Von der Pflicht, Farbe zu bekennen
Katholische Studentenverbindung trifft sich im Aulendorfer Hofgarten
- Der traditionelle „Dreikönigskommers“hat erneut im Aulendorfer Hofgartensaal stattgefunden. Dort trafen rund 300 Mitglieder und Gäste des Cv-gauverbands Bodenseeoberschwaben, der dem Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen angehört, zusammen. Junge Männer in farbenprächtigen Uniformen inklusive Sporen und Stiefel sowie ältere Herren mit sogenannten Burschenkappen bestimmten das Bild. Den Festvortrag zum Thema „Deutschland im Zeitalter der Ersatzreligionen – haben Christentum und Kirchen ausgedient?“hielt Josef Kraus, Lehrer und Psychologe. Er war von 1987 bis 2017 Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Kraus verwendete deutliche Worte über die Pflicht der Christen, Farbe zu bekennen und zu ihren Glaubensüberzeugungen zu stehen. Auch wenn Deutschland sich – wie der gesamte Westen der Welt – inmitten einer fortschreitenden Entchristlichung befinde: „Gott verschwindet nicht, wenn man nicht mehr an seine Existenz glaubt.“Nicht die Auf klärung und nicht der Liberalismus habe die Würde und die Autonomie des Menschen begründet, sondern Gott, erklärte Kraus und zitierte aus der Bibel: „Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.“
Auch die christlichen Kirchen und ihre Vertreter sollten sich seiner Meinung nach die Frage stellen, wo sie stehen. Es könne nicht sein, dass „mitten in Europa und in Deutschland christliche Symbole, Bräuche und Traditionen aus falsch verstandener Toleranz zurückgenommen werden“, stellte Kraus fest. Zum Schluss seiner Rede erinnerte der ehemalige Lehrer und Schuldirektor an die vier Leitsätze des katholisch geprägten Cartellverbandes: Patria – worunter Deutschland und Europa zu verstehen sei, Scientia für die Wissenschaft, Amicitia für Freundschaft und Religio für Religion.
Der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen besteht aus mehr als 126 Verbindungen an wichtigen Universitätsstandorten, überwiegend in Deutschland. Cv-verbindungen gibt es aber auch in der Schweiz, Italien und Polen. Der Verband ist mit etwa 25.000 Mitgliedern der größte katholische Akademikerverband Europas. Jährlich stoßen laut Claus-michael Lommer, Vorsitzender im sogenannten CV-RAT, etwa 600 neue Mitglieder dazu. Die jungen Männer bewerben sich für die Mitgliedschaft, sie sollten laut Lommer katholisch und als Student immatrikuliert sein. August Sandmaier, ebenfalls Mitglied und an diesem Dreikönigstag für die Presse verantwortlich, bezeichnete den Verband als wahrhaft demokratisch, denn über alles entscheide die Mehrheit, auch über die Aufnahme der Bewerber. Jede Universität habe eigene Farben, die sich in der Uniform der sogenannten Chargierten zeige – das sind die jungen Aktiven, die Verantwortung tragen. Außerdem
könne man so an den „Bändeln“in den Farben der Verbindung erkennen, an welchen Universitäten die Mitglieder studiert haben. So tragen manche der „Altherren“nur einen, manche drei oder mehr Bändel.
Die Uniformen werden nur an solchen Festen wie dem Dreikönigskommers getragen. Alle „Altherren“, damit sind Mitglieder gemeint, die ihr Studium abgeschlossen haben und im Beruf stehen oder sich im Ruhestand befinden, tragen Mütze und Bändel. Begrüßt wurden die Gäste vom ehemaligen Sigmaringer Landrat Dirk Gaerte. Durch das Programm führte in Uniform Johannes Glück, von der Tübinger Studentenverbindung, der „Guestfalia“. Auf Latein ging es flott getaktet durch die Tagesordnung, „Silentium“sorgte für Ruhe, das Wort „Colloquium“läutete die kurzen Pausen ein. Und es wurde gesungen: „O alte Burschenherrlichkeit“und auch „Die Gedanken sind frei“– die wenigen Damenstimmen gingen völlig im stimmgewaltigen Männerchor unter.
Zum 136. Mal fand der Dreikönigskommers statt. Aulendorf als Veranstaltungsort hat Tradition, und zwar dank seiner historischen Aufgabe als Eisenbahnknotenpunkt. Auf ihren Fahrten zwischen Heimat und Universität passierten viele Studenten die
Stadt, für alle anderen war sie gut erreichbar.
Die Bezeichnung Kommers kommt übrigens ebenfalls aus dem Lateinischen, und steht für einen abendlichen Umtrunk bei besonderen Anlässen in feierlichem Rahmen.