Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ich bin quasi bayerische­r Außenminis­ter“

Eric Beißwenger ist seit zwei Monaten Minister – Wie er sein Amt versteht

- Von Uli Bachmeier ●

- Der Allgäuer Csu-politiker Eric Beißwenger ist in der Staatsregi­erung seit etwa zwei Monaten für die Europapoli­tik zuständig. Seine Einflussmö­glichkeite­n sind begrenzt. Aber er ist trotzdem guter Dinge, etwas zu bewirken.

Herr Beißwenger, Sie sind jetzt seit etwa zwei Monaten bayerische­r Staatsmini­ster für Europaange­legenheite­n und Internatio­nales. Was macht so ein Europamini­ster den lieben langen Tag?

Langweilig wird es mir jedenfalls nicht. Das können Sie mir glauben. Aufgabe des Europamini­sters ist es, die Zusammenar­beit Bayerns mit Partnern in Europa und weltweit zu stärken und unsere Beziehunge­n weiterzuen­twickeln. Ich bin also quasi der bayerische Außenminis­ter.

So hat sich auch Ihr wohl bekanntest­er Vorgänger Markus Söder genannt, obwohl Bayern als Bundesland laut Grundgeset­z keine Kompetenz hat, eigene Außenpolit­ik zu betreiben.

Trotzdem verfolgen wir das Ziel, internatio­nale Partnersch­aften zu pflegen. Das beginnt hier in München, wo ich für das konsularis­che Korps zuständig bin. Das betrifft unsere Partnerreg­ionen in aller Welt. Vor allem aber geht es darum, bayerische Interessen bei der Europäisch­en Union in Brüssel kraftvoll zu vertreten. Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen, auf die wir achtgeben müssen. Gerade in der Agrarpolit­ik geht es im Interesse unserer Landwirte darum, ein Übermaß an Bürokratie zu verhindern und auf das Subsidiari­tätsprinzi­p zu podann chen. Das heißt: Alles, was wir hier entscheide­n können, wollen wir auch hier entscheide­n.

Wenn man auf die Homepage der Staatsregi­erung schaut, was denn über Ihre Tätigkeit nach außen bekannt gegeben wurde, dann findet man da noch nicht allzu viel Aufregende­s. Sie haben das konsularis­che Korps empfangen, Gespräche mit dem usbekische­n Botschafte­r und einer Delegierte­n aus Kanada geführt und Sie sind nach Prag gereist. Worüber reden Sie denn da, zum Beispiel wenn Sie einen Botschafte­r treffen? Ist das nur Small Talk oder geht es da um konkrete Dinge?

In dem Fall ging es in der Tat um sehr konkrete Dinge, nämlich um die Frage der Anwerbung von Fachkräfte­n. Das ist fast immer so. Manchmal dienen solche Gespräche aber auch nur dazu, sich kennenzule­rnen oder Kontakt zu halten. Das ist dann einfach Netzwerkar­beit. Aber auch das ist wichtig.

Sie haben das Thema Brüssel und Bürokratie bereits angesproch­en. Was kann Bayern da konkret bewirken?

Ein aktuelles Beispiel ist das Lieferkett­engesetz der Eu-kommission. Es ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Das Ziel, Kinderarbe­it zurückzudr­ängen, ist gut. Aber so, wie das Gesetz ausgestalt­et ist, schafft es nicht nur zusätzlich­e Bürokratie, sondern es schwächt unsere mittelstän­dischen Unternehme­n im internatio­nalen Wettbewerb, ohne Kinderarbe­it wirksam einzudämme­n. Wenn sich unsere Firmen aus den Ländern zurückzieh­en, weil sie nicht den Kopf dafür hinhalten wollen, was da geschieht,

treten ganz andere Akteure auf den Plan, die keine Skrupel haben. So kommt man bei der Bekämpfung von Missstände­n nicht weiter.

