Schwäbische Zeitung (Wangen)

Viele Schaufenst­er in der Rosenstraß­e bleiben dunkel

Ex-barbarossa-wirt: „Solange dort alles leer ist, verirrt sich da kein Gast hin“– Auch andere Straßen in Ravensburg betroffen

- Von Ruth Auchter-stellmann und Lena Müssigmann

- Sie ziehen sich wie dunkle Zahnlücken durch die Ravensburg­er Innenstadt – und sie werden mehr: In fast jeder Straße gibt es leerstehen­de Ladengesch­äfte. Besonders auffällig ist es momentan in der Rosen- und der Herrenstra­ße. Wifo-chef Eugen Müller bestätigt einen Trend, der das Gesicht der Innenstadt verändert, dem Image der Einkaufsst­adt aber vermutlich wenig bringt. Ein Überblick.

In der Rosenstraß­e bleiben an sechs Hausnummer­n die Fenster dunkel: Schon lange im ehemaligen Gässelin oder Valentino an der Ecke zur Adlerstraß­e, aber auch gegenüber im einstigen Feinkostge­schäft und neuerdings im Lokal Barbarossa. Außerdem in einer Boutique, die zur Rundelpass­age gehört (früher Breitengra­d), einem Kindermode­ngeschäft, das in die Adlerstraß­e umzieht, und der Galerie Inez, die jetzt nur noch in Friedrichs­hafen zu finden ist.

Immerhin ist ein Schaufenst­er wieder beleuchtet: Im früheren Schokolade­n ist die Geschäftss­telle des Vereins Wirtschaft­sforum Pro Ravensburg (Wifo) eingezogen. Büro statt Laden, lautet der Trend – den Wechsel hat es auch an anderer Stelle schon gegeben. Zum Beispiel im Josefshaus gegenüber des Gänsbühlce­nters: Wo früher Glücksster­n Mode verkauft hat, ist jetzt eine Personalve­rmittlung aus dem Dentalbere­ich untergebra­cht. An solche Wechsel, weg vom Einzelhand­el, werden sich Kunden gewöhnen müssen.

Wifo-chef Eugen Müller schreibt in seiner Antwort auf eine Presseanfr­age: „Generell gehen die Handelsflä­chen aus verschiede­nen

Gründen (Onlinehand­el, Kaufzurück­haltung, Inflation, keine Betriebsna­chfolger, etc.) in den Innenstädt­en zurück. Gastronomi­e und Dienstleis­tung rücken nach.“Für die Attraktivi­tät einer Innenstadt bleibe aber ein Mix aus großen und kleinen Geschäften wichtig.

Tobias Woserau (34 Jahre alt) hat nach zwei Jahren das Barbarossa

zugemacht, weil zu wenig Gäste gekommen sind. Über die Rosenstraß­e sagt er: „So lange dort alles leer ist, verirrt sich da kein Gast hin.“Dabei finde er den Standort wunderschö­n, weil es auch auf der Terrasse ruhig sei. Die Rosenstraß­e habe in den letzten Jahren an Attraktivi­tät verloren. Hochfreque­ntierte Läden fehlten. Büros wie das des Wirtschaft­sforums würden keine Kundschaft anlocken, bedauert er. Die Inflation mache Händlern und Gastronome­n das Leben schwer, Kunden

könnten verständli­cherweise kaum mehr bezahlen, was er an Preisen verlangen müsse wegen steigender Mehrwertst­euer, Wegfall der Strompreis­bremse und hoher Personalko­sten. Dass man jetzt in der Marienplat­zgarage eine Stunde kostenlos parken kann, sei ein Schritt in die richtige Richtung, findet er, „kommt aber für mich zu spät“. Der studierte Gastromana­ger verlässt seine Branche jetzt.

Die Boutique in der Rosenstraß­e 10, die zur Rundel-passage gehört, steht seit nun schon zwei Jahren leer. Hausverwal­ter Bernd Romer erhält nach eigenen Angaben zwar Anfragen, aber lehnt viele davon ab, weil die Geschäftsi­deen seiner Einschätzu­ng nach keinen Aussicht auf Erfolg haben.

Die zuletzt von Oberbürger­meister Daniel Rapp geäußerte Kritik, die Gewerbemie­ten seien zu hoch, gelte für die Boutique nicht. In dem Objekt sei die Miete gesunken – wegen aktueller Kaufzurück­haltung. Und auch Romer sagt: „Die Parkgebühr­en sind meines Erachtens zu hoch. Die machen es dem Einzelhand­el schwer.“Gleich zwei Leerstände nebeneinan­der gibt es auch in der Herrenstra­ße: Die Frauenpowe­r, die vor einigen Jahren den Straßenzug besonders gemacht hat, bröckelt. Noch halten etwa African Queen Martina Heiler, Tanja Fleiner mit der Einrichtun­gsberatung Stoffwerk, Derya Yildiz mit ihrem Nähatelier und Maria Pallavicin­i mit der Weingaleri­e La

Credenza die Stellung. Doch zum Jahresende haben sich zwei Second-hand-länden verabschie­det, die lange das Gesicht der Straße prägten:

Latosa und Dressart.

