Düstere Perspektiven für den Wohnungsbau
Geschäftsklima in der Branche ist so schlecht wie noch nie – Immobilienpreise in Deutschland nähern sich der Talsohle
(dpa/sz) - Die Stimmung unter den deutschen Wohnungsbau-unternehmen ist nach einer Erhebung des Münchner Ifo-instituts so pessimistisch wie noch nie seit 1991. Der Geschäftsklimaindex für den Wohnungsbau sank im Dezember auf minus 56,8 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen 1991. Das teilte das Ifo-institut am Mittwoch mit. Im Vormonat betrug der Wert minus 54,4 Punkte. „Die außergewöhnlich schwachen Erwartungen zeigen, dass die Firmen aktuell keine Hoffnung haben“, sagte Klaus Wohlrabe, der Leiter der Ifo-umfragen. „Die Perspektiven für 2024 sind düster.“
Deutlich mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (56,9 Prozent) beklagte demnach zu wenig Aufträge. Befragt wurden 500 Wohnungsbau-unternehmen, die Erhebung ist ein Teil des Ifo-geschäftsklimas für die deutsche Wirtschaft, das auf den monatlichen Rückmeldungen von 9000 Unternehmen aus Industrie, Dienstleistungen, Handel und Bauhauptgewerbe beruht.
„Bundesregierung, wir haben ein Problem“, kommentierte Tim-oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Im Bundeshaushalt 2024 würden wohl keine zusätzlichen Mittel für den Wohnungsbau bereitgestellt. „Das ist enorm bitter für unser Land und Zigtausende Mieterinnen und Mieter.“Anlass sind
die Befürchtungen, dass ungeachtet des Wohnungsmangels in vielen Städten die Neubauzahlen in diesem Jahr weiter einbrechen könnten. Sollte die Regierung am Sparprogramm festhalten, forderte Müller die Vereinfachung von Bauvorschriften – inklusive Energieeinsparvorgaben – und Bürokratie. Der Bauindustrieverband nannte unter anderem die Einführung digitaler Bauanträge sowie die Vereinheitlichung der 16 Landesbauordnungen hin zu einer verbindlichen Bundesbauordnung. „Das alles kann Baukosten senken und kostet keinen Cent“, sagte Müller.
Die Preise für Bauleistungen in Deutschland sind zuletzt erneut etwas langsamer gestiegen. Im November lagen die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude insgesamt um 4,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Im vorherigen Berichtsmonat August hatte der Preisanstieg noch 6,4 Prozent betragen, im Mai waren es 8,8 Prozent. Im Vergleich zum August 2023 erhöhten sich die Baupreise im November um 0,4 Prozent.
Doch nicht in allen Gewerken gab es Preissteigerungen, einzelne Handwerkerleistungen im Rohbau wurden nach Angaben der Wiesbadener Behörde sogar günstiger: Betonarbeiten zum Beispiel waren im November 1,3 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor, die Preise für Zimmer- und Holzbauarbeiten sanken um 1,9 Prozent. Teurer wurden hingegen binnen Jahresfrist Mauerarbeiten (plus 3,3 Prozent), Arbeiten am Dach (plus 4,6 Prozent) und Erdarbeiten (plus 6,2 Prozent). Bei den Ausbauarbeiten waren wie im vorherigen Berichtsmonat vor allem Heizungen mit einem Plus von 9,0 Prozent im November erheblich teurer als ein Jahr zuvor.
Derweil nähern sich die Immobilienpreise in Deutschland offenbar der Talsohle: Im vierten Quartal 2023 sind die Angebotspreise von Bestandswohnungen deutschlandweit nur um durchschnittlich 0,2 Prozent gesunken, „also beinahe stabil geblieben“, wie aus dem aktuellen Preiskompass des Vergleichsportals „Immowelt“hervorgeht. Flächendeckende Preisanstiege seien wieder ab Sommer 2024 denkbar, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Aktuell kostet der Quadratmeter deutschlandweit im Mittel 3124 Euro, vor drei Monaten war Wohnraum mit 3.131 Euro nur geringfügig teurer, wie der Preiskompass zeigt.