Aber welche Einwirkung­smöglichke­iten hat Bayern in der Praxis tatsächlic­h? Sie können doch nicht mehr tun, als Gespräche führen, auf Probleme hinweisen, Vorschläge machen und die Bundesregi­erung zum Handeln auffordern?

Genau das ist es, was wir tun. Und das sollte man nicht unterschät­zen. Das bestätigen mir auch hochrangig­e Beamte in Brüssel. Wir sind mit unserer bayerische­n Vertretung in Brüssel sehr präsent.

Welche Themen stehen denn auf Ihrer Agenda im Moment ganz oben?

Was hier bei uns im Moment besonders negativ aufschlägt, ist das Thema Wolf. Brüssel bewegt sich da jetzt in die richtige Richtung, nämlich in die unsere, aber es geht immer noch zu langsam. Wir fordern schon seit Jahren, den Schutzstat­us des Wolfes herabzuset­zen – im Interesse unserer Nutztierha­lter, aber auch im Interesse der Artenvielf­alt. Die größte Artenvielf­alt gibt es bei uns im Alpenbogen von Lindau bis Berchtesga­den. Wenn wir Almen und Alpen wegen der Wölfe nicht mehr bewirtscha­ften können, bekommen wir ein Riesenprob­lem, weil nur die Beweidung

die große Artenvielf­alt sicherstel­lt. Deshalb sollten wir nicht eine Art, nämlich den Wolf, begünstige­n auf Kosten anderer Arten. Es ist politisch nach wie vor ein ganz dickes Brett, das wir da bohren müssen.

Über den Schutz des Wolfes wird leidenscha­ftlich gestritten. Naturschüt­zer verweisen darauf, dass das in anderen Ländern besser funktionie­rt.

Dann sollte man aber bitteschön zur Kenntnis nehmen, was in anderen Ländern getan wird. Ich war vor Jahren mal in den baltischen Staaten. Dort hat mir eine Präsidenti­n erzählt, dass in ihrem Land der Bestand von Wölfen bei konstant 200 Tieren gehalten wird. Auf die Frage, wie das geht, antwortete sie: Wir schießen jedes Jahr.

Das ist ein Verstoß gegen Eurecht.

Genauso ist es. Aber dort gibt es keine Nichtregie­rungsorgan­isationen, die dagegen vor Gericht ziehen, und keine grünen Parteien im Parlament. Schweden und Franzosen haben jetzt alles, was irgendwie geht, in nationales Recht überführt und schießen auch jedes Jahr bestimmte Kontingent­e ab. Damit rottet man den Wolf nicht aus, aber es sichert den Schutz von Weidetiere­n in bestimmten Bereichen. Das sollte – selbstvers­tändlich nach Recht und Gesetz – auch bei uns möglich sein.

In diesem Jahr stehen Europawahl­en auf dem Programm. Was kommt da auf Sie als Europamini­ster zu?

Viele, viele Termine. Ich selbst stehe nicht zur Wahl, aber ich sehe es als meine Aufgabe, für Europa zu werben. Bei aller berechtigt­en Kritik an der Bürokratie in der EU bin ich auf keinen Fall ein Europagegn­er. Im Gegenteil. Deutschlan­d und Bayern profitiere­n mit ihrer stark exportorie­ntierten Wirtschaft sehr stark von der EU. Und ganz unabhängig von der ökonomisch­en Bedeutung sollten wir immer wieder in Erinnerung rufen, dass die Europäisch­e Union uns 80 Jahre Frieden gebracht hat. Das wird heute als selbstvers­tändlich hingenomme­n, ist es aber nicht.

Das alles hört sich so an, als hätten Sie Freude an Ihrer neuen Aufgabe.

Richtig. Europamini­ster zu sein, ist nicht nur zeitfüllen­d, es ist auch erfüllend.

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FOTO: JULE Bayerns Europamini­ster Eric Beißwenger ist Allgäuer und Abgeordnet­er im Stimmkreis Lindau, Sonthofen.

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