Auf dem Rad durch Europa
21- jährige Ravensburgerin durchquert den Kontinent von Süd nach Nord
- Ihre Erzieherinnenausbildung in der Europa-klasse des Instituts für Soziale Berufe in Ravensburg hat Deborah Dantele im vergangenen Sommer erfolgreich abgeschlossen. Bevor sie eine Stelle in einem Waldkindergarten annehmen wird, will sich die 21-Jährige einen Traum erfüllen: Sie möchte ganz allein mit dem Gravel-bike (einer Mischung aus Rennrad und Mountainbike) und ohne Elektroantrieb von Tarifa/spanien, dem südlichsten Punkt des europäischen Festlandes, bis zum Nordkap radeln.
Als junge Frau allein eine so große Strecke mit dem Fahrrad anzugehen, macht ihr schon etwas Angst. „Aber ich will nicht, dass die Angst mich von der coolen Aktion abhält“, sagt sie und schaut entschlossen. Sie absolvierte Selbstverteidigungskurse und hört auf ihre beiden älteren Brüder Aaron und Ruben, die ihr empfahlen, Pfefferspray mitzunehmen. Ihre Eltern bestehen darauf, dass sie jeden Tag ein Update sendet. Flickzeug habe sie selbstverständlich dabei, betont sie lachend, und ihre technisch versierten Brüder könnten ihr jederzeit mit Rat – aber auf die Entfernung nicht mit Tat – zur Seite stehen.
Noch wartet das stabile Rad mit dem orange-gelben Rahmen und einem Eigengewicht von zwölf Kilogramm
in der elterlichen Garage auf seinen Groß-einsatz. In wenigen Wochen wird es allerhand Lasten
auf sich nehmen müssen: Außer zwei Satteltaschen für Klamotten, Schlafsack, Gaskocher, Topf, Nudeln und andere Küchenutensilien muss auch ein Zelt Platz finden. Zwei Trinkflaschen, die sie sich notfalls durch Klingeln an der Haustür nachfüllen lassen will, müssen griffbereit untergebracht werden. Portemonnaie, Papiere und Handy kommen in die Lenkertasche.
Die abenteuerlustige junge Frau ist keineswegs unerfahren, was kürzere oder längere Radtouren angeht. So sei sie in einer Fahrradfamilie aufgewachsen, erzählt sie. „Wir fahren alles mit dem Rad, abgesehen von Strecken, bei denen es nicht anders geht!“Und sie bemerkt in der ihr eigenen humorvollen Art, dass sie schon als Kleinkind überall mit dem Laufrad hingepest sei.
Zum „Summer Breeze“Openair-festival und Besuch ihrer Lieblingsmetalband in Dinkelsbühl brauchte sie im August mit dem Rad zwei Tage. In der Folge radelte sie mit ihrem Cousin nach Aachen und von dort über Maastricht nach Belgien. Er hatte nur wenig Zeit, sie selbst kehrte nach einer Riesenschleife über Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam erst am zweiten Oktober nach Hause zurück.
Ihre positiven Erfahrungen und interessanten Begegnungen bestärkten sie im Wunsch, ganz Europa per Fahrrad zu durchqueren.
Den Floh hatte ihr Aaron, der mittlere der drei Geschwister, ins Ohr gesetzt. Er hatte seiner Schwester vom längsten Radrennen der Welt auf der 7400 Kilometer langen Ultracyclerad-route vom Nordkap nach Tarifa erzählt.
Die junge Frau fing sofort Feuer. „Bis auf Mama fanden alle meine Idee cool. Mama hat etwas Bedenken“, erzählt sie.
Die Vorstellung, viele europäische Länder und deren Bewohner kennenzulernen, motiviert die abenteuerlustige Frau. Schließlich lebte sie einige Zeit während ihrer Ausbildung in Lettland und hatte ursprünglich vor, ein Jahr in Japan zu verbringen.
Um nicht allzu großer Hitze ausgesetzt zu sein, plant sie die
Route umgekehrt von Süd nach Nord. Anfang März startet sie ihre Reise in Tarifa. Bei bergigen Strecken nimmt sie sich täglich 60 bis 80, im Flachland bis zu 120 Kilometer vor. Hostels sucht sie per Google. Ihr Budget – zusammengespart im Anerkennungsjahr und durch die Arbeit in einem Plattenladen – lässt bis zu 50 Euro Übernachtungsgebühr zu. Ansonsten schläft sie eben im Zelt.
Dank „Osmand“-maps hofft sie auf optimale Navigation. Von Spanien wird sie Richtung Südfrankreich radeln und dort an der Küste Italien erreichen. Auf dem Weg nach Norden gibt es ganz sicher einen Stop-over bei den Eltern in Ravensburg. Auch die einen oder anderen Freunde möchte sie unterwegs besuchen, aber nie Dänemark, die Fähre nach Schweden, Norwegen und das Nordkap aus dem Auge verlieren, das sie Anfang Juni erreichen will.
Wenn Deborah Dantele im Spätsommer ihren Beruf als Erzieherin antritt, wird sie sich dem neuen Lebensabschnitt voller Energie und Lebensfreude widmen. Ihren eigenen Akku hat sie dann nach ihrer Traum-tour vollgeladen und hautnah Europa, die Menschen und sich selbst kennengelernt.
„Bis auf Mama fanden alle meine Idee cool. Mama hat etwas Bedenken.“Deborah Dantele