„Die haben den Schuss nicht gehört“
Klimaaktivisten kritisieren auch die Stadt Bad Wurzach – Beteiligung erneut gering
- Die zweite Hitzefrei-demonstration von Klimaaktivisten hat am Montag in Bad Wurzach stattgefunden. Etwas mehr als ein Dutzend Teilnehmer zogen vom Schulzentrum bis zum Klosterplatz.
Am Schulzentrum versammelten sich zunächst knapp mehr als 40 vorrangig junge Menschen, um für mehr Klimagerechtigkeit und Klimaschutz und gegen den Einsatz fossiler Energien zu demonstrieren. Die meisten von ihnen waren die von Organisator Lukas Häfele aus Ziegelbach angekündigten Teilnehmer aus Berlin, die auf der Rückkehr von Kundgebungen beim Weltwirtschaftsgipfel waren. Sie verabschiedeten sich aber nach kurzer Zeit zu einer Aktion an einem anderen Ort.
Dass ihr wartender Bus gut eine halbe Stunde mit laufendem Motor am Parkplatz stand, war Wasser auf die Mühlen der wenigen Gegner der Demonstration, unter ihnen auch Reinhold Mall,
Vorsitzender der die Windkraft ablehnenden Landschaftsschützer.
Wie von Häfele erhofft, zog die Demonstration die Aufmerksamkeit zahlreicher Jugendlicher der Schulen auf sich. Aus ihren Reihen kam aber so gut wie keine Unterstützung für die Sache der Protestierer. Es waren sogar Buh-rufe zu hören. Auch eine Diskussion kam nicht wirklich zustande.
Die kleine Gruppe zog unter Begleitung von drei Polizeiautos weiter zum Postplatz. Dort postierte sie sich bei der Grünf läche gegenüber (Häfele: „Passt bitte auf die Blumenbeete auf.“), um den öffentlichen Nahverkehr nicht zu behindern. Die Straße wurde von der Polizei nicht abgesperrt. Als die Demonstranten die Straße daher blockieren wollten, schritt die Polizei ein, da dies von Häfele nicht angekündigt worden war.
Danach ging es zum Marienbrunnen und schließlich weiter zum Ausklang an der Konzertmuschel beim Kurhaus. Auch in der Innenstadt blieben Passanten nur vereinzelt stehen, um bei den kurzen Wortbeiträgen zuzuhören.
Häfele kritisierte dabei unter anderem die Stadtoberen. Im Haushaltsplan für 2024 sei zwar viel Geld für Investitionen da, aber das werde nur zu einem Bruchteil für die Energiewende eingesetzt. Der Ziegelbacher bezog sich damit auf die eingeplanten 125.000 Euro für Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden. Weitaus mehr Geld werde für ein neues Industriegebiet am Gewerbepark und für den Turm im Ried eingesetzt. „Die haben den Schuss nicht gehört. Die Prioritäten sind völlig falsch gesetzt“, so der Klimaaktivist.
Er lehnte auch den Moorabbau im Reicher Moos ab. Gleichzeitig zeigte er Verständnis für die derzeitigen Bauernproteste. Und er begrüßte, dass die Stadt Bad Wurzach die Stelle eines Klimaschutzund Energiemanagers schaffen will, so sei ihm auf Anfrage gesagt worden. Ulrich Walz aus Eintürnen, Mitglied der Grünen
und aktiv im Energiebündnis Bad Wurzach/bad Waldsee, meinte ebenfalls, Bad Wurzach habe sich „von der Zukunft abgewendet“. Die Landschaftsschützer seien durch ihr Ablehnen von Windkraftanlagen in der Region „Landschaftsschänder“. Denn die steigenden Temperaturen schädigen das Wurzacher Ried in Walz’ Augen. Dass Windräder dies tun würden, wie von den Landschaftsschützern behauptet, sei „völlig falsch“.
Klimaschutz sei Menschenschutz, so Häfele. „In einer Welt, die zwei, drei oder vier Grad wärmer ist als heute, will niemand leben.“In diesem Fall werde es zu Verteilungskämpfen um Nahrung und Wasser sowie zu riesigen Flüchtlingsströmen kommen, befürchtete er.
Mit einer „Gedenkminute für die Demokratie“und deren Errungenschaften endete die letzte Kundgebung beim Marienbrunnen. Danach ging es zum Ausklang in der Mittagsstunde bei veganer Flädlesuppe an der Konzertmuschel weiter.