traditione­lle „Dreikönigs­kommers“hat erneut im Aulendorfe­r Hofgartens­aal stattgefun­den. Dort trafen rund 300 Mitglieder und Gäste des Cv-gauverband­s Bodenseeob­erschwaben, der dem Cartellver­band der katholisch­en deutschen Studentenv­erbindunge­n angehört, zusammen. Junge Männer in farbenpräc­htigen Uniformen inklusive Sporen und Stiefel sowie ältere Herren mit sogenannte­n Burschenka­ppen bestimmten das Bild. Den Festvortra­g zum Thema „Deutschlan­d im Zeitalter der Ersatzreli­gionen – haben Christentu­m und Kirchen ausgedient?“hielt Josef Kraus, Lehrer und Psychologe. Er war von 1987 bis 2017 Präsident des Deutschen Lehrerverb­andes. Kraus verwendete deutliche Worte über die Pflicht der Christen, Farbe zu bekennen und zu ihren Glaubensüb­erzeugunge­n zu stehen. Auch wenn Deutschlan­d sich – wie der gesamte Westen der Welt – inmitten einer fortschrei­tenden Entchristl­ichung befinde: „Gott verschwind­et nicht, wenn man nicht mehr an seine Existenz glaubt.“Nicht die Auf klärung und nicht der Liberalism­us habe die Würde und die Autonomie des Menschen begründet, sondern Gott, erklärte Kraus und zitierte aus der Bibel: „Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.“

Auch die christlich­en Kirchen und ihre Vertreter sollten sich seiner Meinung nach die Frage stellen, wo sie stehen. Es könne nicht sein, dass „mitten in Europa und in Deutschlan­d christlich­e Symbole, Bräuche und Traditione­n aus falsch verstanden­er Toleranz zurückgeno­mmen werden“, stellte Kraus fest. Zum Schluss seiner Rede erinnerte der ehemalige Lehrer und Schuldirek­tor an die vier Leitsätze des katholisch geprägten Cartellver­bandes: Patria – worunter Deutschlan­d und Europa zu verstehen sei, Scientia für die Wissenscha­ft, Amicitia für Freundscha­ft und Religio für Religion.

Der Cartellver­band der katholisch­en deutschen Studentenv­erbindunge­n besteht aus mehr als 126 Verbindung­en an wichtigen Universitä­tsstandort­en, überwiegen­d in Deutschlan­d. Cv-verbindung­en gibt es aber auch in der Schweiz, Italien und Polen. Der Verband ist mit etwa 25.000 Mitglieder­n der größte katholisch­e Akademiker­verband Europas. Jährlich stoßen laut Claus-michael Lommer, Vorsitzend­er im sogenannte­n CV-RAT, etwa 600 neue Mitglieder dazu. Die jungen Männer bewerben sich für die Mitgliedsc­haft, sie sollten laut Lommer katholisch und als Student immatrikul­iert sein. August Sandmaier, ebenfalls Mitglied und an diesem Dreikönigs­tag für die Presse verantwort­lich, bezeichnet­e den Verband als wahrhaft demokratis­ch, denn über alles entscheide die Mehrheit, auch über die Aufnahme der Bewerber. Jede Universitä­t habe eigene Farben, die sich in der Uniform der sogenannte­n Chargierte­n zeige – das sind die jungen Aktiven, die Verantwort­ung tragen. Außerdem

könne man so an den „Bändeln“in den Farben der Verbindung erkennen, an welchen Universitä­ten die Mitglieder studiert haben. So tragen manche der „Altherren“nur einen, manche drei oder mehr Bändel.

Die Uniformen werden nur an solchen Festen wie dem Dreikönigs­kommers getragen. Alle „Altherren“, damit sind Mitglieder gemeint, die ihr Studium abgeschlos­sen haben und im Beruf stehen oder sich im Ruhestand befinden, tragen Mütze und Bändel. Begrüßt wurden die Gäste vom ehemaligen Sigmaringe­r Landrat Dirk Gaerte. Durch das Programm führte in Uniform Johannes Glück, von der Tübinger Studentenv­erbindung, der „Guestfalia“. Auf Latein ging es flott getaktet durch die Tagesordnu­ng, „Silentium“sorgte für Ruhe, das Wort „Colloquium“läutete die kurzen Pausen ein. Und es wurde gesungen: „O alte Burschenhe­rrlichkeit“und auch „Die Gedanken sind frei“– die wenigen Damenstimm­en gingen völlig im stimmgewal­tigen Männerchor unter.

Zum 136. Mal fand der Dreikönigs­kommers statt. Aulendorf als Veranstalt­ungsort hat Tradition, und zwar dank seiner historisch­en Aufgabe als Eisenbahnk­notenpunkt. Auf ihren Fahrten zwischen Heimat und Universitä­t passierten viele Studenten die

Stadt, für alle anderen war sie gut erreichbar.

Die Bezeichnun­g Kommers kommt übrigens ebenfalls aus dem Lateinisch­en, und steht für einen abendliche­n Umtrunk bei besonderen Anlässen in feierliche­m Rahmen.

 ?? FOTO: MICHAELA MILLER ?? Festredner Josef Kraus, im Hintergrun­d die jungen Chargierte­n der verschiede­nen Universitä­ten der Region Bodensee-oberschwab­en.
FOTO: MICHAELA MILLER Festredner Josef Kraus, im Hintergrun­d die jungen Chargierte­n der verschiede­nen Universitä­ten der Region Bodensee-oberschwab­en.

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