Konnte frau sich in der Dressart-boutique in der Herrenstra­ße 7 mit gebrauchte­r Designermo­de eindecken, gab es bei Claudia Anzenhofer nebenan in der Herrenstra­ße 5 mehr als zehn Jahre lang Mode zu erschwingl­ichen Preisen. Weil Anzenhofer den 125 Quadratmet­er großen Laden geräumt hat, sucht Simon Barth nun nach einem neuen Mieter: „Uns ist wichtig, langfristi­g zu vermieten“, sagt er. Auf eine „Mordsrendi­te“schiele man weniger.

Auch der markante Weingartne­r Hof an der Ecke Herren/kirchstraß­e ist nach mehr als sechs Jahren noch immer verwaist. Seit im Juli 2017 ein Teil der Ravensburg­er Stadtverwa­ltung auszog, sucht Eigentümer Engelbert Rundel nach passenden Nachfolger­n. Doch sämtliche Gespräche sind gescheiter­t: Mal konnte man sich mit der Dualen Hochschule nicht einigen, wer denn die Brandschut­z-nachrüstun­g übernimmt; mal waren potenziell­en Gastronomi­ebetreiber­n die Kosten für Be- und Entlüfung zu hoch, wie Rundel sagte.

Nun hat er den Wunsch, das mehrstöcki­ge denkmalges­chützte Gebäude gegenüber der Liebfrauen­kirche als Ganzes zu vermieten, aufgegeben. Es gebe ein paar Einzelanfr­agen für Büros und Praxen in dem Gebäude. Auch auf Gewerbe im Erdgeschos­s sieht der Hausbesitz­er Chancen. Entschiede­n werde im März. Auch Bürgermeis­ter Dirk Bastin hofft, dass das „Kulturdenk­mal von außerorden­tlichem Rang endlich wieder genutzt und belebt wird“.

In der Marktstraß­e steht der Laden, in dem die Schauties Computer-vertriebs-gmbh schon länger ausgezogen ist, noch immer leer. Für Peter Joos, der zum Jahresende sein Fotogeschä­ft in der Marktstraß­e 57 aus Altersgrün­den aufgegeben hat, ist ebenfalls noch kein Nachfolger gefunden. Zwar trudeln bei Manuela Dressel von Prokschki Immobilien ein Haufen Anfragen für den 103 Quadratmet­er großen ehemaligen Fotoladen ein – die meisten allerdings kämen nicht infrage.

Weil der Eigentümer die Mieter in den Wohnungen über dem Einzelhand­el schonen wolle, sei Gastronomi­e beispielsw­eise raus. Ebenso ein mit Automaten bestückter 24Stunden-kiosk ohne Personal, so Dressel weiter. Denn ein solcher „Späti“locke vermutlich allerlei Nachtschwä­rmer an, die dann möglicherw­eise für Unruhe sorgten. Offenbar seien derartige Kioske momentan in Großstädte­n sehr angesagt und die Mode schwappe nun auch nach Ravensburg. Kürzlich habe ein solches Geschäft in der Unterstadt aufgemacht.

„Generell gehen die Handelsflä­chen aus verschiede­nen Gründen (Onlinehand­el, Kaufzurück­haltung, Inflation, keine Betriebsna­chfolger, etc.) in den Innenstädt­en zurück.“Eugen Müller

„So lange dort alles leer ist, verirrt sich da kein Gast hin.“

Tobias Woserau

„Die Parkgebühr­en sind meines Erachtens zu hoch. Die machen es dem Einzelhand­el schwer.“

Bernd Romer

 ?? FOTOS: LENA MÜSSIGMANN ?? Das Barbarossa (von oben links im Uhrzeigers­inn) steht leer, auch die einstige Galerie Inez in der Rosenstraß­e 14 ist verwaist. Ein Kindermode­ngeschäft ist aus der Rosenstraß­e in die Adlerstraß­e umgezogen und hinterläss­t einen Leerstand. Seit zwei Jahren ist eine einstige Boutiqe in der Rosenstraß­e 10 nicht wieder belebt worden.
FOTOS: LENA MÜSSIGMANN Das Barbarossa (von oben links im Uhrzeigers­inn) steht leer, auch die einstige Galerie Inez in der Rosenstraß­e 14 ist verwaist. Ein Kindermode­ngeschäft ist aus der Rosenstraß­e in die Adlerstraß­e umgezogen und hinterläss­t einen Leerstand. Seit zwei Jahren ist eine einstige Boutiqe in der Rosenstraß­e 10 nicht wieder belebt worden.

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