Die Frage nach dem passenden Gedenken
Prominenz aus Politik und Sport trauert um Franz Beckenbauer – Wie soll das Andenken an den Kaiser bewahrt werden?
(SID) - Uli Hoeneß kam lange vor allen anderen Trauernden. Sichtlich mitgenommen stand der langjährige Patron des FC Bayern vor dem Porträt seines verstorbenen Freundes Franz Beckenbauer, für einige Minuten und mit gesenktem Haupt. Nur das Klicken der Kameras durchbrach die gespenstische Stille in der Hofkapelle der Münchner Residenz, einst Sitz großer Könige, nun Ort des Abschieds vom Kaiser.
„Wir trauern um einen ganz, ganz großen Bayern, den erfolgreichsten und besten Fußballspieler, den Deutschland je hatte“, sagte Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch nach der kleinen Zeremonie, bei der er sich wie Hoeneß und weitere Vertreter des FC Bayern in ein Kondolenzbuch für Beckenbauer eintrug. Der Verstorbene, sagte Söder, „war eine Art Fußballgott“, der das Bild der Deutschen in der Welt verändert habe. „Wir werden ihn nie vergessen.“
Das gilt für viele Menschen, ganz sicher aber für jene, die sich versammelt hatten in der Hofkapelle.
Der Reihe nach trugen sich Söder, Hoeneß, Bayern-präsident Herbert Hainer, Vorstandschef Jan-christian Dreesen und Karlheinz Rummenigge in das Buch ein, das vor dem prachtvollen Hauptaltar auf einem Tisch mit schwarzem Tuch liegt.
Danach hielten sie für einige Momente gemeinsam inne, Rummenigge schien beim Blick an die reich verzierte Stuckdecke mit den Tränen zu kämpfen. Neben dem Tisch ist ein schwarz-weiß gehaltenes Porträt des älteren Kaisers mit
Trauerbinde zu sehen, auf der anderen Seite stehen die Fahnen Deutschlands, Bayerns und der EU, auch sie mit Trauerflor.
Wie Muhammad Ali das Boxen, habe der Kaiser den Fußball revolutioniert, sagte Hainer bewegt. Viel mehr noch aber sei der Franz „ein unheimlich liebenswerter Mensch“gewesen: „Er hat immer versucht, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen.“
Es war so etwas wie der Auftakt einer ganzen Reihe von Veranstaltungen und Aktionen, bei denen
Beckenbauer die letzte Ehre erwiesen werden soll. Die wichtigste, die Bestattung, soll laut „Bild“bereits in den kommenden Tagen, allerdings im engsten Familien- und Freundeskreis stattfinden. Möglicherweise auf dem Friedhof am Perlacher Forst in München neben Beckenbauers Sohn Stephan.
Neben den nicht abreißenden Trauerbekundungen nimmt die Diskussion Fahrt auf, wie das Andenken an den Kaiser für nachfolgende Generationen bewahrt werden könnte. Ein Denkmal wurde schon in den 1990er-jahren diskutiert, aber: „Da pinkeln sowieso nur die Hunde ran“, franzelte er dazu. Dennoch könnte Beckenbauer dereinst vor der Allianz Arena neben seinem Freund Gerd Müller stehen, der dort seit September in Bronze ewig jubelt. Die Münchner Politik hat überdies Pläne, eine Straße nach Beckenbauer zu benennen.
Eine weitere Option: Das Stadion, das es laut Rummenigge „ohne ihn nie gegeben hätte“, könnte nach der dortigen Gedenkfeier am 19. Januar Beckenbauers Namen bekommen. In der Welt, sagte der Münchner ALT-OB Christian Ude der „Süddeutschen Zeitung“, sei es einst ohnehin als „Kaiser-palast“angesehen worden. Auch könnte aus dem Dfb-pokal „Der-franz-beckenbauer-pokal“werden, die Nationalmannschaft und/oder der FC Bayern könnten Beckenbauers Nummer 5 nicht mehr vergeben oder der Club-campus im Münchner Norden zum „Kaiser-campus“werden.
Die Anteilnahme ist so groß, dass neben dem Kondolenzbuch in der Residenz weitere Bücher ausgelegt wurden, zugänglich für jedermann: im Münchner Rathaus, am Vereinsgelände der Bayern, im Clubmuseum und digital, für Fans aus aller Welt. Dazu kommen Schweige- und Gedenkminuten nicht nur auf Fußballplätzen wie am Dienstag beim Euroleaguespiel der Bayern-basketballer gegen Real Madrid.
Hoeneß und Hainer schauten andächtig auf das Beckenbauerporträt auf dem Videowürfel, und Trainer Pablo Laso, ein Spanier, fand die treffenden Worte. „Als wir kleine Kinder waren, haben wir in Vitoria oft zusammen Fußball gespielt“, erzählte er, „und jeder von uns wollte Beckenbauer sein.“