Viele Schaufenster in der Rosenstraße bleiben dunkel
Ex-barbarossa-wirt: „Solange dort alles leer ist, verirrt sich da kein Gast hin“– Auch andere Straßen in Ravensburg betroffen
- Sie ziehen sich wie dunkle Zahnlücken durch die Ravensburger Innenstadt – und sie werden mehr: In fast jeder Straße gibt es leerstehende Ladengeschäfte. Besonders auffällig ist es momentan in der Rosen- und der Herrenstraße. Wifo-chef Eugen Müller bestätigt einen Trend, der das Gesicht der Innenstadt verändert, dem Image der Einkaufsstadt aber vermutlich wenig bringt. Ein Überblick.
In der Rosenstraße bleiben an sechs Hausnummern die Fenster dunkel: Schon lange im ehemaligen Gässelin oder Valentino an der Ecke zur Adlerstraße, aber auch gegenüber im einstigen Feinkostgeschäft und neuerdings im Lokal Barbarossa. Außerdem in einer Boutique, die zur Rundelpassage gehört (früher Breitengrad), einem Kindermodengeschäft, das in die Adlerstraße umzieht, und der Galerie Inez, die jetzt nur noch in Friedrichshafen zu finden ist.
Immerhin ist ein Schaufenster wieder beleuchtet: Im früheren Schokoladen ist die Geschäftsstelle des Vereins Wirtschaftsforum Pro Ravensburg (Wifo) eingezogen. Büro statt Laden, lautet der Trend – den Wechsel hat es auch an anderer Stelle schon gegeben. Zum Beispiel im Josefshaus gegenüber des Gänsbühlcenters: Wo früher Glücksstern Mode verkauft hat, ist jetzt eine Personalvermittlung aus dem Dentalbereich untergebracht. An solche Wechsel, weg vom Einzelhandel, werden sich Kunden gewöhnen müssen.
Wifo-chef Eugen Müller schreibt in seiner Antwort auf eine Presseanfrage: „Generell gehen die Handelsflächen aus verschiedenen
Gründen (Onlinehandel, Kaufzurückhaltung, Inflation, keine Betriebsnachfolger, etc.) in den Innenstädten zurück. Gastronomie und Dienstleistung rücken nach.“Für die Attraktivität einer Innenstadt bleibe aber ein Mix aus großen und kleinen Geschäften wichtig.
Tobias Woserau (34 Jahre alt) hat nach zwei Jahren das Barbarossa
zugemacht, weil zu wenig Gäste gekommen sind. Über die Rosenstraße sagt er: „So lange dort alles leer ist, verirrt sich da kein Gast hin.“Dabei finde er den Standort wunderschön, weil es auch auf der Terrasse ruhig sei. Die Rosenstraße habe in den letzten Jahren an Attraktivität verloren. Hochfrequentierte Läden fehlten. Büros wie das des Wirtschaftsforums würden keine Kundschaft anlocken, bedauert er. Die Inflation mache Händlern und Gastronomen das Leben schwer, Kunden
könnten verständlicherweise kaum mehr bezahlen, was er an Preisen verlangen müsse wegen steigender Mehrwertsteuer, Wegfall der Strompreisbremse und hoher Personalkosten. Dass man jetzt in der Marienplatzgarage eine Stunde kostenlos parken kann, sei ein Schritt in die richtige Richtung, findet er, „kommt aber für mich zu spät“. Der studierte Gastromanager verlässt seine Branche jetzt.
Die Boutique in der Rosenstraße 10, die zur Rundel-passage gehört, steht seit nun schon zwei Jahren leer. Hausverwalter Bernd Romer erhält nach eigenen Angaben zwar Anfragen, aber lehnt viele davon ab, weil die Geschäftsideen seiner Einschätzung nach keinen Aussicht auf Erfolg haben.
