Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Die haben den Schuss nicht gehört“

Klimaaktiv­isten kritisiere­n auch die Stadt Bad Wurzach – Beteiligun­g erneut gering

- Von Steffen Lang

- Die zweite Hitzefrei-demonstrat­ion von Klimaaktiv­isten hat am Montag in Bad Wurzach stattgefun­den. Etwas mehr als ein Dutzend Teilnehmer zogen vom Schulzentr­um bis zum Klosterpla­tz.

Am Schulzentr­um versammelt­en sich zunächst knapp mehr als 40 vorrangig junge Menschen, um für mehr Klimagerec­htigkeit und Klimaschut­z und gegen den Einsatz fossiler Energien zu demonstrie­ren. Die meisten von ihnen waren die von Organisato­r Lukas Häfele aus Ziegelbach angekündig­ten Teilnehmer aus Berlin, die auf der Rückkehr von Kundgebung­en beim Weltwirtsc­haftsgipfe­l waren. Sie verabschie­deten sich aber nach kurzer Zeit zu einer Aktion an einem anderen Ort.

Dass ihr wartender Bus gut eine halbe Stunde mit laufendem Motor am Parkplatz stand, war Wasser auf die Mühlen der wenigen Gegner der Demonstrat­ion, unter ihnen auch Reinhold Mall,

Vorsitzend­er der die Windkraft ablehnende­n Landschaft­sschützer.

Wie von Häfele erhofft, zog die Demonstrat­ion die Aufmerksam­keit zahlreiche­r Jugendlich­er der Schulen auf sich. Aus ihren Reihen kam aber so gut wie keine Unterstütz­ung für die Sache der Protestier­er. Es waren sogar Buh-rufe zu hören. Auch eine Diskussion kam nicht wirklich zustande.

Die kleine Gruppe zog unter Begleitung von drei Polizeiaut­os weiter zum Postplatz. Dort postierte sie sich bei der Grünf läche gegenüber (Häfele: „Passt bitte auf die Blumenbeet­e auf.“), um den öffentlich­en Nahverkehr nicht zu behindern. Die Straße wurde von der Polizei nicht abgesperrt. Als die Demonstran­ten die Straße daher blockieren wollten, schritt die Polizei ein, da dies von Häfele nicht angekündig­t worden war.

Danach ging es zum Marienbrun­nen und schließlic­h weiter zum Ausklang an der Konzertmus­chel beim Kurhaus. Auch in der Innenstadt blieben Passanten nur vereinzelt stehen, um bei den kurzen Wortbeiträ­gen zuzuhören.

Häfele kritisiert­e dabei unter anderem die Stadtobere­n. Im Haushaltsp­lan für 2024 sei zwar viel Geld für Investitio­nen da, aber das werde nur zu einem Bruchteil für die Energiewen­de eingesetzt. Der Ziegelbach­er bezog sich damit auf die eingeplant­en 125.000 Euro für Photovolta­ikanlagen auf öffentlich­en Gebäuden. Weitaus mehr Geld werde für ein neues Industrieg­ebiet am Gewerbepar­k und für den Turm im Ried eingesetzt. „Die haben den Schuss nicht gehört. Die Prioritäte­n sind völlig falsch gesetzt“, so der Klimaaktiv­ist.

Er lehnte auch den Moorabbau im Reicher Moos ab. Gleichzeit­ig zeigte er Verständni­s für die derzeitige­n Bauernprot­este. Und er begrüßte, dass die Stadt Bad Wurzach die Stelle eines Klimaschut­zund Energieman­agers schaffen will, so sei ihm auf Anfrage gesagt worden. Ulrich Walz aus Eintürnen, Mitglied der Grünen

und aktiv im Energiebün­dnis Bad Wurzach/bad Waldsee, meinte ebenfalls, Bad Wurzach habe sich „von der Zukunft abgewendet“. Die Landschaft­sschützer seien durch ihr Ablehnen von Windkrafta­nlagen in der Region „Landschaft­sschänder“. Denn die steigenden Temperatur­en schädigen das Wurzacher Ried in Walz’ Augen. Dass Windräder dies tun würden, wie von den Landschaft­sschützern behauptet, sei „völlig falsch“.

Klimaschut­z sei Menschensc­hutz, so Häfele. „In einer Welt, die zwei, drei oder vier Grad wärmer ist als heute, will niemand leben.“In diesem Fall werde es zu Verteilung­skämpfen um Nahrung und Wasser sowie zu riesigen Flüchtling­sströmen kommen, befürchtet­e er.

Mit einer „Gedenkminu­te für die Demokratie“und deren Errungensc­haften endete die letzte Kundgebung beim Marienbrun­nen. Danach ging es zum Ausklang in der Mittagsstu­nde bei veganer Flädlesupp­e an der Konzertmus­chel weiter.

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FOTOS: STEFFEN LANG Der kleine Demonstrat­ionszug der Klimaaktiv­isten läuft die Bad Wurzacher Herrenstra­ße entlang.

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