Die zuletzt von Oberbürgermeister Daniel Rapp geäußerte Kritik, die Gewerbemieten seien zu hoch, gelte für die Boutique nicht. In dem Objekt sei die Miete gesunken – wegen aktueller Kaufzurückhaltung. Und auch Romer sagt: „Die Parkgebühren sind meines Erachtens zu hoch. Die machen es dem Einzelhandel schwer.“Gleich zwei Leerstände nebeneinander gibt es auch in der Herrenstraße: Die Frauenpower, die vor einigen Jahren den Straßenzug besonders gemacht hat, bröckelt. Noch halten etwa African Queen Martina Heiler, Tanja Fleiner mit der Einrichtungsberatung Stoffwerk, Derya Yildiz mit ihrem Nähatelier und Maria Pallavicini mit der Weingalerie La
Credenza die Stellung. Doch zum Jahresende haben sich zwei Second-hand-länden verabschiedet, die lange das Gesicht der Straße prägten:
Latosa und Dressart.
Konnte frau sich in der Dressart-boutique in der Herrenstraße 7 mit gebrauchter Designermode eindecken, gab es bei Claudia Anzenhofer nebenan in der Herrenstraße 5 mehr als zehn Jahre lang Mode zu erschwinglichen Preisen. Weil Anzenhofer den 125 Quadratmeter großen Laden geräumt hat, sucht Simon Barth nun nach einem neuen Mieter: „Uns ist wichtig, langfristig zu vermieten“, sagt er. Auf eine „Mordsrendite“schiele man weniger.
Auch der markante Weingartner Hof an der Ecke Herren/kirchstraße ist nach mehr als sechs Jahren noch immer verwaist. Seit im Juli 2017 ein Teil der Ravensburger Stadtverwaltung auszog, sucht Eigentümer Engelbert Rundel nach passenden Nachfolgern. Doch sämtliche Gespräche sind gescheitert: Mal konnte man sich mit der Dualen Hochschule nicht einigen, wer denn die Brandschutz-nachrüstung übernimmt; mal waren potenziellen Gastronomiebetreibern die Kosten für Be- und Entlüfung zu hoch, wie Rundel sagte.
Nun hat er den Wunsch, das mehrstöckige denkmalgeschützte Gebäude gegenüber der Liebfrauenkirche als Ganzes zu vermieten, aufgegeben. Es gebe ein paar Einzelanfragen für Büros und Praxen in dem Gebäude. Auch auf Gewerbe im Erdgeschoss sieht der Hausbesitzer Chancen. Entschieden werde im März. Auch Bürgermeister Dirk Bastin hofft, dass das „Kulturdenkmal von außerordentlichem Rang endlich wieder genutzt und belebt wird“.
In der Marktstraße steht der Laden, in dem die Schauties Computer-vertriebs-gmbh schon länger ausgezogen ist, noch immer leer. Für Peter Joos, der zum Jahresende sein Fotogeschäft in der Marktstraße 57 aus Altersgründen aufgegeben hat, ist ebenfalls noch kein Nachfolger gefunden. Zwar trudeln bei Manuela Dressel von Prokschki Immobilien ein Haufen Anfragen für den 103 Quadratmeter großen ehemaligen Fotoladen ein – die meisten allerdings kämen nicht infrage.
Weil der Eigentümer die Mieter in den Wohnungen über dem Einzelhandel schonen wolle, sei Gastronomie beispielsweise raus. Ebenso ein mit Automaten bestückter 24Stunden-kiosk ohne Personal, so Dressel weiter. Denn ein solcher „Späti“locke vermutlich allerlei Nachtschwärmer an, die dann möglicherweise für Unruhe sorgten. Offenbar seien derartige Kioske momentan in Großstädten sehr angesagt und die Mode schwappe nun auch nach Ravensburg. Kürzlich habe ein solches Geschäft in der Unterstadt aufgemacht.
„Generell gehen die Handelsflächen aus verschiedenen Gründen (Onlinehandel, Kaufzurückhaltung, Inflation, keine Betriebsnachfolger, etc.) in den Innenstädten zurück.“Eugen Müller
„So lange dort alles leer ist, verirrt sich da kein Gast hin.“
Tobias Woserau
„Die Parkgebühren sind meines Erachtens zu hoch. Die machen es dem Einzelhandel schwer.“
Bernd Romer